Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vergissmichnicht

Vergissmichnicht

Titel: Vergissmichnicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva-Maria Bast
Vom Netzwerk:
befreien.
    »Stillhalten, Mädchen, du tust dir ja nur selber weh«, sagte Monja.
    »Hörrren Sie auf, mich zu duzen«, zischte Jolanda. »Nur, weil ich Putzfrau bin, brauchen Sie mich nicht so herablassend zu behandeln. Dazu Sie haben nicht das Recht.«
    »Oh, da ist ja jemand ganz schön jähzornig«, brummte Monja Grundel und zwang das junge Mädchen, sich auf einen der Plastikstühle am Vernehmungstisch zu setzen. »Hat Sie der Jähzorn auch gepackt, als Sie die arme alte Frau Meierle ermordet haben?«
    »Ich war das nicht, ich schwörrre«, versicherte Jolanda wieder.
    »Lassen Sie mich mal.« Ole, der von der Verhandlungstaktik seiner Kollegin rein gar nichts hielt, drängte sie beiseite und ignorierte ihr giftiges Schimpfen.
    »Leider spricht eine ganze Menge gegen Sie«, erläuterte er ruhig. Er setzte sich ihr nicht gegenüber, sondern lehnte sich an die Wand, verschränkte die Arme und sah die junge Frau mit den wilden schwarzen Locken und den blitzenden blauen Augen aufmerksam an. Sie war tatsächlich ziemlich aufgetakelt, da hatte Beate Gruber schon recht. Ihre Lippen waren feuerrot geschminkt, auf ihren Lidern schimmerte viel zu viel grellblauer Lidschatten und an den Ohren hingen riesige, billig wirkende Creolen. Ole ließ seinen Blick zu ihren Fingernägeln schweifen. Sie waren entsetzlich lang, vorne gerade geschnitten und mit allerlei Glitzer verziert. Wie man mit diesen Fingernägeln vernünftig arbeiten sollte, das wollte sich auch Ole nicht erschließen. Allerdings hatte er derartige Gebilde auch schon an den Händen von Sekretärinnen gesehen, die schließlich eine Computer-Tastatur bedienen mussten. Auch das ging anscheinend irgendwie. »Was spricht gegggen mich?«, riss Jolandas Stimme ihn aus seinen Betrachtungen. »Nun sagggen Sie schon? Sie können mich nicht hierher schleppen und dann nicht mit mir sprechen. Mich nur anglotzen!« Sie starrte Ole empört an.
    »Nun«, sagte Ole ruhig. »Da wäre zum einen Ihr falsches Alibi. Sie haben in der ersten Vernehmung gesagt, Sie seien – alleine – im Kino gewesen. Das haben wir Ihnen nach einem Blick ins Kinoprogramm zunächst geglaubt, aber aufgrund der neuen Informationen nochmals nachrecherchiert. Und: Pech für Sie, liebe Frau Noack, dass der Film gerade an jenem Abend wegen Problemen mit der Technik ausgefallen ist.«
    »Ich …« Jolanda blickte auf ihre langen Fingernägel und schien zu überlegen. Dann riss sie den Kopf ruckartig hoch und starrte Ole an. »Ich war bei meinem Freund.«
    »Ach! Und warum haben Sie das nicht gleich gesagt? Nachgeschobene Alibis haben wir hier nicht so gern, junges Fräulein«, mischte Monja Grundel sich wieder ins Gespräch.
    »Wir … Er hat Familie und er stehen in Öffentlichkeit. Niemand darf wissen von uns.« Jolanda sah Ole flehend an. »Bitte, sagen Sie ihm nicht, dass ich gesagt habe. Und sagen Sie seine Frau nichts. Und auch nicht Zeitung.«
    Sieh an, sieh an, dachte Ole. Dann hatte die Gruber also recht. So eine flotte Biene hätte ich dem biederen Häberle gar nicht zugetraut. Aber Macht macht ja bekanntlich sexy. Laut sagte er: »Wie sollte ich Ihrem Freund denn etwas sagen, wenn Sie mir noch gar nicht verraten haben, um wen es sich handelt? Was Sie freilich noch nachholen müssen. Wir brauchen den Namen und die Anschrift Ihres Freundes, damit wir das überprüfen können.«
    »Nein«, Jolanda schüttelte wild den Kopf. »Das sage ich nicht.«
    »Dann können wir dir auch nicht helfen, Mädchen«, pampte Monja Grundel. »Dann stehst du unter Mordverdacht.«
    Jolanda schluchzte auf, presste ihre Lippen aber fest aufeinander. Ole war beeindruckt, wie unbeirrbar sie hinter Häberle stand. Klar, dass der im Wahlkampf keinen Skandal brauchen konnte, ebenso wenig wie Gruber. Ole schüttelte langsam und nachdenklich den Kopf. Zwei OB-Kandidaten, die mit dem Mord in irgendeinem Zusammenhang standen. Das konnte doch fast kein Zufall sein. Was, wenn Häberle und Jolanda den Mord gemeinsam begangen hatten und den Verdacht bewusst auf seinen Gegenkandidaten lenkten? Was, wenn er Jolanda schon wesentlich länger kannte und sie sich damals bei den Grubers eingeschleust hatte, um im Wahlkampf gegen sie zu arbeiten und gewissermaßen als Spionin zu fungieren? Dazu passte die Verwandlung, der sich Jolanda laut Aussagen Frau Grubers erst in den letzten Wochen unterzogen hatte, zwar nicht ganz, die sprach eher dafür, dass Jolanda frisch verliebt war, aber das hatte nicht unbedingt was zu sagen. Frauen waren

Weitere Kostenlose Bücher