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Vergiss die Toten nicht

Vergiss die Toten nicht

Titel: Vergiss die Toten nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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komm zurück!«
    Sie wartete. Doch sie hörte nichts außer dem gedämpften Brummen der Klimaanlage und dem Heulen einer Polizeisirene.
    In der Ferne jaulte die Sirene eines Krankenwagens.

    Ganz sicher hat es am Hafen von Polizeibooten und Krankenwagen gewimmelt, sagte sie sich. Man suchte nach Überlebenden, obwohl Detective Brennan widerstrebend einräumen musste, dass es ein Wunder gewesen wäre, wenn jemand dieses Unglück überstanden hätte. »Das ist wie bei einem Flugzeugabsturz«, erklärte er. »Normalerweise bricht die Maschine beim Fallen auseinander. Wir wissen, dass es keine Hoffnung gibt, doch wir dürfen nichts unversucht lassen.«
    Morgen oder in den nächsten Tagen würde man wahrscheinlich sagen können, warum die Jacht explodiert war.
    »Das Boot war nagelneu«, hatte Brennan gesagt. »Also war es wahrscheinlich technisches Versagen, ein Leck im Tank oder so etwas.«
    »Adam, es tut mir leid.« Wieder sprach Nell ins leere Zimmer hinein. »Bitte antworte mir, wenn du mich hören kannst. Mama und Papa haben sich ja auch von mir verabschiedet. Und Oma ebenfalls.«
    Es war eine ihrer frühesten Kindheitserinnerungen. Beim Tod ihrer Großmutter war sie vier gewesen. Da ihre Eltern gerade ein Seminar in Oxford unterrichteten, hatten sie Nell in der Obhut eines Aupairmädchens bei Mac zurückgelassen. Ihre Großmutter lag im Krankenhaus. In der Nacht war Nell aufgewacht und hatte plötzlich das Lieblingsparfüm ihrer Großmutter gerochen.
    Arpège. Sie benutzte es fast täglich.
    Ich weiß es noch, als ob es gestern gewesen wäre, dachte Nell.
    Ich war sehr müde, doch gleichzeitig so froh, dass Oma wieder zu Hause war und dass es ihr besser ging.
    Am nächsten Morgen war sie ins Esszimmer gelaufen. »Wo ist Oma? Ist sie schon aufgestanden?«
    Ihr Großvater saß mit Gerti am Tisch. »Oma ist im Himmel«, antwortete er. »Sie hat uns gestern Nacht verlassen.«
    Als ich ihm erzählte, sie sei nachts in meinem Zimmer gewesen, hielt er das für einen Traum, überlegte Nell. Aber Gerti hat mir geglaubt. Sie verstand, dass Oma nach Hause gekommen war, um sich zu verabschieden. So wie später Mama und Papa.
    Adam, bitte komm zu mir zurück. Zeig mir, dass du da bist.
    Bitte gib mir eine Gelegenheit, mich bei dir zu entschuldigen und mich von dir zu verabschieden.
    Die ganze Nacht lag Nell wach und starrte in die Dunkelheit.
    Als der Morgen graute, gelang es ihr endlich, um Adam zu weinen – um all die gemeinsamen Jahre und auch um Winifred und um Adams Geschäftspartner Sam und Peter, die bei ihm auf der Jacht gewesen waren.
    Und sie konnte auch um ihrer selbst willen trauern, denn wieder einmal musste sie lernen, ohne einen geliebten Menschen auszukommen.

13
P
    eter Lang saß wohlbehalten im Fond einer Limousine und dachte an seinen Zusammenstoß mit dem Lastwagen. Er war in seinem Auto nach Manhattan unterwegs gewesen, um sich mit Adam Cauliff zu treffen. Gerade wollte er auf dem Long Island Expressway in den Midtown Tunnel einfahren, als es gekracht hatte. Ein Verkehrsunfall fünf Stunden später ließ sich Lang, der sich beim Aufprall eine Platzwunde an der Lippe und eine Beule am Kopf zugezogen hatte, von einem Mietwagenservice vom Krankenhaus abholen und durch den strömenden Regen zu seinem Haus in Southampton chauffieren.
    Sein Anwesen lag direkt an der Küste im teuersten Teil dieses wohlhabenden Städtchens. Seine Eltern hatten es ihm geschenkt, als sie beschlossen hatten, in Zukunft zwischen St. John’s in der Karibik und Martha’s Vineyard zu pendeln.
    Das große, weiße Haus im Kolonialstil war um die Jahrhundertwende erbaut worden und hatte dunkelgrüne Fensterläden. Auf dem fast einen Hektar großen Grundstück befanden sich, inmitten eines samtig grünen Rasens, blühender Büsche und ordentlich gestutzter Bäume, ein Swimmingpool und ein Tennisplatz.
    Lang hatte mit dreiundzwanzig geheiratet und sich mit dreißig in beiderseitigem Einvernehmen – wenn auch unter erheblichem finanziellem Verlust – wieder scheiden lassen. Die Rolle des wohlhabenden Junggesellen war ihm auf den Leib geschrieben.
    Er war blond, gut aussehend, gebildet, charmant, einigermaßen intelligent und schlagfertig. Außerdem hatte er einen ausgezeichneten Riecher für Grundstücke, deren Wert eines Tages steigen würde.
    Dieses Talent hatte er von seinem Großvater geerbt, der vor dem Zweiten Weltkrieg hunderte von Hektar Ackerland in Long Island und Connecticut gekauft hatte. Sein Vater hatte kurz vor dem Abriss

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