Verhängnisvolle Sehnsucht (German Edition)
Soweit ich weiß, habe ich mir nie Feinde gemacht. Außerdem konnte der Täter ja nicht wissen, dass ich genau in dem Moment in den Laden kommen würde.«
Sam zog einen Block hervor und stützte die Ellbogen auf seine Beine. »Hatten Sie einen Termin bei Carrie wegen der Anprobe?«
»Keinen festen. Carrie hatte mich angerufen, dass die Lieferung angekommen ist, und ich hatte ihr gesagt, dass ich in der Mittagspause vorbeikomme.« Hitze stieg in ihre Wangen.
Sam notierte etwas. »Also war das sehr kurzfristig?«
»Ja. Wie sollte der Täter in so kurzer Zeit die Sprengsätze so exakt anbringen?« Ihr kam ein Gedanke. »Und wie ist er überhaupt dort reingekommen? Carrie wohnt – wohnte – doch über dem Laden.«
Sam schnitt eine Grimasse. »Das ist auch eine Frage, die wir noch klären müssen. Aber ich gehe davon aus, dass die Sprengsätze bereits einige Tage vorher dort deponiert worden sind.«
Kyle mischte sich ein. »Warum denkst du, dass Alyssa das Ziel gewesen sein könnte?«
»Sie war die Einzige im Laden. Kurz vor dem Einsturz ist Carrie aus dem Gebäude gegangen.«
Alyssa setzte sich auf, ihr Herz klopfte schneller. »Da war ein Mann, ein Tourist, der sie nach dem Weg gefragt hat, wenn ich das richtig verstanden habe.«
Sam blickte sie scharf an. »Haben Sie ihn gesehen?«
»Nein, ich war … äh … nicht vollständig bekleidet und bin in der Umkleidekabine geblieben.« In Kyles Augen konnte sie sehen, dass er genau wusste, was sie angehabt hatte, und vermutlich hatte auch Sam gesehen, dass sie nur mit Kyles T-Shirt bekleidet aus den Trümmern geborgen wurde.
»Carrie hat berichtet, dass der Mann sie nach dem Weg zum Postamt gefragt hat und dass er sie, als sie ihm den erklärt hatte, in ein Gespräch verwickeln wollte. Sie hat versucht, ihn höflich loszuwerden, aber er war sehr hartnäckig.« Sam rieb über seinen Nacken. »Nach dem Einsturz war er verschwunden, wir haben nicht herausbekommen, woher er kam und wohin er wollte. Was ganz harmlose Gründe haben kann – eben wenn er ein Tourist war und weitergefahren ist –, oder es war eine Finte, um Carrie aus dem Geschäft herauszubekommen.«
»Vielleicht wusste er dann gar nichts davon, dass sich noch ein Kunde darin befand.«
Sam schüttelte schon den Kopf, bevor Kyle geendet hatte. »Carrie hat ihm gleich am Anfang gesagt, dass sie den Laden nicht verlassen kann, weil sie eine Kundin hat. Entweder hat er es in Kauf genommen, dass jemand verletzt oder getötet wird, oder genau das war von vornherein seine Absicht, und er wollte nur nicht, dass noch jemand anders zu Schaden kommt. Ich gehe von Letzterem aus.«
Kyle blickte ihn scharf an. »Was hast du uns noch nicht gesagt? Du wärst mit alldem nicht zu mir gekommen, sondern gleich zu Alyssa gegangen.«
Sam stieß einen tiefen Seufzer aus. »Du hättest mein Angebot annehmen sollen, auf Polizist umzuschulen.«
»Sam.« Es war nur ein Grollen.
»Wir haben mit Carries Hilfe ein Phantombild des Touristen angefertigt.« Er zog ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus seiner Jackentasche und strich es sorgfältig glatt, bevor er es Alyssa reichte. »Haben Sie ihn schon mal gesehen?«
Alyssa betrachtete den gut aussehenden Mann eine Weile und schüttelte dann den Kopf. »Nein, ich glaube nicht. Er kommt mir zwar vage vertraut vor, aber das kann eigentlich nicht sein.«
Kyle nahm ihr das Blatt aus der Hand und stieß einen Fluch aus. Seine Finger zerknitterten das Papier, so fest hielt er es umklammert. »Das kann nicht sein.«
Mit einem schlechten Gefühl im Magen blickte Alyssa ihn an. »Kennst du ihn?«
»Er hat Ähnlichkeit mit meinem Cousin Sean. Ich habe ihn allerdings seit Jahren nicht gesehen.« Er wandte sich an Sam. »Du weißt, dass Sean nicht mehr hier war, seit sein Vater meinem Vater alle Anteile an der Firma verkauft hat. Das ist jetzt sicher schon zehn Jahre her.«
»Das dachte ich bisher auch, aber anscheinend war er letzte Woche hier und hat sich als Tourist ausgegeben, dabei kennt er sich besser aus als Carrie, nachdem er hier zur Schule gegangen ist und später seine Urlaube bei euch verbracht hat.« Sam holte ein weiteres Papier aus seiner Tasche. »Ich habe seinen Namen in unsere Datenbank eingegeben und ein Foto von ihm gefunden.« Er reichte es Kyle. »Carrie hat ihn identifiziert.«
Auf dem Bild hatte er einen wilden Ausdruck in den Augen, seine Haare waren zerzaust, und er war unrasiert. Ein Muskel zuckte in Kyles Wange. »Was hat er getan?«
»Nur ein minder
Weitere Kostenlose Bücher