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Verheißene Erde

Verheißene Erde

Titel: Verheißene Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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als die in den Vereinigten Staaten«, sagte er einmal zu ihr, als sie auf einer vollkommen glatten Straße über das Veld dahinfuhren. Am meisten gefielen ihm die kleinen Städte mit den öffentlichen Plätzen, den niedrigen weißen Häusern und den Jakarandabäumen. Er lernte noch ein Dutzend anderer blühender Bäume kennen, deren Namen ihm fremd waren: »Das ist das Land der Blumen!« Und von allen, die er sah, gefiel ihm die Protea am besten. »Ihr müßt ja hundert Arten davon haben!«
    »Ich glaube, es sind noch mehr.«
    Sie konnten diese Ausflüge dank des Zeitplans bei den Grabungen unternehmen: drei Wochen von früh bis abends, dann eine Woche Urlaub. Als er wieder einmal frei hatte, sagte sie: »Ich kenne da ein interessantes Dorf, das du unbedingt sehen mußt.« Als er die Landkarte herausholte, sagte sie: »Du wirst es als Tulbagh verzeichnet finden, aber wir bezeichnen es mit seinem alten Namen, Kirchenstraße-im-Land-von-Waveren.«
    »Was für ein entzückender Name!« sagte er, und sie fuhren zwei Tage lang bis zu einer Enklave zwischen hohen Hügeln, wo dieser beachtliche Verkehrsknotenpunkt, einer der schönsten der Welt, in einem engen Tal lag. Er war schon 1700 gegründet worden, als ein Reihendorf mit einer Kirche an einem Ende, einer etwa 800 Meter davon entfernten Pfarre und etwa fünfzehn Häusern dazwischen. Im Lauf der Jahrhunderte schienen sich die niedrigen Häuser an den Erdboden zu schmiegen, und man hätte sich an den Ort nur als verhallendes Echo aus vergangenen Zeiten erinnert, wenn nicht am 29. September 1969 ein Erdbeben die Gegend erschüttert, einige der Häuser zerstört und alle anderen beschädigt hätte. »Und da geschah es«, erzählte Sannie, »daß sich einige energische Leute, darunter auch Vater, zusammentaten und sagten: >Das ist eine Gelegenheit, die Straße wieder so herzurichten, wie sie im Jahr 1750 aussah<, und ob du es glaubst oder nicht, Philip, genau das taten sie auch.« Als sie sich dem Dorf näherten, sah Philip eine Kirche von strenger Schönheit und, in einiger Entfernung, ein stattliches Pfarrhaus; was ihm aber am besten gefiel, war die Reihe grell weiß getünchter Häuser, ohne kitschige Verzierungen, die alle so aussahen wie vor zwei Jahrhunderten. Es war, als hätte ein Zauberer seinen Stab geschwungen und eine längst entschwundene Lebensweise wiederhergestellt. Sie blieben über Nacht in einem der Häuser, deren Besitzer darüber entsetzt waren, daß Sannie mit einem Mann reiste, mit dem sie nicht verheiratet war: »Was hätte Ihre Großmutter Maria Steyn dazu gesagt?« Die Frau besaß Zeitungsausschnitte über Marias berühmten Wortwechsel wegen der nackten Statue in Pretoria, und Philip lachte über einige Erklärungen, die die alte Dame abgegeben hatte: »Wenn die Israeliten die Statuen eines goldenen Kalbs zerstören konnten, können wir Frauen Südafrikas diese Statue einer nackten Frau zerstören.« Sie hatte auch einer Zeitung erklärt: »Ein nackter Mann ist nicht viel besser als eine nackte Frau, aber man kann ihn leichter herrichten.«
    »Die Zeiten ändern sich«, sagte Sannie, aber die Frau wollte das Paar nicht im selben Zimmer schlafen lassen. Spät nachts versuchte Philip, in Sannies Zimmer zu gelangen, mußte aber feststellen, daß in der Diele Eimer aufgestellt worden waren. Er verursachte einen schrecklichen Lärm, worauf der Hausherr mit einer Taschenlampe herauskam, um sich zu vergewissern, daß er in sein Zimmer zurückkehrte.
    Als sie gleich nach dem Frühstück nach Norden weiterfuhren, sagte er: »Sannie, wir müssen heiraten. Ich kann fast überall in der Welt einen guten Posten bekommen, und ich brauche dich.« Aber sie vertröstete ihn wieder. Er nahm an, daß sie ihre Heimat zu sehr liebte, um sie zu verlassen, und er mußte zugeben, daß es auf seine großartige, rauhe Art ein herrliches, einmaliges Land war. Aber ein aufmerksamer Reisender mußte drei große Probleme erkennen: »Sannie, als Geologe sehe ich, daß ein großer Teil eures Landes Wüste ist, und den alten Landkarten nach scheint sie sich nach Osten auszubreiten.«
    »Du hast recht«, gab sie zu.
    Und ob auf dem Land oder in den kleinen Städten, überall wurde ihm immer stärker bewußt, daß Weiße und Schwarze in zwei völlig verschiedenen Welten lebten. Es handelte sich um eine ständige, allgemeine und streng gehandhabte Trennung. Philip war keineswegs ein Liberaler; von seiner Tätigkeit als Ingenieur wußte er, daß eine Trennung manchmal ratsam war:

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