Vergiss die Toten nicht
Beispiel dafür, was geschieht, wenn die Bürokratie überhand nimmt. Sie war nicht nur ein schauderhafter Anblick, sondern ohnehin kein architektonischer Geniestreich.«
Lang lehnte sich in seinem Sessel zurück und machte es sich bequem. »Trotz meiner Überzeugung, dass es das Gebäude nicht verdiente, unter Denkmalschutz gestellt zu werden, ging ich zugegebenermaßen nicht davon aus, die Behörden dazu bringen zu können, es von der Liste zu streichen. Deshalb habe ich mich auch nie für das angrenzende Grundstück der Kaplans interessiert. Allerdings habe ich mich weiter bemüht, das Amt für Denkmalschutz unter Druck zu setzen, und schließlich hatte ich Erfolg. Es war Ironie des Schicksals, dass das Gebäude – mit der bedauernswerten Frau darin – nur wenige Stunden nach der Entscheidung der Behörde abbrannte.« Er lächelte traurig.
Lang griff nach dem Wasserglas und kühlte sich die geschwollene Lippe, bevor er fortfuhr. »Wie Sie wissen, erwarb Adam Cauliff das Grundstück der Kaplans, während ich noch mit der Denkmalschutzbehörde beschäftigt war. Ich habe ihm das Doppelte des Kaufpreises angeboten, doch er war auf etwas anderes aus. Stattdessen schlug er mir vor, ihn mit der Planung des Gebäudekomplexes zu beauftragen und Sam Krause in das Projekt einzubeziehen.«
Curtis Little rutschte auf seinem Stuhl herum. »Peter, wir sind nicht bereit, in ein Gebäude nach Adam Cauliffs Plänen zu investieren. Es ist unoriginell, langweilig, phantasielos und ein Mischmasch
aus
allen
möglichen
architektonischen
Stilrichtungen.«
»Zufällig bin ich Ihrer Ansicht«, erwiderte Lang. »Adam glaubte, er könne sich gleichzeitig mit dem Verkauf des Grundstückes einen Auftrag als Architekt sichern. Offenbar dachte er, wir würden alles tun, um das Anwesen der Kaplans zu bekommen. Doch das war ein Irrtum. Und das wiederum bringt mich zu Maxwells Entwurf. Einige meiner Geschäftspartner haben in der Vergangenheit mit Ian zusammengearbeitet. Auf ihren Wunsch hin habe ich ihn angerufen.«
Peter beugte sich vor und entfernte das Tuch von dem Gegenstand auf dem Tisch. Es war ein maßstabsgetreues Modell eines Gebäudes mit postmoderner Art-déco-Fassade.
»Ian war vor einigen Wochen in der Stadt. Ich habe ihm das Grundstück gezeigt und ihm das Problem erklärt. Das ist sein Vorschlag, wie wir unseren Gebäudekomplex errichten können, ohne dazu das Kaplan-Gelände zu brauchen, das Adam Cauliff gehörte. Vergangene Woche habe ich Adam eröffnet, dass wir einen alternativen Plan entwickelt hätten.«
»Cauliff wusste, dass wir seinen Vorschlag ablehnen?«, fragte Little.
»Ganz richtig. Er hat ein eigenes Büro eröffnet in der Annahme, dass wir von ihm abhängig sind, doch das war ein Fehler. Gestern habe ich seine Frau, oder besser gesagt Witwe, aufgesucht und ihr eröffnet, ich müsse sie nächste Woche in einer dringenden geschäftlichen Angelegenheit sprechen. Dann werde ich ihr erklären, dass wir ihr Grundstück zwar nicht brauchen –
nennen wir es der Klarheit halber das Kaplan-Grundstück –, ihr aber einen fairen Marktpreis bezahlen, falls sie verkaufen will.«
»Und wenn sie mitmacht…«, begann Curtis Little.
»Wenn sie mitmacht, wird uns Ian Maxwell ein Gebäude planen, bei dem sich der Turm wie ursprünglich vorgesehen an der Seite befindet. Ansonsten bauen wir ihn, wie ich Adam bereits erklärte, dahinter, was genauso – wenn nicht gar besser –
funktionieren wird.«
»Wäre Adam Cauliff mit einem fairen Marktpreis für das Kaplan-Grundstück einverstanden gewesen?«, fragte John Hilmer.
Peter Lang lächelte. »Natürlich. Adam neigte zwar zu Größenwahn und Selbstüberschätzung, was seine Fähigkeiten als Architekt und Geschäftsmann anging, aber er war kein Narr. Das soll nicht heißen, dass er sich vor Begeisterung überschlagen hat, als ich ihm anbot, ihm das Kaplan-Grundstück für einen bescheidenen Profit abzukaufen. Aber ich habe ihn darauf hingewiesen, dass er, wenn er unser Angebot ablehnt, das Grundstück genauso gut der Stadt stiften kann, damit die dort einen kleinen Park anlegt.« Er grinste böse über seinen eigenen Witz.
Curtis Little betrachtete das Modell. »Peter, natürlich können Sie den Turm hinten an das Gebäude setzen, doch dann würde es seinen ästhetischen Reiz verlieren – und außerdem eine Menge vermietbarer Quadratmeter. Ich bin nicht sicher, ob wir in diesem Fall investieren wollen.«
Peter Lang schmunzelte. »Selbstverständlich nicht. Doch
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