Vergiss mein nicht
durch, hab ich gesagt.«
» Was ist Reinheit?«
Er tat, als würde er antworten, und Sara begriff zu spät, dass er sie damit nur ablenken wollte. Dann merkte sie, dass sie mit großer Kraft weggestoßen wurde. Sie stürzte und knallte mit dem Kopf auf den Fußboden.
» Sara!«, rief Molly und rannte zu ihr.
» Alles in Ordnung«, bekam Sara heraus und versuchte hochzukommen. Sie sah den Korridor hinunter und stellte fest, dass Lacey noch immer dort stand. Im selben Moment erblickte auch Mark seine Schwester.
» Lauf!«, forderte Sara sie auf. Lacey zögerte, schien aber zu begreifen, dass sie unbedingt wegmusste. Sie rannte zur Tür und riss sie auf.
» Dreckstück«, brüllte Mark und setzte ihr nach.
Ohne nachzudenken, streckte Sara den Arm aus und griff nach Marks Fuß. Er wollte ihn wegreißen, aber sie bekam sein Hosenbein zu fassen.
» Hiergeblieben«, sagte Sara. Sie war entschlossen, nicht loszulassen.
Zuerst schlug er mit der Faust auf ihre Hand, und als das nichts nützte, schlug er ihr ins Gesicht. Sara sah noch den roten Stein an seinem Ring aufblitzen, bevor sie der erste Schlag an der Stirn traf. Sie war so überrascht, dass sie augenblicklich losließ.
» O mein Gott«, flüsterte Molly, die Hand vor dem Mund.
» Mist«, fauchte Sara. Sie fasste sich an die Stirn und stellte fest, dass Mark sie an der Schläfe erwischt hatte. Sie sah das Blut an ihren Fingern, dachte aber sofort wieder an Lacey und raffte sich auf.
Molly wollte sie warnen. » Vielleicht sollten Sie lieber…«
Sara rannte hinter Mark und Lacey her. Über die Schulter rief sie: » Wo bleibt denn der verdammte Jeffrey?«
Draußen vor der Hintertür blieb sie stehen, um sich zu orientieren. Die Sonne brannte, und Sara legte die Hand über die Augen, um Lacey vielleicht zwischen den Bäumen hinter dem Gebäude auszumachen.
» Sind sie nach vorne gelaufen?«, fragte Molly und eilte auf die Seite der Klinik zu. Sara folgte ihr und prallte mit der Krankenschwester zusammen, als diese vor der Ecke ihr Tempo verlangsamte.
Molly zeigte auf die Straße: » Da ist sie.«
Sie rannten beide gleichzeitig los, aber Saras Schritte waren größer, und Molly blieb zurück. Auf der Straße herrschte normalerweise nicht viel Verkehr, aber um die Mittagszeit verließen viele Professoren und Studenten den Campus, um in die Stadt zu fahren. Sara sah Lacey auf die Straße laufen, dicht gefolgt von Mark, der aus Leibeskräften schrie.
Irgendwie schafften es beide, die Straße zu überqueren. Lacey rannte in Richtung See, und Sara nahm auf einmal wahr, dass eine weitere Person schemenhaft von der Seite auftauchte und Mark umrempelte. Als Molly und Sara die Straße überquert hatten, hockte Lena Adams wie eine Rodeoreiterin auf Marks Rücken, riss seine Arme nach hinten und legte ihm Handschellen an.
» Oh, Scheiße«, sagte Lena, als sie wieder auf die Straße sah.
Lacey war so weit weg, dass Sara sie nur noch an ihrem knallgelben Regenmantel erkennen konnte. Sie musste hilflos mit ansehen, wie ein alter schwarzer Wagen neben dem Mädchen anhielt und die Beifahrertür aufgestoßen wurde. Ein Arm fasste Lacey um die Taille und zog sie ins Innere.
Als sie aus dem Auto stieg, befühlte Sara den Verband an ihrer Stirn. Molly hatte die Wunde genäht und sämtliche Termine abgesagt, damit Sara sich etwas erholen konnte. Sara hatte Kopfschmerzen, schwitzte und war gereizt. Sie hätte genauso gut in der Klinik bleiben können, um ihre Patienten zu betreuen, aber die Wahl hatte Molly ihr gar nicht gelassen. Vielleicht hatte die Krankenschwester ja Recht. Immer wenn Sara an das denken musste, was in der Klinik geschehen war, bekam sie Herzschmerzen. Die Gewissheit, dass eines ihrer Kinder in Gefahr war und sie absolut nichts tun konnte, weckte in Sara den Wunsch, den Kopf an die Schulter ihrer Mutter zu legen und zu weinen.
» Mum?«, rief Sara und zog die Schuhe aus, als sie die Haustür hinter sich schloss. Es kam keine Antwort, und Sara ging nach hinten durch zur Küche, wo sie nochmals » Mum?« rief.
Noch immer kam keine Antwort, und Enttäuschung erfasste sie. Sie füllte ein Glas mit Leitungswasser und trank es Schluck für Schluck aus. Danach wischte sie sich mit dem Handrücken den Mund ab.
Sie schwang sich auf den Küchenhocker und griff zum Telefon, um Jeffreys Nummer zu wählen. Lena hatte Mark aufs Revier gebracht, bevor Sara sie hatte fragen können, wo Jeffrey steckte.
» Tolliver«, meldete er sich, und aus dem Widerhall seiner
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