Verhängnisvolle Verlockung - Jordan, N: Verhängnisvolle Verlockung - To romance a charming rogue / Courtship-Wars 4
Ball. Ah, da ist er ja! Möchten Sie es ihm lieber selbst erzählen?«
Eleanor erschrak, als sie Damon durch den belebten Ballsaal auf sie zukommen sah.
Nachdem ein Diener gerufen war, der beide Punschbecher fortbrachte, stand Geary auf und verbeugte sich. »Wenn Sie mich entschuldigen wollen, Mylady, kehre ich zu den Damen zurück, die ich als Gönnerinnen für mein Hospital werben möchte.«
Eleanor nickte abwesend und nahm kaum wahr, dass der Arzt ging, weil ihre gesamte Aufmerksamkeit auf Damon fixiert war. Als er schließlich bei ihr war, sah sie nachdenklich zu ihm auf.
»Erzähl mir nicht, ich hätte dich überrascht, Liebes«, raunte er trocken.
»Hast du«, erwiderte sie. »Ich nahm an, dass du den Ball verlassen hast.«
»Ich konnte noch nicht gehen. Geary kam mit mir in meiner Kutsche her, und ich muss ihn nach Hause fahren.«
Als Eleanor hinuntersah, entdeckte sie, dass Damon klobige, schlichte braune Lederschuhe trug, die einen kuriosen Kontrast zu seiner ansonsten eleganten, teuren Abendgarderobe darstellten.
»Ich habe sie einem Diener abgekauft«, erklärte er. »Sie kneifen ein wenig, aber in der Not darf man nicht wählerisch sein.« Anders als sie erwartet hätte, schien er eher amüsiert als wütend.
»Möchtest du mir keine Vorwürfe wegen des Streiches machen, den ich dir spielte?«
»Nein.« Damon setzte sich neben sie. »Um die Wahrheit zu sagen, habe ich entschieden, dass deine List möglicherweise gerechtfertigt war. Ich hätte mich nicht in deine Versuche einmischen dürfen, eine Romanze mit dem Prinzen zu entfachen. Dennoch gefiel mir nicht, dich zu sehen, wie du ihn küsstest.«
Seine Bemerkung überraschte Eleanor sogar noch mehr als die Neuigkeiten von Damons Philanthropie, deshalb beäugte sie ihn misstrauisch. Es ähnelte ihm nicht, leicht nachzugeben. Andererseits schien sie ihn nicht annähernd so gut zu kennen, wie sie geglaubt hatte.
»Mr Geary erzählte mir, womit du dich während der letzten beiden Jahre in Italien beschäftigt hast.«
Auf einmal saß Damon wie versteinert da. »Und was sagte er?«
»Dass du dich sehr erfolgreich Schwindsüchtiger
angenommen hast, weil dein Bruder an der Krankheit starb.«
Seine Miene war befremdlich verschlossen, und ohne etwas zu sagen, wandte Damon das Gesicht von ihr ab und blickte in die Menge der Tanzenden.
»Warum hast du mir nie etwas davon gesagt?«, fragte Eleanor.
Er zuckte mit den Schultern. »Was gibt es da zu sagen?«
»Ich hätte dich wohl kaum für den unbekümmerten, rücksichtslosen Lebemann gehalten, den du mich in dir sehen ließest.«
Damons Miene blieb gänzlich ungerührt, als trüge er eine Maske. Und seine Stimme klang eisig, als er fragte: »Ist es denn von Bedeutung, was du von mir hältst, nachdem wir nicht mehr verlobt sind und du meinen Antrag unlängst ablehntest?«
»Nein, ist es vermutlich nicht. Aber dein Mitgefühl ist äußerst bewundernswert.«
Nun zuckten seine Mundwinkel. »Mein Bemühen hatte wenig mit Mitgefühl zu tun. Ich handelte aus Zorn.«
»Warum Zorn?«
»Weil er besser ist als in jämmerlichem Kummer zu versinken. Ein Sanatorium zu bauen, war meine Art, das Schicksal zumindest im kleinen Maßstab zu kontrollieren.«
»Du konntest deinen Bruder nicht retten, deshalb fasstest du den Entschluss, andere zu retten?«
»Ja, ungefähr so könnte man es ausdrücken.«
Eleanor schwieg und fragte sich, ob Damon seine Trauer jemals angenommen hatte. Was sie bezweifelte. Sie stellte sich vor, welchen Kummer er durchlitten
hatte, wie allein er sich gefühlt haben musste, als er den Bruder und dann beide Eltern verlor. Er war ganz allein auf der Welt gewesen. Sie hatte wenigstens noch ihren Bruder Marcus gehabt, der all die Jahre ihre Einsamkeit linderte.
»Es tut mir leid, dass ich deine Schuhe gestohlen habe«, sagte sie leise. »Ich habe sie im Musikzimmer versteckt, hinter den Vorhängen des ersten Fensters, falls du sie dir wiederholen willst.«
Offenbar durchschaute Damon ihren Versuch. »Ich will dein Mitleid nicht, Elle«, sagte er hart.
»Es ist kein Mitleid sondern Mitgefühl. Ich kann mir deinen Kummer nur ausmalen, wenn ich mir vorstelle, ich würde Marcus verlieren.«
Obwohl seine Miene versteinert blieb, war da für einen flüchtigen Moment etwas Verwundbares.
»Es ist schlimm ohne Joshua, nicht wahr?«
Endlich sah er sie wieder an, doch es war ein strenger, abweisender Blick. »Du scheinst vergessen zu haben, wo wir uns befinden, meine Liebe«, erinnerte er sie
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