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Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Titel: Vergiss den Sommer nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morgan Matson
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warteten. Aber ich war damals schon feige gewesen – was den ganzen Schlamassel ja auch erst ausgelöst hatte – und war es offenbar immer noch. »Nee«, antwortete ich und ging beiseite, damit die Frauen ihren Kuchen bestellen konnten, den sie gerade ausgesucht hatten. »Nichts weiter.« Ich drehte mich um und ging hinaus in die Nachmittagshitze.
    Als ich bei meinem Vater ankam, stand er an den Land Cruiser gelehnt und hatte eine Plastiktüte mit Lakritz in der Hand. Die gab es direkt an der Kasse, und immer wenn mein Vater irgendwas besorgen sollte – oder einen von uns abfangen konnte, ehe wir einkaufen gingen –, stand eine Packung davon auf der Liste, allerdings nur die schwarzen. Seine sehr speziellen Ansichten dazu waren noch bestärkt worden, nachdem Warren ihm erklärt hatte, dass rote Lakritze so gesehen gar keine Lakritze ist, da sie nicht aus der Süßholzwurzel hergestellt wird.
    »Na, Kleines«, sagte er und lächelte mir entgegen. »Was gibt’s Neues?« Sein Blick fiel auf die Kuchenschachtel und sein Lächeln wurde noch breiter. »Was hast du denn da Schönes?«
    Seufzend öffnete ich die Schachtel. »Haferkekse«, antwortete ich verdrießlich.
    »Oh.« Mit zusammengezogenen Brauen betrachtete er die Kekse. »Wozu das denn?«
    »Das ist ’ne lange Geschichte«, wich ich aus, denn ich hatte keine Lust, zuzugeben, dass mein Ex-Freund mich total aus dem Konzept gebracht hatte. »Aber die Neuigkeit des Tages ist, dass ich einen Job habe. Morgen fange ich am Strandimbiss an.«
    Sein Lächeln kehrte zurück, ein echtes, aufrichtiges, frohes Lächeln. »Das ist ja super, Kleines«, sagte er. »Dein erster Job! Das ist ein wichtiges Ereignis. Ich weiß noch, als ich …« Er hielt plötzlich inne, kniff die Augen zu und verzog vor Schmerzen das Gesicht.
    »Dad?«, fragte ich. Ich ging einen Schritt auf ihn zu und hörte die Angst in meiner eigenen Stimme. »Daddy?«
    Er verzog wieder das Gesicht und griff sich mit der Hand an den Rücken. Die Lakritztüte fiel auf den Boden, und der Inhalt rollte überall herum. »Geht schon«, presste er hervor. Ich glaubte ihm nicht – seine Augen waren immer noch geschlossen und ich sah, wie sich kleine Schweißperlen auf seiner Stirn bildeten. »Geht gleich wieder …«
    »Okay«, murmelte ich. Ich hielt die Kuchenschachtel fest und sah mich auf der Straße um, ob uns vielleicht jemand irgendwie helfen oder mir zumindest sagen konnte, was ich tun sollte. Mein Herz hämmerte und ich wünschte mir meine Mutter her, damit ich das nicht allein durchstehen musste.
    »Alles okay?« Das rothaarige Mädchen, das ich schon durchs Schaufenster gesehen hatte, stand in der Tür der Zoohandlung HundeLeben und beobachtete mit besorgter Miene meinen Vater. Sie hielt ein schnurloses Telefon in der Hand. »Soll ich jemanden für Sie anrufen?«
    »Nein«, lehnte mein Vater leicht gereizt ab. Er machte die Augen auf, holte ein zusammengefaltetes weißes Taschentuch aus der Hosentasche und wischte sich damit rasch über die Stirn. Seine weißen Taschentücher hatte er immer dabei. Sie wurden ganz normal mit seiner anderen Wäsche gewaschen, und wenn ich mal kein Geld oder keine Idee hatte, was ich ihm schenken konnte, dann bekam er von mir zum Vatertag weiße Taschentücher. Er steckte das Tuch wieder in die Tasche und bedachte die Rothaarige mit einem Lächeln, das allerdings nicht ganz echt wirkte. »Geht schon, danke.«
    »Okay«, sagte sie nickend. Doch sie rührte sich nicht von der Stelle, sondern behielt meinen Vater im Auge.
    Er wandte sich zu mir und mir fiel auf, dass er um einiges blasser war als noch gerade eben und dass er beim Atmen leicht keuchte.
    »Ich wollte dich nicht erschrecken, Kleines«, sagte er.
    Ich nickte und schluckte mühsam, weil ich nicht richtig einordnen konnte, was eigentlich passiert war und was ich dazu sagen sollte. »Bist du …«, setzte ich an und hörte meine Stimme versagen. »Ich meine …«
    »Schon okay«, wiederholte er. Er bückte sich, um die Lakritztüte aufzuheben, und ich sah, wie seine Hände zitterten. Er nahm seinen Schlüsselbund und ging auf die Fahrerseite – die Schlüssel klimperten in seiner zitternden Hand. Ehe ich richtig begriff,was ich tat, ging ich auf ihn zu und ließ mir von ihm den Autoschlüssel geben. Er sah mich an, und eine schreckliche, resignierte Traurigkeit überflog sein Gesicht, ehe er den Blick abwandte.
    Er überließ mir den Schlüssel und ging wortlos auf die Beifahrerseite. Als ich das Auto aufschloss,

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