Verhängnisvolle Sehnsucht (German Edition)
ging auf, was er gesagt hatte. »Gehören Sie nicht zur Feuerwehr oder den Rettungskräften?«
Ein kurzes Zögern, dann drang seine Stimme durch die Dunkelheit zu ihr. »Nein.«
Am liebsten hätte sie gefragt, warum er dann hier war, aber sie wollte nicht undankbar erscheinen oder ihn verärgern. »Danke, dass Sie die Gefahr auf sich genommen haben, um mir zu helfen. Kennen wir uns?«
Wieder zögerte er. »Gerne, und nein, wir kennen uns nicht.«
Warum hatte sie das Gefühl, dass er log? Und vor allem, welchen Grund konnte er dafür haben? Aber auch das war egal, solange er sie nur hier herausbrachte. Das Licht war inzwischen verschwunden, und für einen winzigen Moment war sie sicher, dass er sie allein gelassen hatte. Sofort setzte die Panik wieder ein, die durch seine Anwesenheit ein wenig gedämpft worden war. Sie schob ihre Hand durch den Spalt und tastete nach ihm. Als sie nichts außer Schutt ertastete, zog sich ihre Kehle zusammen, und sie rang nach Luft. Ein Wimmern entfuhr ihr, und sie presste ihre andere Hand über ihren Mund.
»Alyssa? Alles in Ordnung?«
Seine Stimme legte sich wie Balsam über ihre Nerven, und sie schloss die Augen, um ihre Tränen zurückzuhalten. Die Erleichterung ließ ihren gesamten Körper beben.
Eine warme Hand legte sich über ihre. »Alyssa?«
»E…es g…geht schon. Ich m…möchte nur h…hier raus.«
»Das kann ich verstehen. Sie müssen nur noch ein wenig durchhalten, die Feuerwehr muss das Gebäude erst sichern, bevor sie jemanden reinschicken. Aber ich bleibe bei Ihnen.« Sein Daumen rieb beruhigend über ihren Handrücken.
»Aber ist das nicht f…furchtbar gefährlich für Sie? Warum tun Sie das für eine Fremde?« Sowie die Worte heraus waren, wollte sie sie zurücknehmen. Es war dumm, ihn darauf hinzuweisen, dass er keinen Vorteil davon hatte, bei ihr zu bleiben. Wenn er sie jetzt verließ …
»Ich kann die Gefahr abschätzen und möchte, dass Sie weiterleben. Außerdem weiß ich, wie schwer es ist, in einer solchen Situation auf Hilfe warten zu müssen.«
Seine Stimme klang gepresst, und sie hatte das Gefühl, dass er tatsächlich wusste, wovon er sprach. Ob er etwas Ähnliches erlebt hatte? Ein Bild erschien vor ihren Augen, das ihren Atem stocken ließ. Konnte es wirklich Kyle sein? Alyssa schloss die Augen und erinnerte sich daran, wie er sie auf dem Bibliotheksbasar angesprochen hatte. Sie hatte gerade einen Stapel Bücher im Arm, als von hinten seine Stimme kam. »Miss Thomas?« Die Stimme war tief und rau, genau wie die ihres Retters.
Wie schon so oft zuvor fragte sie sich, was passiert wäre, wenn sie ihm nicht die Bücher auf den Fuß hätte fallen lassen. Vielleicht hätte er mehr gesagt als nur diese zwei Wörter, und es hätte der Beginn einer Freundschaft sein können. Bis heute wusste sie nicht, warum er sie damals angesprochen hatte, aber sie konnte ihn jetzt schlecht fragen, denn er wollte offenbar nicht, dass sie erfuhr, wer er war. Allerdings konnte sie sich nicht erklären, warum er das tun sollte. Er hatte sich extra die Mühe gemacht und vor allem die Gefahr auf sich genommen, zu ihr in ein eingestürztes Haus zu kriechen, also konnte sie ihm nicht völlig egal sein.
»Geht es Ihnen gut?«
Rau umschmeichelte seine Stimme ihren Körper, und Alyssa fühlte, wie sie sich langsam entspannte – soweit das in dieser Situation überhaupt möglich war. »Halb…wegs.«
»Sind Sie verletzt?« Diesmal klang die Stimme näher und besorgt.
War sie verletzt? Sie hatte keine Ahnung. Einen Moment horchte sie in sich hinein, konnte aber nichts feststellen. Aber das war kein Wunder, bei dem Adrenalin, das durch ihren Körper floss. »Ich weiß es nicht.«
Kyles Finger berührten ihre Schulter. »Haben Sie irgendwo Schmerzen?«
Auch das wusste sie nicht. Oder anders gesagt, es taten ihr so viele Stellen weh, dass sie gar nicht wusste, wo sie anfangen sollte. »Ja.«
Seine Finger glitten an ihrem Arm hinunter. »Wo?«
Ein Beben lief durch ihren Körper, was allerdings mehr an seiner Berührung lag. »Überall.«
Seine Hand schloss sich fester um ihren Arm. »Können Sie das näher eingrenzen?«
»N…nein.«
Einen Moment lang schwieg Kyle, dann atmete er tief durch. »Okay, probieren wir es anders. Können Sie sämtliche Gliedmaßen frei bewegen, oder sind Sie irgendwo eingeklemmt?«
Diverse schmerzhafte Stellen meldeten sich, als sie vorsichtig ihre Arme und Beine bewegte. Als sie damit fertig war, ging ihr Atem keuchend. »Ich kann alles
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