Vergiss die Toten nicht
das wusste Adam Cauliff nicht. Er war ein Landei, das in der falschen Liga spielte. Glauben Sie mir, er hätte uns das Grundstück verkauft, und zwar zu unserem Preis.«
John Hilmer, frisch ernannter Vizepräsident und bei der Overland Bank für Risikokapital und Investitionen zuständig, hatte sich von ganz unten hochgearbeitet. Er musterte Peter Lang über den Tisch hinweg, und als er daran dachte, wie leicht es der Immobilienmakler im Leben gehabt hatte, wurde er ihm immer unsympathischer.
Ein banaler Verkehrsunfall hatte verhindert, dass Peter Lang bei der verhängnisvollen Explosion auf Cauliffs Jacht ums Leben gekommen war. Doch während des gesamten Gesprächs über den armen Mann hatte Lang nicht mit einer Silbe erwähnt, dass er den Tod von Adam Cauliff und den anderen Opfern bedauerte.
Lang ist immer noch wütend auf Adam Cauliff, weil dieser clever genug war, ihm das Kaplan-Grundstück vor der Nase wegzuschnappen, dachte Hilmer. Er hatte Cauliff weismachen können, er habe eine Möglichkeit gefunden, auch ohne dessen Grundstück sein Bauvorhaben finanzieren zu lassen. Und nun ist Cauliff tot, und Lang lacht sich ins Fäustchen, da er sicher ist, das Grundstück nun billiger zu bekommen. Wirklich kein netter Zeitgenosse, selbst wenn man berücksichtigte, dass in der Baubranche mit harten Bandagen gekämpft wird.
Als Hilmer sich zum Gehen anschickte, schoss ihm noch ein Gedanke durch den Kopf. Sein Sohn, Verteidiger im Footballteam seines Colleges, sah nach einem Spiel häufig schlimmer aus als Peter Lang nach einem Zusammenstoß mit einem Lastzug.
29
N
ach dem Trauergottesdienst besorgten sich Jack Sclafani und George Brennan warme Pastramisandwiches und dampfenden Kaffee und kehrten ins Büro zurück, wo sie, tief in Gedanken versunken, ihr Mittagessen verspeisten.
Fast gleichzeitig stopften sie die Alufolie und die übrig gebliebenen Essiggurken mit Knoblauchgeschmack in die Plastiktütchen zurück und warfen sie in den Papierkorb.
Dann tranken sie den letzten Schluck Kaffee und sahen einander an.
»Wie schätzt du die Witwe Ryan ein?«, fragte Jack Brennan.
»Sie hat Angst. Offenbar macht sie sich wegen irgendetwas große Sorgen. Als sie uns sah, ist sie abgehauen, als würde sie von wilden Furien gehetzt.«
»Wovor könnte sie sich fürchten?«
»Was es auch ist, sie will es sich sicher von der Seele reden.«
Brennan schmunzelte. »Katholische Schuldgefühle? Das Bedürfnis nach Beichte?«
Beide Männer waren gläubige Katholiken und sich schon lange darüber einig, dass jeder, der in diesem Glauben erzogen worden war, unter dem Drang litt, seine Sünden zu gestehen und um Vergebung zu bitten. Ihr Standardspruch lautete, dass ihnen dieser Umstand ihre Arbeit zuweilen sehr erleichterte.
Jack Sclafani hatte Lisa Ryan draußen vor der Kirche besser beobachten können als sein Partner. Sie hatte an Nell MacDermott vorbeigeblickt und ihn näher kommen sehen. Und in ihrem Gesicht hatte sich eindeutig Panik gezeigt. Jack hatte die Angst in ihren Augen erkannt. Ich würde viel dafür geben zu wissen, was sie der MacDermott erzählt hat – oder besser, was sie ihr erzählt hätte, hätte sie uns nicht vorher entdeckt. »Ich glaube, wir sollten sie besuchen«, meinte er nachdenklich. »Sie weiß etwas, das ihr Angst macht, aber nicht, wie sie das Problem lösen soll.«
»Könnte Sie einen Beweis dafür haben, dass ihr Mann die Bombe gelegt hat?«, fragte Brennan.
»Für irgendetwas hat sie jedenfalls den Beweis. Aber wofür, ist noch schwer zu sagen. Ist der Bericht von Interpol über Kaplan schon da?«
Brennan griff zum Telefon. »Ich rufe unten an und erkundige mich, ob was eingegangen ist, während wir weg waren.«
Jack Sclafani bekam Herzklopfen, als er sah, wie Brennan nach dem Bericht von Interpol fragte und dann aufmerksam lauschte.
Es gibt neue Informationen, dachte er.
Brennan beendete das Telefonat und legte den Hörer auf.
»Wie wir vermutet haben, hat Kaplan in Australien ein Vorstrafenregister, das so lang ist wie das Barrier Reef. Meistens nur Kleinkram, bis auf eine Sache, die ihm ein Jahr Knast eingebracht hat. Pass gut auf: Man hat ihn festgenommen, weil er Sprengstoff im Kofferraum seines Autos transportierte. Damals arbeitete er für eine Abbruchfirma und hatte das Zeug auf der Baustelle gestohlen. Zum Glück hat man ihn erwischt. Doch leider fand man nie heraus, was er damit vorhatte. Man vermutete, dass er Geld dafür gekriegt hat, irgendetwas in die Luft zu jagen, aber
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