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Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Titel: Vergiss den Sommer nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morgan Matson
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essen, was?« Kaum hatte ich es ausgesprochen, fühlte ich mein Gesicht knallrot anlaufen und schielte nach unserem Auto, in der Hoffnung, dass mein Vater seine Einkäufe erledigt hatte und ich das als Vorwand nutzen konnte, schleunigst zu verschwinden.
    »Sag bloß.« Henry nickte in Richtung meiner rasant dahinschmelzenden Eiskugeln. »Himbeer und Kokos? Immer noch?«
    Ich starrte ihn an. »Ich glaub’s ja wohl nicht, dass du das noch weißt.«
    »Elefant«, erwiderte er. »Hab ich dir doch gesagt.«
    »Hm.« Ich spürte den ersten kalten Tropfen auf der Hand, in der ich mein Eis hielt. Es schmolz und schmolz, aber da ich in der anderen Hand den Eisbecher meines Vaters trug, konnte ich nicht viel dagegen tun. Und irgendwie kam ich mir blöd vor, in Henrys Gegenwart an meinem Eis zu lecken, vor allem, da er selber keins hatte. »Also«, sagte ich und versuchte den zweiten und den dritten Tropfen nicht weiter zu beachten, »wo kommt das eigentlich her? Wer hat als Erster behauptet, dass Elefanten so ein tolles Gedächtnis haben?«
    »Weiß nicht«, erwiderte Henry schulterzuckend und lächelte. »Wer hat gesagt, dass Eulen weise sind?«
    »Mein Bruder weiß das bestimmt. Den werd ich mal fragen.«
    »Einwandfrei«, entgegnete Henry und lachte kurz. »Klingt nach ’nem Plan.« Er steckte die Hände in die Hosentaschen und ich spürte, wie mein Blick auf seinen Arm gelenkt wurde, und natürlich entdeckte ich sie – die kleine weiße Narbe an seinem Handgelenk. Ich kannte sie sehr gut. Die Stelle hatte er sich am Kielschwert meines Bootes aufgeschürft, als er darunter durchgetaucht war. Das war während der wilden Kenterkämpfe gewesen, die zwischen Jungs und Mädchen in dem Sommer getobt hatten, als wir beide elf waren. Ich hatte die Narbe berührt, als er im dunklen Outpost-Kino das erste Mal meine Hand gehalten hatte.
    Während mich die Erinnerung durchflutete, sah ich ihn an und holte sehr tief Luft, um ihm zu sagen, was ich gleich von Anfang an hätte sagen sollen. Dass es mir leid tat, dass ich ihm niemals wehtun wollte, dass ich nicht einfach ohne Erklärung hätte verschwinden dürfen. »Also«, fing ich an und spürte, wie mein Herz hämmerte und meine Hand die Eistüte fester umschloss. »Henry, ich …«
    »Tut mir echt leid. Es hat ewig gedauert, hier ’nen Parkplatzzu finden.« Eine ausgesprochen hübsche Blondine, ungefährso alt wie ich, kam eilig auf Henry zu. Ihre Haare hatte sie zueinem dieser perfekt-nachlässigen Knoten gebunden, und ihre Haut war schon eindrucksvoll gebräunt. Das musste die Blonde sein, von der meine Mutter gesprochen hatte. Henrys Freundin. Mir war natürlich klar, dass mein Besitzanspruch gegenüber jemandem, mit dem ich im Alter von zwölf mal gegangen war, jeglicher Logik entbehrte. Und doch spürte ich einen heißen Stich der Eifersucht in mir, als ich sah, wie sie ihm die Autoschlüssel reichte und ihre Finger sich dabei ganz beiläufig berührten.
    »Ich will Vanille mit Erdnussbutter und Schokotoffee.« Davy Crosby kam in denselben Mokassins angerannt, die mir schon im Wald an ihm aufgefallen waren. Als er mich sah, ließ seine Ausgelassenheit schlagartig nach. Offenbar war er immer noch sauer auf mich, weil ich seinen Vogel verscheucht hatte.
    Die Blondine legte Davy lächelnd die Hand auf die Schulter, unter der er sich jedoch hervorwand. Ich sah ihnen zu und versuchte, einen unbeteiligten Gesichtsausdruck aufzusetzen. Henrys Bruder stand sie also auch nahe. Nicht, dass es mich irgendwie kümmerte. Warum auch?
    »Weißt du eigentlich, dass dein Eis gerade total zerläuft?«, fragte mich Davy. Ich schaute auf meine Waffel und musste feststellen, dass die Situation langsam dramatisch wurde und sich geschmolzenes Himbeereis – natürlich, selbstverständlich war es nicht das Kokoseis – auf meiner ganzen Hand breitgemacht hatte.
    »Ja, klar«, sagte ich und hielt die Waffel hoch, was nur bewirkte, dass mir das Eis nun auch noch übers Handgelenk lief, »ist mir auch schon aufgefallen.«
    »Entschuldige Taylor – wolltest du was sagen?«, fragte Henry.
    Ich sah ihn an und dachte nur, dass ich es jetzt tun sollte – ihm sagen, dass es mir leid tat – und es hinter mich bringen. Seit wir wieder hier waren, hatte ich ein schlechtes Gewissen wegen jenem Sommer, viel mehr, als es mir in Connecticut je bewusst gewesen war. Ich hatte sogar den Plüschpinguin in meinem Schrank umdrehen müssen, weil der mich immer so vorwurfsvoll ansah. »Ich wollte nur sagen, dass … dass

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