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Vergiss die Toten nicht

Vergiss die Toten nicht

Titel: Vergiss die Toten nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Gott, warum habe ich ihn nicht angerufen? Den ganzen Tag hatte ich dieses furchtbare Gefühl, dass etwas Schreckliches geschehen wird.
    Winifred – bei ihrem Anblick spürte ich, dass sie sterben würde. Woher konnte ich das wissen?
    Es war genauso wie damals bei meinen Eltern. Ich erinnere mich, wie ich nach der Pause vom Schulhof kam und auf einmal den Eindruck hatte, sie seien bei mir. Ich nahm sogar wahr, wie Mama mich auf die Wange küsste und wie Papa mir übers Haar strich. Zu diesem Zeitpunkt waren sie schon tot, aber sie waren gekommen, um sich von mir zu verabschieden. Adam, dachte sie.
    Bitte verabschiede dich von mir. Gib mir eine Gelegenheit, dir zu sagen, wie leid es mir tut.
    »Nell, kann ich dir irgendwie helfen?«
    Sie nahm kaum wahr, dass Mac mit ihr sprach. Gewiss war es schon nach Mitternacht. Zunächst war Gertis Geburtstagsfeier verlaufen wie geplant. Niemand ahnte, was geschehen war. Nell hatte Adam mit der schwachen Ausrede entschuldigt, er habe zu einer wichtigen Sitzung gemusst. Obwohl sie sich Mühe gab, glaubhaft zu klingen, erkannte sie Gertis enttäuschte Miene. Und dass den restlichen Abend über gezwungene Fröhlichkeit herrschte, hatte ihrem Zorn auf Adam neue Nahrung gegeben.
    Als Nell um zehn Uhr nach Hause kam, beschloss sie, das Thema noch am selben Abend mit Adam auszudiskutieren –
    vorausgesetzt natürlich, er nahm sie nicht beim Wort und blieb über Nacht fort. Sie würde ihm alles erklären, sich seine Einwände anhören und versuchen, eine Lösung zu finden. Denn die Ungewissheit und Missstimmung konnte sie keinen Tag länger ertragen. Schließlich machten Verhandlungsgeschick und Kompromissfähigkeit eine gute Politikerin aus. Und allmählich dämmerte es Nell, dass diese Gaben auch einer Ehefrau nützlich sein konnten.
    Doch als Nell die Eingangshalle des Hauses betrat, in dem sie wohnte, erreichte die bange Vorahnung, die sie schon den ganzen Tag gequält hatte, ihren Höhepunkt. Sie wurde bereits von Macs Sekretärin Liz Hanley erwartet. Neben ihr stand Detective George Brennan von der New Yorker Polizei. Sofort wusste Nel , dass etwas Schreckliches geschehen war. Doch die beiden bestanden darauf, erst oben in der Wohnung darüber zu sprechen.
    So zartfühlend wie möglich berichtete Detective Brennan ihr von dem Unfall und sagte dann entschuldigend, er müsse ihr noch einige Fragen stellen.
    Zeugen hätten gesehen, wie ihr Mann an Bord seiner Jacht ging, erklärte er. Ihm seien mindestens drei weitere Personen gefolgt. Ob sie wisse, um wen es sich dabei gehandelt habe?, fragte der Detective.
    Nel fühlte sich benommen und hatte die Tragweite der Tragödie noch gar nicht begriffen. Sie antwortete, es sei eine geschäftliche Besprechung angesetzt gewesen. Winifred, Adams Sekretärin, sei ebenfalls erwartet worden. Sie nannte ihm die Namen der Geschäftspartner ihres Mannes und erbot sich, die Telefonnummern ausfindig zu machen. Doch der Detective lehnte ab. Er meinte, er wolle es für diesen Abend gut sein lassen, und riet ihr, zu Bett zu gehen und ein wenig zu schlafen. Sicher würden morgen früh die Journalisten über sie herfallen. Sie würde all ihre Kraft brauchen.
    »Ich komme morgen wieder, Mrs. Cauliff. Es tut mir so schrecklich leid«, sagte er und ging mit Liz Hanley zur Tür.
    Während der Detective sich verabschiedete, trafen Mac und Gerti ein. Sie waren von Liz verständigt worden.
    »Nell, leg dich schlafen«, waren Macs erste Worte.
    Macs Stimme hat die seltsame Eigenschaft, gleichzeitig barsch und besorgt zu klingen, schoss es Nell durch den Kopf.
    »Mac hat Recht, Nel . Die nächsten Tage werden nicht leicht für dich sein«, ergänzte Gertrude MacDermott und setzte sich neben Nell aufs Sofa.
    Nel betrachtete die beiden Menschen, die nun ihre ganze Familie ausmachten. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie sich an die Worte eines Mitarbeiters ihres Großvaters erinnerte:
    »Es ist erstaunlich, wie verschieden Gertrude und Cornelius sind, obwohl sie sich doch so ähnlich sehen.«
    Das traf zu. Beide hatten einen weißen Wuschelkopf, klare blaue Augen, schmale Lippen und ein vorspringendes Kinn. Doch Gertis Miene strahlte im Gegensatz zu der ihres Bruders Gelassenheit aus. Außerdem war sie, anders als der streitlustige Cornelius, sehr zurückhaltend.
    »Ich bleibe heute Nacht bei dir«, schlug Gerti vor. »Du solltest nicht allein sein.«
    Nel schüttelte den Kopf. »Danke, Tante Gerti, aber das brauche ich jetzt«, erwiderte sie.
    Als Liz

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