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Vergiss mein nicht

Vergiss mein nicht

Titel: Vergiss mein nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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passiert ist.«
    Sara fühlte die Röte ins Gesicht steigen. » Im Leben nicht.«
    » Warum hast du es dir anders überlegt?«, fragte Tessa. » Ich meine, vor kurzem hieß es doch noch, dass du dich nicht mal mit ihm verabreden wolltest.«
    » Mama«, antwortete Sara. » Sie hat mir gesagt, ich muss mich entscheiden.«
    » Und?«
    » Wir haben viel zu lange dieses dämliche Hin und Her gespielt.« Sara hielt inne, um zu überlegen, wie sie es am besten formulieren sollte. » Ich will noch einen Versuch wagen. Entweder schlage ich ihn mir aus dem Kopf und lebe mein eigenes Leben weiter, oder ich behalte ihn im Kopf und lebe damit.«
    Tessa fragte: » Und es war gut?«
    » Es war schön, mal was anderes zu empfinden«, sagte sie und dachte an die vergangene Nacht. » Es war schön, sich eine Zeit lang nicht mehr schuldig zu fühlen.« Und dann fügte sie hinzu. » Und keine Angst zu haben.«
    » Um das vermisste Mädchen?«
    » Um alles«, sagte Sara, die auf keine Einzelheiten eingehen wollte. Sie hatte es sich zur festen Gewohnheit gemacht, mit ihrer Familie nicht über ihre Arbeit im Leichenschauhaus zu sprechen. Dadurch schützte sie sich selbst ebenso wie die anderen. Es musste einen Teil ihres Lebens geben, der nicht von Tod und Gewalt überschattet war. » Es war schön…«
    » Einen Monsterorgasmus zu haben?«
    Sara schnalzte mit der Zunge und grinste. » Es war ziemlich spektakulär.« Sie schüttelte den Kopf, weil das Wort nicht stimmte. » Es war erstaunlich und unglaublich. Total…«
    » Oh, Scheiße!« Tessa setzte sich gerade hin und wischte sich über die Augen. » Dad kommt.«
    Sara setzte sich ebenfalls auf, obwohl sie nicht wusste, warum. Schließlich konnte Eddie sie nicht auf ihr Zimmer schicken, weil sie zu lange im Auto auf dem Parkplatz gesessen hatte.
    » Wo ist der Rooter?«, wollte er wissen, nachdem er die Tür auf Saras Seite aufgerissen hatte. » Worüber quasselt ihr beide denn hier drinnen?« Als er keine Antwort bekam, schimpfte er: » Wisst ihr eigentlich, wie viel Benzin ihr vergeudet, wenn ihr bei laufendem Motor hier rumsitzt?«
    Sara lachte, und er knuffte sie ins Bein. Dann fragte er: » Was würde deine Mama wohl sagen, wenn sie deinen Gesichtsausdruck jetzt sehen könnte?«
    Tessa antwortete: » Wahrscheinlich: › Das wurde ja auch mal Zeit.‹«
    Sie kicherten los, und Eddie warf ihnen einen strengen Blick zu, bevor er die Wagentür zuschlug und davonging.
    Das Leichenschauhaus befand sich im Untergeschoss des Grant Medical Center, und egal wie heiß es draußen wurde, in den gekachelten Räumen unter der Erde blieb es kühl. Sara spürte, dass sie eine Gänsehaut bekam, als sie in ihr Büro zurückging.
    » Dr. Linton?«, sagte Carlos mit sanfter Stimme und starkem Akzent. Wie gewöhnlich trug er seinen grünen Kittel und hatte das obligatorische Klemmbrett angewinkelt in die ziemlich breite Taille gestützt. Sara hatte Carlos vor sechs Jahren direkt von der Highschool hierhergeholt. Er war recht klein und trug sein Haar in der Mittel gescheitelt, was bei seinem runden Gesicht nicht gerade vorteilhaft wirkte. Er war tüchtig und beschwerte sich auch nicht, wenn er mal einen richtigen Scheißjob zu erledigen hatte, sowohl konkret wie auch im übertragenen Sinne. Sara konnte sich darauf verlassen, dass er sich um alles kümmerte und absolut verschwiegen war.
    Sara rang sich ein Lächeln ab. » Was liegt an?«
    Er reichte ihr sein Klemmbrett und sagte: » Die kleine Weaver ist noch immer hier. Was soll ich mit ihr machen?«
    Bei dem Gedanken an das zerbrechliche kleine Geschöpf in der Kühlung brach es Sara das Herz. Dottie Weaver hatte keine Veranlassung, für die Beerdigung des Babys zu sorgen, da Sara ihr gesagt hatte, dass es nicht Jennys war.
    » Dr. Linton?«, sagte Carlos.
    » Entschuldigung«, sagte Sara. » Was sagten Sie gleich?«
    » Ich fragte, was Sie mit den Leichen vorhaben.«
    Sara schüttelte den Kopf wegen des Plurals und vermutete, dass ihr etwas entgangen sein musste. Sie warf einen Blick auf die Liste und bemerkte, dass Jenny Weavers Name an oberster Stelle stand. Sara blätterte die Papiere durch und stellte fest, dass sie den Leichnam am Sonntag freigegeben hatten. Aber es gab vom Beerdigungsunternehmen kein Formular, in dem die Abholung bestätigt wurde.
    » Sie ist noch immer hier?«, fragte Sara.
    Carlos nickte und stemmte eine Hand in die Hüfte.
    » Wir haben auch keinen Anruf von Brock bekommen?«, fragte sie. Brock war der Beerdigungsunternehmer

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