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Vergiss die Toten nicht

Vergiss die Toten nicht

Titel: Vergiss die Toten nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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später mit Adam darüber zu reden.
    Zunächst blieb Jimmy Ryan am Tisch sitzen, als erwarte er, dass die Besprechung jeden Augenblick begann. Aber als ihm klarwurde, dass Adam und Winifred nicht so bald herunterkommen würden, stand er auf und blieb verlegen mitten in der Kabine stehen. Offenbar hatte er jedoch keine Lust, sich zu ihnen zu gesellen.
    Zehn Minuten später traf Sam Krause ein. Er fluchte über den Verkehr und die Unfähigkeit seines Fahrers. Mürrisch kam er an Bord, ging direkt in die Kabine, nickte Jimmy Ryan kurz zu, schenkte sich ein Glas puren Gin ein und kehrte an Deck zurück.
    »Lang kommt wie immer zu spät«, schimpfte er.
    »Ich habe mit ihm telefoniert, kurz bevor ich das Büro verließ«, erklärte Adam. »Er war im Auto und unterwegs in die Stadt. Also müsste er jeden Moment hier sein.«
    Kurz darauf läutete das Telefon. Peter Längs Stimme klang gepresst. »Ich hatte einen Unfall«, stieß er hervor. »So ein verdammter Lastzug. Ich habe Glück, dass ich noch lebe. Die Polizei möchte, dass ich mich im Krankenhaus untersuchen lasse, und wahrscheinlich ist es besser, auf Nummer Sicher zu gehen.
    Sie können die Sitzung entweder absagen oder ohne mich anfangen, es liegt ganz bei Ihnen. Wenn ich beim Arzt fertig bin, fahre ich wieder nach Hause.«
    Fünf Minuten später verließ die Cornelia II den Hafen. Der Wind hatte ein wenig aufgefrischt, und am Himmel zogen Wolken auf.

11
M
    ir ist schlecht«, jammerte der achtjährige Ben Tucker. Er stand mit seinem Vater an der Reling des Ausflugsbootes, das gerade von einer Fahrt zur Freiheitsstatue zurückkehrte.
    »Ja, es hat angefangen zu schaukeln«, stimmte sein Vater zu.
    »Aber wir sind gleich da. Schau dir lieber die Aussicht an. So schnell kommst du nicht wieder nach New York, und ich möchte, dass du dich an alles erinnerst.«
    Bens Brille war verschmiert, und er nahm sie ab, um sie zu putzen. Bestimmt erzählt er mir gleich wieder, dass die Freiheitsstatue ein Geschenk Frankreichs an die Vereinigten Staaten war, dass sie aber erst aufgestellt werden konnte, nachdem eine Frau namens Emma Lazarus ein Gedicht geschrieben hatte, um Geld für einen Sockel aufzutreiben. »Gib mir deine gebeugten Massen, die sich nach der Freiheit sehnen.«
    Schon gut, lass mich mit diesem Zeug in Ruhe, dachte Ben.
    Der Ausflug zur Freiheitsstatue und nach Ellis Island hatte ihm eigentlich Spaß gemacht. Doch inzwischen bedauerte er es, dass er mitgekommen war, denn er fühlte sich, als müsse er sich gleich übergeben. Das Schiff stank scheußlich nach Diesel.
    Neidisch betrachtete er die Jachten im Hafen von New York und wünschte sich, auch so eine zu besitzen. Wenn er eines Tages reich war, würde er sich zuallererst einen Kabinenkreuzer kaufen. Bei ihrem Aufbruch vor einigen Stunden waren viele dieser Schiffe auf dem Wasser gewesen. Doch da sich der Himmel mittlerweile bewölkte, waren es weniger geworden.
    Bens Blick fiel auf eine wirklich schicke Jacht, die links von ihnen lag. Die Cornelia II. Ben war so weitsichtig, dass er die Aufschrift lesen konnte, als er die Brille abnahm.
    Plötzlich riss er entsetzt die Augen auf. »Neiiiiiin!«
    Er wusste nicht, dass er laut gerufen hatte. Und ihm war auch nicht klar, dass er nicht als Einziger auf dem Ausflugsboot diesen Schrei – halb Entsetzen, halb Stoßgebet von sich gegeben hatte.
    Auch die Menschen an der Spitze von Manhattan und in New Jersey, die zufällig in diese Richtung sahen, trauten ihren Augen nicht.
    Vor Bens Augen war die Cornelia II in die Luft geflogen. Von einem Moment auf den anderen hatte sie sich in einen gewaltigen Feuerball
    verwandelt.
    Maschinenteile
    wurden
    hoch
    emporgeschleudert und verteilten sich in der Rinne, die den Atlantik mit dem Hafen verband.
    Bens Vater schaffte es nicht mehr rechtzeitig, seinen Sohn wegzureißen und ihn an sich zu drücken. Bevor der Schock einsetzte und sich über die Erinnerung legte, hatte Ben noch das grausige Bild herumfliegender Leichenteile vor Augen, ein Eindruck, der sich in sein Unterbewusstsein eingraben und ihn nicht mehr loslassen sollte.

12
U
    nd ich habe ihm noch gesagt, dass er nicht mehr nach Hause zu kommen braucht, dachte Nel , als sie am Abend diesen Tag des Grauens Revue passieren ließ. »Ich hoffe, das meinst du nicht ernst«, hat Adam geantwortet, und ich habe nicht darauf reagiert.
    Und obwohl ich später mit dem Gedanken gespielt habe, ihn anzurufen und die Sache zu klären, war ich zu starrsinnig und zu stolz dazu. Mein

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