Verhängnisvoll - Felsing, K: Verhängnisvoll
hat?“
Nein! Eine Zusammenarbeit war unmöglich. Er wusste nicht, wie lange sein Panzer dem Beschuss standhielt, der Sinnlichkeit aus Reeses Augen als Dauerfeuer abschoss.
Dix kam ihm zu Hilfe. „Sie hat uns die Laborunterlagen ausgehändigt. Angeblich wurden die Blutproben in ihrem Beisein vernichtet. Eigentlich kann sie weiter nichts Ungewöhnliches herausgefunden haben.“
„Ist so etwas nicht unüblich?“ Max rieb sich die Stirn und blickte Simba, Dix, Wade und Neil der Reihe nach an.
„Keine Ahnung, aber wir haben im Vorfeld darum gebeten und sie hat einen Freund im Labor … naja, bestochen, würde ich sagen.“
„Euer Wort in Gottes Ohren.“
„Ich werde noch einmal vorsichtig nachhaken.“ Innerlich verkrampfte sich Simba bei diesen Worten. Es fiel ihm zunehmend schwerer, die Beherrschung zu wahren und das unterdrückte Toben seiner Gefühlswelt im Zaum zu halten.
Klar wollte er nicht auf Befriedigung seiner Bedürfnisse verzichten, auf Spaß, auf Sex. Das hatte er noch nie getan. Nur Emotionen mussten dabei tief vergraben bleiben. Er konnte es sich nicht erlauben, Frauen zu begegnen, die einen Vulkanausbruch wie bei einer tektonischen Plattenverschiebung auslösten. Erst recht durfte er sich nicht wissentlich dieser Gefahr aussetzen, die seit Tagen einen Namen bekommen hatte, der unaufhörlich seine Gedanken durchzog.
„Gut. Ich werde dem LAPD vorerst nicht mitteilen, dass wir jemanden auf den Chatroom-Killer angesetzt haben, damit sie nicht mitbekommen, wer unser Mann ist. Du darfst dich ab sofort Undercover-Agent nennen, Simba. Und was das CT-Kommando betrifft, hänge ich mich dahinter und wir entscheiden in Kürze, wie wir vorgehen. Alles klar, Jungs?“
Das Gebrumm als Zustimmung zu bezeichnen, erforderte Fantasie. Dennoch erhob niemand Widerspruch.
Es ist dunkel um ihn. Und kalt. Ben hat die Augen geöffnet und starrt in die Schwärze. Die Zimmerdecke kann er nicht ausmachen, und wenn er den Kopf in Richtung Fenster dreht, sieht er nur bedrohliche Schatten, die draußen vor dem Glas wippen. Es sind keine Monster, keine Gespenster und es ist auch nicht der schwarze Mann. All das weiß er, doch er verkriecht sich lieber noch weiter unter der Bettdecke. Schatten können ihm nichts tun, hat Sally versprochen, da war er acht. Seither ist ein Jahr vergangen, aber er fürchtet sich mehr als zuvor. Schon lange ist seine große Schwester nicht mehr zu ihm ins Bett gekrabbelt und hat ihn an sich gedrückt. Ihm den Rücken gestreichelt, bis er wieder einschlafen konnte. Manchmal ist es auch Dakota gewesen. Sie ist zwei Jahre älter als Sally, aber sie hat ihn noch nie so lieb gehabt. Seit sie vierzehn geworden ist, schminkt sie sich, und als Ben einmal vor ihr stand und meinte, sie sähe aus wie eine Nutte, hat sie ihm eine gescheuert. Er ist mit dem Kopf gegen die Wand geknallt. Dabei wollte er ihr nur ein richtig schönes Kompliment machen.
In der Schule tuscheln die Jungs ständig über Nutten. Eine heißt Farrah und geht in seine Klasse. Sie ist die tollste der Nutten, alle himmeln sie an.
Die Nutte würde ich gern mal knutschen
. Oder:
Die Nutte sieht einfach nur geil aus. Wag es nicht, der Nutte anzubieten, ihre Tasche nach Hause zu tragen, das mache ich
. Ben kennt keinen Jungen, der Farrah nicht klasse findet. Meist steht er nur am Rande ihrer Gruppe und ist froh, wenn sie ihn nicht davonjagen. Er kann noch nicht mitsprechen und von seinem ersten Kuss erzählen wie die meisten anderen. Sie ignorieren seine Anwesenheit, dafür kommen sie an, wenn sie ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben. Auf dem Klo oder im Schulbus geht seine Arbeit von Hand zu Hand und sie kritzeln die Matheaufgaben in ihre Hefte.
Dakota spricht seit der Ohrfeige kaum mehr mit ihm. Schon viel zu lange will auch Sally nichts mehr von ihm wissen. Erst gestern Nacht hat er geweint, weil die Balken im Dunkeln so geknarrt haben und der Wind draußen heulte. Eine Spinne ist über seine Bettdecke gerannt, beinahe über seinen nackten Arm. Er hat kurz geschrien, und dann geweint. Licht darf er nicht anmachen, das kostet zu viel Geld. Dad hat verboten, das Lämpchen auf dem Nachttisch die ganze Nacht brennen zu lassen. Irgendwann hat Sally ihn gehört. Sie ist in sein Zimmer gekommen und hat ihn angeschnauzt.
„Hör endlich auf zu flennen und spiel kein Baby. Kannst du nicht endlich erwachsen werden?“
Sie ist sofort wieder hinausgerauscht.
„Sally“
, hat er ihr hinterhergerufen, aber sie hat es nicht beachtet. Und
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