Verheißene Erde
auch durch die Diskussionen in Vrymeer viel über dieses Land.
Aber natürlich fuhr er nicht auf die Farm, um sich über Südafrika zu informieren; er war in Sannie van Doorn verliebt und hatte Grund zu der Annahme, daß auch sie sich für ihn interessierte. Nach drei Monaten nahm sie, mit dem Einverständnis ihrer Eltern, seine Einladung an, die Diamantengruben zu besuchen. Anschließend wollten sie zwei Tage in den Krüger-Nationalpark fahren, um das Großwild zu beobachten. Im Lager fragte sie: »Philip, was tun Sie eigentlich?« Er zeigte ihr, wo sie Spuren von Diamanten gefunden hatten, und als sie sah, wie winzig diese Splitter waren, sagte sie erstaunt: »Aber die sind doch gar nichts wert!« Und er erklärte: »Es sind Hinweise, und Diamantenfachleute in der ganzen Welt sind begeistert, weil wir sie gefunden haben.«
»Hinweise worauf?« fragte sie, und er hielt ihr einen Vortrag über Diamanten. Sie verstand nur das Wesentliche, aber als er seine Erklärungen mit einem groben Diagramm veranschaulichte, begriff sie, was er meinte. »Das ist der Swartstroom, der Bach, den wir erforschen. Er hat Diamanten angespült; also wissen wir, daß sie existieren. Die Frage ist: >Woher kamen sie?< Denn wir wissen, daß sie nicht aus diesem Bach stammen. Er hat sie nur hierher gebracht. Aber von wo? Dieser Flußarm ist der Krokodilspruit. Dort suchen wir, wenn wir hier fertig sind. Vielleicht wurden sie durch diesen Wasserlauf nach unten gebracht. Wir werden überall suchen.«
»Wonach?«
»Nach dem Schlot. Ich verbringe mein Leben damit, nach Schloten zu suchen.«
»Und was ist das?«
»Vor ungefähr einer Milliarde Jahren, vielleicht eine oder zwei Millionen mehr oder weniger, hat sich hundertzwanzig
Meilen tief unten, irgendwo hier in der Nähe, eine Art von unterirdischem Höhlensystem entwickelt. Wir kennen seine charakteristischen Eigenschaften genau: zwölfhundert Grad Celsius, der Druck ist zweiundsechzigtausendmal größer als hier an der Oberfläche. In dieser Umgebung, und nur dort, verwandelt sich Kohlenstoff in Diamanten. Unter gewissen Bedingungen wird dieser Kohlenstoff dort unten zu Kohle; unter anderen zu Graphit. Unter den bei uns gegebenen wird er zu Diamanten.«
»Aber was ist ein Schlot?«
»Die Diamanten bilden sich in einer Art von bläulich-grünem Gestein, und wenn es soweit ist, wird dieses Gestein durch hundertzwanzig Meilen dazwischenliegendes Material nach oben gequetscht und bricht aus wie ein Vulkan.«
»Ich weiß noch immer nicht, was ein Schlot ist.«
»Der Kanal, den es auf seinem Weg nach oben zurückläßt. Er ist mit diesem Gestein und manchmal auch mit Diamanten gefüllt. Wir nennen dieses Gestein Kimberlit, nach der Stadt Kimberley. Und meine Aufgabe ist es, diesen Schlot zu finden, der mit Kimberlit gefüllt ist und Diamanten enthält.«
»Was meinen Sie, wo er sein könnte?« fragte Sannie, und er sagte: »Dieses Jahr quäle ich mich nur mit zwei Fragen herum: >Wird Sannie van Doorn mich heiraten?< und >Wo zum Teufel ist der Schlot, der diese Diamantenfragmente produziert hat?<«
»Wo könnte er sein?«
Er kehrte zu seinem Diagramm zurück und sagte: »Sie können sehen, daß er nicht unten bei Chrissiesmeer sein kann. Die Berge würden diesen Fluß daran hindern, hierher zu fließen. Das Gebiet liegt zu weit nördlich. Drüben in Vrymeer kann er auch nicht sein, wegen der zwei kleinen Hügel.« Er unterbrach sich verlegen.
»Sie meinen Sannies Titten?« fragte sie sittsam.
»Ihr verdammten Afrikander geht mit Wörtern reichlich sorglos um. Fahren wir lieber hinüber in den Krüger-Park.«
Am Ende des ersten langen Tages bei den Tieren machten sie an einem Campingplatz halt, dessen Verwalter routinemäßig fragte: »Eine Rundhütte?« Sannie sagte prompt: »Zwei, bitte.«
So schliefen sie also in dieser Nacht getrennt. Am nächsten Tag kamen sie zu einer Lichtung, auf der sich etwa siebzig Giraffen im Schatten ausruhten; zwei von ihnen waren zu Liebesspielen aufgelegt. Die großen, linkisch wirkenden Tiere, die durch eine Laune der Natur aus längst vergangenen Zeiten erhalten geblieben sind, standen einander unter den Bäumen gegenüber und schlangen ihre Hälse langsam und zärtlich umeinander. Dieses Liebesritual der Giraffen ist ein in der Natur einmaliges Schauspiel. Während die beiden zusahen, rückte Sannie immer näher, und nachdem die Tiere ihre reizvolle Vorstellung beendet hatten, setzten sie und Philip das Spiel fort, streichelten und küßten sich,
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