Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Titel: Vergiss den Sommer nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morgan Matson
Vom Netzwerk:
aufgemacht?« Davy schüttelte den Kopf und mein Vater sah mich fragend an.
    »Wahrscheinlich im Freizeitzentrum«, mutmaßte ich. Es war Gelseys Ballett-Tag, weshalb sie und Mom vermutlich miteinander beschäftigt waren. Und Warren hatte am Morgen seine sämtlichen Klamotten ausgebreitet, wobei er offenbar mit dem Ergebnis unzufrieden war. Vielleicht hatte er die beiden ja überzeugt, ihn kurz vor seinem Date noch schnell zu einer kleinen Shoppingtour mitzunehmen.
    »Ach so«, erwiderte mein Vater. »Wollen wir vielleicht erst mal reingehen?«
    »Von mir aus«, sagte Davy. Dad öffnete die Verandatür, woraufhin der Hund in einen regelrechten Freudentaumel verfiel. Dad nahm ihn hoch, warf mir einen kurzen Blick zu und ich bemerkte, dass er ein Lächeln unterdrückte. Das gelang ihm auch ganz gut, als er sich auf seinen angestammten Platz setzte und Davy sich ihm gegenüber niederließ.
    »Also?«, fragte mein Vater in ernsthaftem Tonfall und kraulte dabei den Hund an den Ohren. »Worum geht’s denn?«
    »Okay«, sagte Davy und setzte sich kerzengerade hin, »mir ist natürlich aufgefallen, dass Sie einen Hund haben.« Mein Vater nickte mit so ernster Miene, dass ich mir das Lachen verkneifen musste. »Und da wollte ich Ihnen anbieten, dass ich Ihren Hund ab und zu mal ausführe.« Davy ließ seinen Blick zwischen Dad und mir hin und her wandern. »Ich erwarte keine Bezahlung«, stellte er eilig klar. »Ich mag nur Hunde so gerne und darf von Dad aus keinen eigenen haben«, fügte er ganz kindlich hinzu.
    »Tja«, meinte mein Vater nach kurzem Schweigen, wobei seine Mundwinkel verdächtig zuckten. »Ich denke, das dürfte sich machen lassen. Komm einfach vorbei, wann du willst. Der Hund freut sich bestimmt, wenn du mit ihm Gassi gehst.«
    Auf Davys Gesicht breitete sich ein beglücktes Lächeln aus. »Echt?«, fragte er ungläubig. »Vielen, vielen Dank!«
    Mein Vater erwiderte sein Lächeln. »Willst du vielleicht gleich losgehen?«, schlug er vor, denn das war ganz offensichtlich Davys sehnlichster Wunsch. Er stand auf, verzog dabei allerdings vor Schmerzen das Gesicht, sodass ich aufsprang, eilig in die Küche ging und so tat, als hätte ich es nicht bemerkt.
    »Ich hol die Leine!«, rief ich und nahm sie vom Haken neben der Tür. Als ich wieder auf die Veranda kam, hatte mein Vater den Hund auf den Boden gesetzt, und Davy tätschelte Murphy zaghaft das Ohr. »Hier«, sagte ich und übergab Davy die Hundeleine. Nachdem er sie sorgfältig befestigt hatte, strebte Murphy auch schon sehnsüchtig zur Tür und konnte es kaum erwarten, endlich rauszukommen.
    »Viel Spaß«, sagte mein Vater und ließ sich lächelnd wieder in seinen Sessel sinken, während Davy mit dem Hund zur Tür ging.
    »Danke«, sagte Davy. Im Eingang blieb er noch einmal stehen, drehte sich um und sagte zu Dad: »Ich hab gehört, dass Sie krank sind. Das tut mir leid.« Bekümmert sah ich, wie auf einen Schlag alle Heiterkeit aus Dads Gesicht wich, als ob jemand an einem Dimmer gedreht hatte.
    »Danke dir«, beeilte ich mich zu sagen, weil Dad ganz offensichtlich nicht reagierte. Davy nickte und ging los. Der Hund rannte so weit voraus, wie es die Leine zuließ. Als er weg war, sah ich meinen Vater an. Natürlich war es meine Schuld, denn Davy wusste ja nur deshalb davon, weil ich es seinem Bruder erzählt hatte. Aber ich war unsicher, ob ich mich dafür entschuldigen musste oder ob wir einfach so tun sollten, als wäre nichts geschehen.
    »Das ist also Henrys Bruder?«, fragte Dad und sah den beiden durchs Fenster nach, bis sie verschwunden waren.
    »Ja«, antwortete ich. »Er ist so alt wie Gelsey.«
    Mein Vater nickte und sah mich dann mit einem Lächeln an, das – wie ich aus Erfahrung wusste – nichts Gutes verhieß. »Henry ist ein netter Kerl, oder?«
    »Keine Ahnung «, entgegnete ich und merkte, wie ich knallrot wurde, obwohl es gar keinen Grund dazu gab. »Ich meine, kann sein.«
    »Ich hab ihn in der Bäckerei getroffen«, fuhr mein Vater fort und schlug dabei in aller Ruhe seinen Pocono Record auf, als ob er keinen blassen Schimmer hätte, wie sehr er mich gerade quälte. »Er ist immer ausgesprochen höflich.«
    »Hm, ja«, sagte ich, schlug abwechselnd die Beine übereinander und fragte mich, wieso um alles in der Welt mein Gesicht derartig brannte. Henry und ich hatten uns doch gerade erstwieder angefreundet, da war kein Gedanke an irgendwas anderes, was mein Vater in seinem ach-so-wissenden Tonfall da vielleicht andeuten wollte.

Weitere Kostenlose Bücher