Vergiss den Sommer nicht (German Edition)
Wort für ›Veränderung‹ mit 12 Buchstaben.«
»Hmm«, machte er, lehnte sich stirnrunzelnd zurück und schüttelte dann den Kopf. »Da kann ich dir auch nicht weiterhelfen«, antwortete er. »Aber vielleicht fällt’s mir ja noch ein, dann sag ich Bescheid.« Er schob seinen Stuhl zurück und stand auf. »Ich muss noch ein paar Sachen in der Stadt erledigen, Kleines. Willst du mitkommen?«, fragte er.
»Klar«, antwortete ich ohne nachzudenken. Das klang auf jeden Fall verlockender als das planlose Surfen im Internet, das meine Nachmittagsbeschäftigung war, seit man meinem Vater nicht mehr hinterherschleichen durfte. Ich ging hinein und holte meine Schuhe.
Als ich wieder rauskam, stand mein Vater schon in der Einfahrt und spielte mit dem Schlüssel seines Land Cruisers. Ichlief eilig über den Kies und spürte die Steinchen durch die Gummisohlen meiner Flip-Flops. Vor der Motorhaube blieb ich stehen.
»Alles klar?«, fragte mein Vater.
»Denk schon«, antwortete ich zögernd und schob die Leinentasche über meiner Schulter zurecht. Ich musste ständig an die vielen Medikamente in der Küche denken, von denen ich nicht ansatzweise wusste, wofür sie eigentlich gut waren und welche Nebenwirkungen sie hatten. Soweit ich wusste, war Dad seit dem Morgen, als er mich aufgelesen und dann mit mir frühstücken war, nicht mehr Auto gefahren. »Soll ich lieber fahren?«, schlug ich zaghaft vor und wusste nicht so genau, wie ich meine Frage formulieren sollte. Mein Vater winkte nur ab und war schon dabei, die Fahrertür zu öffnen. »Ich meine …«, setzte ich nach und merkte, wie mein Herzschlag schneller wurde. Meinen Vater zu kritisieren – oder sein Tun zu hinterfragen – war etwas total Ungewohntes für mich. »Ist es okay, wenn du fährst?«, fügte ich hastig hinzu, um es endlich auszusprechen.
Einen Moment lang schwebte diese Frage zwischen uns, aber als mein Vater mich über die Motorhaube hinweg ansah, wusste ich, dass ich zu weit gegangen war. »Mach dir mal keine Sorgen«, entgegnete er schroff. Dann öffnete er die Fahrertür, ich gingum den Wagen herum zur Beifahrerseite und spürte, wie ich rot wurde.
Ein paar Minuten fuhren wir schweigend vor uns hin, bis ich schließlich in die Stille hinein fragte: »Was gibt’s denn eigentlich zu erledigen?« Meine Stimme klang dabei übertrieben heiter, völlig aufgesetzt. Vermutlich war das mein Pendant zu Warrens komischem Lächeln.
»Also«, entgegnete mein Vater, als wir an einer Ampel anhielten, wobei ich schon an seinem Blick erkannte, dass er mir meine Bemerkung verziehen hatte, »deine Mutter will, dass wir fürs Abendessen Maiskolben kaufen. Und die Post muss ich auch noch abholen. Und außerdem …«, er unterbrach sich kurz und konzentrierte sich auf die Straße, » …dachte ich mir, wir könnten mal beim Vereinshaus vorbeischauen. Vielleicht kannst du dich ja gleich für einen Job bewerben.«
»Oh«, sagte ich. »Ein Job.« Beschämt sah ich aus dem Fenster. Er hatte also doch mitbekommen, dass ich im Gegensatz zu Warren und Gelsey nicht wusste, was ich mit meiner Zeit anfangen sollte. Leider hatte ich überhaupt noch keine Erfahrung mitirgendwelchen Jobs. In den bisherigen Sommerferien hatte ich immer irgendwas ehrenamtlich gemacht, an Sprachkursen teilgenommen oder war in Camps gewesen, wo man irgendwas sezieren musste.
»Ist natürlich keine Pflicht«, fügte er hinzu, als wir uns der Hauptstraße von Lake Phoenix – die ganz einfallsreich Main Street hieß – näherten. »War nur so eine Idee.«
Ich nickte und Dad bog nach rechts ab, wo er auch gleich einen Parkplatz fand. Ich ließ mir seine Worte durch den Kopf gehen. Natürlich war mir klar, dass ich mich nicht endlos zu Hause langweilen konnte. Und eine Alternative sah ich im Moment nicht. »Na, okay«, stimmte ich also zu, schob beim Aussteigen meine Schultertasche zurecht und klappte die Autotür zu. Ich deutete mit dem Kopf in Richtung Vereinshaus, wo die Verwaltung von Lake Phoenix saß. »Ich kann’s ja mal versuchen.«
Mein Vater lächelte mich an. »Wusste ich’s doch«, antwortete er. Ich lächelte ihn an, aber im selben Augenblick packte mich fast die Panik. Am liebsten hätte ich diesen Augenblick konserviert, irgendwie in Bernstein gegossen, damit er nicht verging. Aber als ich das zu Ende gedacht hatte, war Dad schon losgegangen und schaute ganz woanders hin. »Wollen wir uns in einer halben Stunde wieder treffen?«, schlug er vor.
Ich warf einen Blick auf meine
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