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Vergiss mein nicht

Vergiss mein nicht

Titel: Vergiss mein nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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beschäftigen. Tatsächlich hätte sie am liebsten den ganzen Tag hier bei ihrem Vater gesessen. Zumindest bis Jeffrey von der Arbeit kam.
    Eddie drehte den Kopf und sah sie an. » Worüber bist du eigentlich so froh?«
    » Dass ich hier bei dir sitzen kann«, sagte sie und massierte ihm den Rücken.
    » Ja, genau«, nuschelte er und schob die Sielfeder tiefer in das Abflussrohr. » Das hier ist ’n echter Scheißjob. Dusolltest dem Bengel meine Arbeit in Rechnung stellen.«
    » Ich kann ja mal sehen, was die Versicherung sagt.«
    Eddie, der gekniet hatte, setzte sich in die Hocke. » Deine Schwester ist draußen im Kombi.«
    Sara reagierte nicht.
    Er warf ihr einen strengen Blick zu. » Als ich im Krieg war, habe ich Menschen sterben sehen.«
    Sara lachte heiser auf. » Du hast dich um die Klos in Fort Gillem gekümmert, Vater. Du bist gar nicht aus Georgia rausgekommen.«
    » Na ja…« Er wischte den Einwand mit einer Handbewegung beiseite. » Da gab es einen Unteroffizier aus Connecticut, der hat ständig gekotzt.« Eddie verschränkte die Arme und sah sie ernst an. » Jedenfalls, ich meine nur, das Leben ist zu kurz.«
    » Ja«, stimmte Sara zu. Den Beweis dafür sah sie beinahe wöchentlich im Leichenschauhaus.
    » Zu kurz, um wütend auf deine Schwester zu sein.«
    » Ach, darum geht’s«, sagte Sara. » Hat sie dir auch erzählt, worüber wir uns gestritten haben?«
    » Erzählt ihr Mädels mir denn überhaupt jemals irgendwas?«, grummelte er.
    » Es ist kompliziert.«
    » Ich wette, das ist es nicht«, entgegnete Eddie, der die Sielfeder Stück für Stück mit den Händen aus der Toilette zog. » Ich wette, es ist ganz einfach.« Er rollte die Metallfeder um die Spindel und befahl ihr: » Geh und hol mir den Power Rooter.«
    » Ich muss an die Arbeit.«
    » Sobald du mir den Rooter geholt hast«, sagte er und reichte ihr die aufgewickelte Sielfeder.
    Sara ergriff sie nach kurzem Zögern. » Aber ich tue das nicht, weil du es so willst.«
    Er hob beschwichtigend die Hände. » Seit 1979 hast du kein einziges Mal etwas getan, weil ich es so wollte.«
    Bevor sie den Raum verließ, streckte sie ihm die Zunge raus. Sie nahm die Hintertür und ging um die Klinik herum, damit die Patienten im Wartezimmer sie nicht sahen. Offiziell hatte sie keine Sprechstunde mehr, aber es gab immer jemanden, der sie kannte, und Sara wollte nicht aufgehalten werden.
    Eddies Firmentransporter stand rückwärts eingeparkt neben Saras Wagen. » LINTON AND DAUGHTERS « stand auf den Seitenwänden. Die Zeichnung eines Toilettenbeckens mit einer Rolle rosa Klopapier oben auf dem Wasserbehälter diente als Logo. Als Sara näher kam, erkannte sie Tessa hinter dem Steuer. Der Motor lief, und die Fenster waren hochgekurbelt. Ihre Schwester musste seit mindestens einer halben Stunde hier warten.
    Mit einem Ruck öffnete Sara die Tür auf der Beifahrerseite. Tessa hob noch nicht einmal den Blick. Offenbar hatte sie Sara schon kommen sehen.
    » Hey«, versuchte Sara den Lärm der Klimaanlage zu übertönen, als sie die Sielfeder nach hinten in den Van warf. Dann stieg sie ein und schlug die Tür hinter sich zu.
    Widerwillig antwortete Tessa ebenfalls mit » Hey« und fragte dann: » Hat man das Mädchen schon gefunden?«
    » Noch nicht.« Sara lehnte sich mit dem Rücken an die Tür, sodass sie ihre Schwester ansehen konnte, ohne den Kopf zu drehen. Sie schob die Clogs von den Füßen und krümmte die Zehen über den Rand von Tessas Sitz.
    » Das hier ist meine Seite«, erklärte Tessa. Dieser Spruch war in ihrer Kindheit Standard gewesen, wenn sie im Auto mitfahren durften.
    » Also?«, sagte Sara und stieß Tessas Bein mit der großen Zehe an. » Was willst du machen?«
    » Hör auf damit!« Tessa schlug ihr auf den Fuß. » Ich bin wütend auf dich.«
    » Und ich bin wütend auf dich«, entgegnete Sara.
    Tessa drehte sich wieder zur Seite und legte die Hände aufs Lenkrad. » Tut mir leid, was ich da gesagt habe.« Sie hielt inne. » Von wegen keine Kinder kriegen.«
    Sara ließ einen Augenblick verstreichen. » Mir tut es leid, dass ich gefragt hab, ob Devon der Vater ist.«
    » Nun ja…«– Tessa zuckte die Achseln– » er ist es, solltest du wirklich gezweifelt haben.«
    » Hab ich niemals«, sagte sie, obgleich das nicht ganz stimmte.
    Jetzt drehte sich Tessa zu ihr, um ihr in die Augen sehen zu können. Sie zog die Beine hoch, und die Schwestern musterten einander wortlos.
    Sara durchbrach das Schweigen. » Wenn du es also machen

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