Verhängnisvolles Spiel
Pulli und eilte zur Tür.
Sie würde sich einen Anwalt aussuchen und ihn anrufen – später. Alles zu seiner Zeit. Zunächst musste sie mit dem Bus zum Einkaufen fahren, ihr Kühlschrank war leer. Außerdem wollte sie eine Zeitung kaufen und sich die Stellenangebote ansehen. Denn noch dringender als einen Anwalt brauchte sie einen Job.
8. KAPITEL
J etzt war der richtige Zeitpunkt, einen Schritt auf Gray zuzugehen, dessen war Cara sich sicher. Er war einsam und verletzlich, machte sich große Sorgen um Audrey und fühlte sich schrecklich hintergangen. Bisher hatte sie ihre Gefühle immer für sich behalten, hatte sich nicht in Grays Ehe eingemischt, sich niemals anders verhalten, als es sich für eine Schwägerin gehörte. Doch dieses Mal war Audrey verschwunden und würde vielleicht niemals zurückkehren.
Wünschte sie sich, dass Audrey tot war? Ja und nein. Wenn es eine andere Möglichkeit gab, Gray endlich von seiner Fixierung auf Audrey zu heilen, umso besser. Aber wenn sie ganz ehrlich zu sich selbst war, musste sie sich eingestehen, dass Gray Audrey immer wieder verzeihen würde, egal wie oft sie mit einem anderen Mann wegrannte. Gray würde Audrey niemals verlassen, um mit einer anderen Frau glücklich zu werden.
Sie betrachtete sich in dem großen Spiegel im Flur und stöhnte auf. Selbst in Bestform würde sie niemals auch nur annährend so attraktiv sein wie ihre ältere Schwester, nie so schlank, so schön und verführerisch. Doch dafür hatte sie andere Qualitäten. Sie war treu und liebevoll und loyal und …
Sie liebte Gray mehr, als Audrey ihn jemals geliebt hatte, mehr, als irgendeine andere Frau ihn jemals lieben konnte. Er war ihre Sonne und ihr Mond und ihre Sterne. Der Anfang und das Ende der Welt.
Cara streckte eine zitternde Hand nach dem kristallenen Türgriff aus. Bevor sie vor etwa zwanzig Minuten ihren Vater mit Gray im Wohnzimmer zurückgelassen hatte, hatte sie ihm das Versprechen abgenommen, zum Mittagessen zu bleiben.
“Du musst jetzt bei der Familie sein”, hatte sie gesagt. “Bei den Menschen, die Audrey lieben.” Das war nicht direkt eine Lüge. Ihr Vater liebte Audrey auf seine eigene Weise, und sie auch. Sie liebte ihre Schwester mindestens so sehr, wie sie sie hasste.
Nachdem sie ein paarmal tief ein- und ausgeatmet hatte, umschloss sie den Griff und öffnete vorsichtig die Tür. Dann setzte sie einen freundlichen Gesichtsausdruck auf, betrat das Zimmer und blieb wie angewurzelt stehen. Ihre fürchterliche Stiefmutter schlang gerade den Arm um Grays Hüfte und küsste ihn auf die Wange.
“Was ist hier verdammt noch mal los?”, rief Cara.
Gray zuckte zusammen, als wäre er angeschossen worden, riss sich aus Patrices Umarmung und blickte Cara mit leicht gerötetem Gesicht an.
“Wir haben dich gar nicht kommen hören.” Patrice schenkte Cara ein hochmütiges und zufriedenes Grinsen.
“Patrice wollte mich nur trösten”, verkündete Gray mit Unschuldsmiene.
Und Cara glaubte ihm. Wollte ihm glauben. Musste ihm glauben. Aber wenn hier jemand Gray tröste, dann sie selbst. Und nicht dieses Flittchen von einer Stiefmutter.
“Solltest du nicht besser mit Cook über das Essen sprechen?” Cara warf Patrice einen verächtlichen Blick zu. “Sie muss doch wissen, dass Gray heute mit uns zu Mittag und zu Abend isst.”
Gray, der hilflos und ein wenig verwirrt wie ein kleines Kind wirkte, murmelte: “Cara, ich sollte mich euch nicht aufdrängen …”
“Sei nicht albern. Du bist hier immer willkommen. Du gehörst zur Familie, daran wird sich nie etwas ändern, egal, was … was mit Audrey geschehen ist.”
Patrice straffte die Schultern, um ihre teuren Silikonbrüste besser zur Geltung zu bringen, lächelte Gray an, sprach aber mit Cara. “Ich dachte natürlich, dass du Cook schon selbst Bescheid gegeben hast. Ich weiß doch, wie erpicht du darauf bist, Gray so lange wie möglich bei uns zu behalten.”
“Ich würde niemals meine Grenzen überschreiten”, sagte Cara. “Bei eurer Hochzeit hat Daddy mir erklärt, dass du künftig die Dame des Haues bist und alle ehefraulichen Pflichten übernimmst.”
Patrices Lächeln erlosch. “Dann werde ich jetzt mit Cook sprechen. Du möchtest bestimmt gern mit Gray allein sein … um ihn zu trösten.”
Als Patrice das Zimmer verlassen hatte, warf Gray sich auf das Sofa, legte die Arme auf die Schenkel, ließ die Hände zwischen die Knie fallen und den Kopf sinken.
Armer, lieber Gray. So ein sanfter, feinfühliger
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