Vergiss das mit dem Prinzen: Roman (German Edition)
schrie ich.
»Nichts für ungut, Dawn, Sie sind kein unansehnliches Mädchen. Aber haben Sie schon mal von John Friedas Frizz-Ease gehört?«
Damit schlug er dem Fass den Boden aus. Niemals würde ich mich von einem Installateur über Haarpflege belehren lassen! Schon gar nicht von einem, dessen blonde Strähnen nicht ganz natürlich wirkten! Was für ein Mann lief denn mit Highlights herum? Eitler Pfau! Da stand er, total verschwitzt in dreckigen Jeans und seinem engen weißen T-Shirt mit dem infamen Slogan und hielt mir Vorträge übers Aussehen! Ich stapfte die Treppe zu meiner Dachkammer hinauf und warf die Tür so vehement hinter mir zu, dass der Rahmen bebte. Und ich konnte mein Haar nicht mal wie Percy in der Küchenspüle waschen, weil es im ganzen verdammten Haus kein Wasser gab. Mein Tag war ruiniert, mein Leben war ruiniert.
In den letzten zwei Wochen hatte ich öfter geweint als in den letzten zehn Jahren. Und mit meinem grausigen Haarschnitt konnte ich mir keinerlei Feuchtigkeit in meiner Umgebung leisten, sonst würde ich noch schrecklicher aussehen. Also unterdrückte ich das Schluchzen, das in meiner Brust aufstieg, und versuchte mein Haar zu bändigen. Notgedrungen musste ich eine Version der strammen Zöpfe wählen, die meine frühe Jugend verhunzt hatten. Aus allen anderen Frisuren würde sich die Krause mühelos befreien. Und wenn sie nur an einigen Stellen hervorsprang, würde es noch schlimmer aussehen als der Afrolook. Schließlich verließ ich das Haus mit einer adretten französischen Zopfkrone, so ähnlich wie an meinem ersten Tag in der Wareham Manor School, vierzehn Jahre alt, ohne Freundinnen, rothaarig, wieder einmal das neue Mädchen.
»O Gooott, Roars, was ist passiert?«, rief Ticky bei meinem Anblick. »Was soll diese Freak-Frisur? Um Himmels willen, du siehst aus wie eine verbiesterte Cellistin vom National Youth Orchestra. Sag bloß nicht, das hat Marlon verbrochen!«
»Nein, die Zopfkrone nicht«, knirschte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen. »Aber er hat mein Haar so idiotisch gestylt, dass ich’s heute nur so tragen kann.«
»Was für ein Albtraum!« Ticky verzog ihr Gesicht zu einer Grimasse. »Dreh dich mal um … Hm, ich sehe gar nicht, wie viel er weggeschnitten hat.«
»Glaub mir, als ich aus dem Salon geflüchtet bin, war’s noch schlimmer.«
»Das tut mir so leid, Roars.« Sie rollte in ihrem Drehsessel zu mir herüber und stützte die Ellbogen auf meinen Schreibtisch. »Hast du geweint und dich beschissen gefühlt? War’s grauenhaft?«
»Ja, Ticky, ich habe geweint und mich beschissen gefühlt«, bestätigte ich, als sie ermutigend nickte. »Etwa eine Stunde lang. Wahrscheinlich habe ich einfach zu viel erwartet. Niemals werde ich mich vom hässlichen Entlein in einen Schwan verwandeln. Das gibt’s nur im Film. Und das hier ist kein Film.«
»Höchstens ein Katastrophenfilm mit dem Titel Friseur – The Day After . Wie war dir beim ersten Blick in den Spiegel zumute?« Den Kopf schief gelegt, nahm sie ihre Pose der aufmerksamen Zuhörerin ein.
Obwohl Ticky jetzt so tat, als ob sie mir zu helfen versuchte, beschlich mich der leise Verdacht, sie könnte mein haariges Desaster irgendwie inszeniert haben, um wieder einmal ihre Sucht nach Dramatik zu befriedigen. Nicht, dass ich ihr zutraute, sie hätte dem Friseur gesagt, er solle mich verunstalten. Aber wahrscheinlich hatte sie den Termin in diesem Salon eher in ihrem Interesse als in meinem arrangiert, selbst wenn es ihr gar nicht bewusst war. In ihrem Unterbewusstsein gefiel es ihr, mich im Zustand eines Opfers festzunageln, damit sie weiterhin die hilfreiche Vertraute mimen konnte. Solange ich von einem Schicksalsschlag in den nächsten schlitterte, war ihr ihre Unterhaltung sicher.
»Hoffentlich hast du ihn nicht bezahlt«, meinte sie und rieb aufmunternd meinen Arm.
»Verdammt, natürlich habe ich ihn bezahlt und ihm sogar ein Trinkgeld gegeben! Ich wollte keine Szene machen.«
Erstaunt starrte sie mich an. So etwas verstand sie nicht, das wusste ich. Ticky und ihresgleichen bemerkten die finsteren Blicke und das abfällige Gemurmel der einheimischen Gästeschar nicht, wenn sie lachend und kreischend einen Sonntagslunch in einer Dorfkneipe genossen. Ungeniert glaubten sie, alle Welt würde liebend gern ihre lauthals verkündeten Ansichten hören. Zusammen mit ihren Suppers (niemals Dinners, nur gewöhnliche Leute aßen Dinners) in exklusiven Internaten hatten sie gigantische Portionen
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