Verhängnisvolles Spiel
Mensch, viel zu nett für eine Frau wie Audrey
.
Cara setzte sich neben ihn, ohne ihn zu berühren.
“Patrice ist eine Schlange.” Sie bemühte sich, trotz ihrer brennenden Wut die Stimme ruhig zu halten. “Bitte sei bei ihr ganz besonders vorsichtig.”
“Sie wollte nur nett sein.” Grays Stimme brach. “Sie weiß, wie sehr ich Audrey liebe, wie verzweifelt ich mir wünsche, dass es ihr gut geht.”
Cara legte eine Hand auf Grays Rücken, achtete aber darauf, dass die Berührung sanft und schwesterlich ausfiel. “Und was, wenn Audrey nicht zurückkommt? Du musst dich dieser Möglichkeit stellen. Wir alle müssen das.”
Gray hob den Kopf, dann stieß er ein gequältes Stöhnen aus. “Du glaubst, dass sie tot ist, nicht wahr?”
“Ich halte es für möglich. Diese Frau vorhin hat gelogen. Das weiß ich einfach. Audrey würde niemals eine Doppelgängerin engagieren. Und nachdem diese Frau Bobby Jack Cash kennt, ist es sehr wahrscheinlich, dass die beiden zusammen …” Cara brach effektvoll ab. Gray sollte denken, dass sie bei der Vorstellung, Audrey könnte tot sein, genauso verzweifelt war wie er. “Ich kann den Gedanken nicht ertragen.”
“Ich habe alles getan, was in meiner Macht steht, um sie glücklich zu machen.” Gray seufzte niedergeschlagen.
Cara tätschelte seinen Rücken. “Ich weiß. Niemand hätte ihr ein besserer Ehemann sein können. Audrey brauchte aber einfach etwas anderes. Sie war niemals zufrieden, nicht einmal, als wir noch Kinder waren. Immer wollte sie das, was sie nicht haben konnte.”
Gray sah sie an. “Für zwei Schwestern seid ihr beide sehr unterschiedlich.”
Caras Hand auf seinem Rücken hielt inne. Wenn irgendjemand außer ihrem Vater das zu ihr sagte – dass sie und Audrey so verschieden waren –, fasste sie die Worte als Kompliment auf. Bei Gray jedoch war sie sich nicht ganz sicher.
“Wir hatten ja auch verschiedene Mütter. Ich schätze, das ist ein Grund für …”
“Gott, ich wünschte mir so sehr, dass sie dir ähnlicher wäre.” Gray vergrub das Gesicht in den Händen.
“Wie bitte?” Hatte sie ihn richtig verstanden, oder spielten ihre Ohren verrückt? Hörte sie einfach nur, was sie so gern hören wollte?
“Du … du wünschst dir, dass Audrey mehr wie ich wäre?”
Gray nahm die Hände von seinem müden Gesicht und sah zu Cara auf. “Wenn ich mich nur in dich statt in Audrey verliebt hätte, dann wäre mein Leben ganz anders verlaufen.”
Von schierem Glück überwältigt, konnte Cara ihre Gefühle kaum im Zaum halten. Sie wollte Gray umarmen und küssen und ihm ihre Liebe gestehen. Aber das war weder der richtige Moment noch der richtige Ort. Noch war er nicht so weit zu erfahren, wie unsterblich verliebt sie in ihn war. Sie ließ ihre Hand weiter reglos auf seinem Rücken ruhen, während sie ihm die andere zärtlich an die Wange legte. Und da saßen sie in Edward Bedells Haus und sahen einander einen atemberaubenden Moment lang an. Schließlich stand Gray auf, durchquerte das Zimmer, blieb am Fenster stehen und seufzte auf.
“Bitte, versteh mich nicht falsch”, sagte er mit dem Rücken zu ihr. “Ich liebe Audrey. Ich bin schon seit ewigen Zeiten ganz vernarrt in sie. Aber wir haben uns gegenseitig so unglücklich gemacht. Wenn sie mich nur richtig geliebt hätte. Wenn ich ihr jemals gut genug gewesen wäre.”
Cara wollte zu ihm laufen, ihn trösten und beruhigen.
Noch nicht, riet ihr eine innere Stimme. Es ist noch zu früh. Wenn wir ganz sicher wissen, dass Audrey niemals zurückkehrt, dann wird Gray mir gehören. Mir allein.
Dom parkte vor dem Fast-Food-Restaurant in East Brainerd, wo er sich mit Bain Desmond verabredet hatte. Er konnte die negativen Schwingungen von Lausannes trostloser kleiner Wohnung einfach nicht abschütteln. Nachdem er sie in West Palm Beach in piekfeinen Klamotten kennengelernt hatte, konnte er kaum glauben, wie sie lebte, wenn sie sich nicht als reiche Erbin ausgab. Allerdings war ihm nicht klar, ob diese ärmlichen Verhältnisse einen Mord wahrscheinlicher machten oder nicht.
Als er im Restaurant seine Bestellung abgegeben hatte, blickte er auf die Uhr. Halb drei. Wie es aussah, würde der Detective sich verspäten. Er nahm sein Tablett, schnappte sich einen Strohhalm und eine Handvoll Servietten, dann setzte er sich an einen Tisch am Fenster. Auf dem Spielplatz davor tobten lachend und kreischend ein paar Kinder im Vorschulalter. Dom hatte einen zwölfjährigen Neffen und eine neun Jahre alte
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