den bösen Jungs, sprich den Taliban, Ausschau zu halten.
Es war eigenartig. Wir waren noch nie auf eine Patrouille gegangen, ohne dass auf uns geschossen worden war. Das war einfach niemals passiert. Ich meine, die Bewohner des Dorfes waren ziemlich freundlich… zumindest versuchten sie nicht allzu oft uns zu töten. Aber die bösen Jungs waren aktiv in der Gegend. Ich war angespannt und ich wusste, dass Roberts das auch war. Das waren wir alle.
Wir wurden für etwa fünfundvierzig Minuten im Dorf aufgehalten. Und während dieser fünfundvierzig Minuten waren die bösen Jungs da draußen. Sie platzierten eine Straßenbombe und einen Hinterhalt auf der direkten Route zwischen dem Dorf und unserem Camp.
Manchmal träume ich davon, wie wir im Dorf in Richtung des Camps losfahren. Ich weiß, dass etwas passieren wird und ich möchte Sergeant Colton anschreien, oder Sherman, oder Roberts, oder sogar mich selbst und ihnen sagen, dass wir in einen Hinterhalt geraten werden. Ich versuche alles, damit es nicht passiert, aber egal was ich auch mache, wir fahren trotzdem immer diese Straße entlang. Wir fahren diese Straße entlang, bis die Explosion hochgeht und mein engster Freund auf der Welt zerfetzt wird, sein Blut das Innere des Jeeps im wahrsten Sinne des Wortes überzieht, mein Bein von den Splittern zerrissen wird, und dann höre ich die Schüsse, während ich aus dem Jeep auf den Boden falle.
Ich kann mich nicht erinnern, ob ich geschrieen habe. Ich weiß nicht, ob ich einfach nur da saß und hoffte zu sterben, weil es meine Schuld war, dass wir überhaupt auf diese Patrouille geschickt worden waren.
Ich wollte sterben. Denn, wenn ich und meine dumme Impulsivität nicht gewesen wären, wäre Roberts noch am Leben. Wenn ich nicht gewesen wäre, hätten seine Eltern in Alabama ihn nicht wegen eines dummen Krieges in einem Land auf der anderen Seite der Welt begraben müssen.
Es war meine Schuld.
Alex schrieb mir, immer und immer wieder. Jeden Tag für die ersten eineinhalb Wochen oder so, elf tägliche Mails, die sie geschickt hatte während ich mit meinen Handlungen dafür gesorgt hatte, dass mein bester Freund getötet und ich selbst dann halb bewusstlos mit einem kaputten Bein nach Baghram und später nach Deutschland gebracht wurde.
Am zehnten Tag verlor sie die Geduld.
20. Februar 2012; 04:20 Uhr
An:
[email protected] Von:
[email protected] Dylan,
ich war die ganze Nacht wach und habe geweint und Kelly meinte es wäre Zeit, dich gehen zu lassen. Du brichst mir das Herz. Egal was ich jemals über dich gedacht habe, ich hätte niemals gedacht, dass Grausamkeit dazu gehört. Aber damit lag ich falsch. Du bist grausam und herzlos. Wenn ich nur wüsste, was ich getan habe. Ich bin fertig damit um dich zu weinen. Ich bin fertig damit, mich zu wundern wo du bist. Jeden Tag habe ich wie besessen die Zeitungen gelesen, auf der Suche nach Nachrichten, ob du verletzt wurdest. Ich habe die Gefallenenlisten durchsucht, hatte schreckliche Angst, dass du getötet worden sein könntest. Ich habe alles getan, was ich konnte.
Ich hoffe du findest einen Weg mit dem zu Leben, was du getan hast. Aber erwarte nicht, dass ich dir vergebe.
Alex
Oh Alex. Das habe ich nicht erwartet und das erwarte ich auch jetzt nicht. Wie könnte ich erwarten, dass sie mir vergibt, wo ich mir selbst nicht vergeben kann. Ich verdiente verdammt noch mal keine Vergebung. Ich habe ihr Herz gebrochen. Ich habe Roberts getötet und damit das Leben seiner Eltern zerstört. Als ich sie diesen Sommer besuchte, brachte ich es nicht fertig, ihnen die Wahrheit zu sagen. Ich sagte ihnen was für ein toller Freund er gewesen war, erzählte ihnen von den guten Zeiten, die wir zusammen verbracht hatten. Ich erzählte ihnen all die lustigen Geschichten. Ich trank ein Bier mit seinem Vater und wir weinten gemeinsam. Aber die Wahrheit habe ich ihnen nicht erzählt. Ich habe ihnen nicht gesagt, dass ich daran schuld bin, dass ihr Sohn tot ist.
Mein Leben ist für mich vorgeplant (Alex)
Wie immer war der JFK-Flughafen total überfüllt. Ich stand direkt außerhalb des Sicherheitsbereichs und wartete auf Carrie. Einerseits freute ich mich sie zu sehen, andererseits war ich misstrauisch, was ihre Motive für den Besuch anging. Warum misstrauisch? Weil ich vor drei Tagen während eines Gesprächs mit meiner Mutter erwähnt hatte, das ich wieder Kontakt mit Dylan hatte.
„Dylan? Ist das nicht der Junge, der dich damals besucht