Vergiss den Sommer nicht (German Edition)
Tode.«
»Ich auch«, bestätigte Gelsey, die auf der Stelle vergaß, dass wir eigentlich herausfinden wollten, wo der Hund hingehörte. »Hier kann man echt gar nichts machen. Meine Mutter zwingt mich sogar schon zum Tennis.«
Nora riss die Augen auf. »Meine auch!«, rief sie. »Das ist ja so was von daneben.«
»Echt jetzt mal«, antwortete Gelsey.
»Absolut«, bestätigte Nora.
Da ich mir lebhaft vorstellen konnte, wie das Gespräch weitergehen würde, nahm ich Gelsey die rosa Hundeleine aus der Hand, die sie mir auch bereitwillig überließ. »Bis später dann«, verabschiedete ich mich. Gelsey winkte mir nur kurz über die Schulter zu, ohne ihr Gespräch zu unterbrechen oder mich auch nur anzusehen.
Ich zog Murphy, der in der Einfahrt der Gardners ganz aufgeregt jeden Stein einzeln beschnüffelte, zurück zur Straße und war ziemlich zufrieden mit mir, weil Gelsey offenbar gerade eine neue Freundin gefunden hatte und somit mein Plan ein bisschen aufgegangen war. Mit dem Hund ging ich zu den Crosbys hinüber, obwohl das Haus ziemlich verwaist aussah: In der Einfahrt standen weder Auto noch Fahrräder, das Zelt war leer und die Vorhänge zugezogen.
Daher schlenderte ich mit dem Hund wieder zurück nach Hause und überlegte, was ich gemacht hätte, wenn nebenan jemand da gewesen wäre. Obwohl ich mir einzureden versuchte, dass ich dann natürlich ganz mutig geklingelt hätte, war ich mir dessen keineswegs sicher. Auf jeden Fall hatte ich seit der Begegnung in der Eisdiele mehr an Henry gedacht, als gut war, denn ganz sicher war er (berechtigterweise) noch sauer auf mich und hatte eine Freundin. Aber ich konnte nichts gegen meine Gedanken machen.
Als wir unser Haus erreichten, musste ich Murphy nicht mehr hinter mir herzerren. Er rannte voraus und zog heftig an der provisorischen Leine. Damit band ich ihn an der Eingangstreppe fest und ging auf die Veranda, wo mein Vater am Esstisch auf seinem Platz saß und konzentriert auf seinen Laptop starrte. Warren war mit hochgelegten Beinen in ein Lehrbuch vertieft.
»Hi«, sagte Warren und sah von seiner Lektüre auf, nachdem er die aktuelle Textstelle mit einem kleinen Indexkleber markiert hatte. Er reckte sich und äugte hinaus zur Einfahrt. »Was ist das denn?«, fragte er und klang fast panisch. »Wieso hockt da draußen ein Köter?«
»Vor dem brauchst du keine Angst zu haben«, beruhigte ich meinen Bruder. Dad grinste mich kurz an, schaute aber schnell zurück zu seinem Laptop, ehe Warren es mitbekam. »Das istder wahrscheinlich ungefährlichste Hund der Welt, so viel ist sicher.«
»Aha«, nickte Warren scheinbar locker, aber mir entging nicht, wie er die Veranda im Blick behielt. Betont beiläufig schob er seinen Stuhl ein Stück von der Tür weg. »Klar.«
»Keinen Besitzer gefunden?«, erkundigte sich Dad.
»Zumindest nicht nebenan«, berichtete ich. »Aber dafür haben wir die Nachbarn kennengelernt. Die haben eine Tochter in Gelseys Alter.«
»Na wunderbar«, antwortete Dad lächelnd. »Aber was wird nun mit dem Hundeviech?«
»Ich wollte ihn in die Zoohandlung bringen und kontrollieren lassen, ob er einen Chip trägt«, erklärte ich.
»Gute Idee«, nickte er anerkennend, und ich überlegte, ob ich zugeben sollte, dass sie von unseren drehbuchschreibenden Nachbarn stammte, verzichtete dann jedoch darauf. »Mein Sohn«, sagte Dad zu Warren, »wolltest du nicht in die Bibliothek?«
Warren räusperte sich und schaute wieder zur Veranda. »Das hatte ich in der Tat vor«, erwiderte er. »Aber wenn ich so darüber nachdenke, glaube ich, dass …«
»Hallo«, sagte ich. »Ich werd den Hund schon auf Abstand halten.«
»Das hat doch damit nichts zu tun«, murmelte Warren und lief fast so rot an wie sein Polohemd. »Ich muss nur noch meine Brieftasche holen.« Er ging ins Haus, und Dad lächelte mich über seinen Laptop hinweg an.
»Siehst du?«, meinte er. »Kleine Exkursion. Ich hab dir doch gesagt, das wird ein toller Tag, Kleines.« Er tippte kurz weiter und lehnte sich dann zurück. »Sag mal, wenn du in die Stadt fährst, kommst du doch bestimmt bei Hensons vorbei. Könntest du mir von dort vielleicht Lakritz mitbringen?«
Zehn Minuten später betraten Warren, Murphy und ich die Zoohandlung HundeLeben, wobei sich Warren vorsichtshalber ein paar Schritte hinter uns hielt. Obwohl ich den Hund mit einer Hand hätte anheben können, hegte ich nicht die Absicht, denn die Meinung meines Vaters über Murphys Geruch bewahrheitete sich, sodass wir
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