Verheißene Erde
Erregung geriet. Nun steckte er das Papier wieder ein und tat so, als nähme er eine Kamera heraus, um die Brandschäden zu fotografieren. Daraufhin kam der Polizist herbeigelaufen. »Das dürfen sie nicht, Sir«, rief er auf englisch mit starkem Akzent. »Ich habe doch nichts getan.« Philip zeigte seine leeren Hände her. »Sie wollten ein Foto machen. Das ist verboten.«
»Nein, Sir«, sagte Philip sehr höflich. »Ich bin Architekt. Ich wollte nur die Proportionen abmessen.« Und er bildete mit Daumen und Fingern einen Rahmen.
»Das ist erlaubt«, sagte der Polizist.
»Was geht denn hier vor?« fragte Laura, die mit einem Silbertablett erschien, auf dem ein Teeservice stand.
»Tut mir schrecklich leid«, entschuldigte sich Philip mehr dem Polizisten als Laura gegenüber. »Ich benahm mich dumm. Der gute Mann fürchtete, ich hätte eine Kamera. Tut mir wirklich leid, Sir.« Laura flüsterte er zu: »Ich tat es absichtlich, um ihn zu erschrecken.«
»Das finde ich gut. Aber wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, daß wir lachen. Er kann sehr unangenehm werden, wenn er will.«
»Warum die Aufregung über den Fotoapparat?«
»Wenn ich geächtet bin, ist es auch mein Haus - deshalb auch die Bombenanschläge.« Sie unterbrach sich jäh und bat Philip, sich zu ihr zu setzen, und als er das wundervolle Silberservice betrachtete, wäre er fast in Tränen ausgebrochen. Es zeugte von dem alten Erbe dieses Volkes, und zum erstenmal im Leben fühlte er sich als Engländer.
»Jetzt erzählen Sie mir«, fragte sie fröhlich, »wie kam ein ehrbarer Saltwood in ein Land von Geächteten wie Amerika?« Sie lachte. »Soviel ich sagen kann, gab es vor langer Zeit einen abtrünnigen Bruder. Ihr Engländer seid groß im Hervorbringen abtrünniger Brüder.«
»Es wimmelt von ihnen in den Wäldern.«
»Etwa zu der Zeit, als euer Familienzweig hierher kam, landete der unsere in Amerika, und er muß sehr bescheiden gewesen sein. Massachusetts, Ohio, Indiana, Michigan. Wenn Sie sich die Landkarte vorstellen können, sind das Etappen auf dem Weg nach dem Westen. Meine Familie war dauernd in Bewegung.«
»Wegen des Sheriffs?«
»Ich glaube schon. Ich setzte die Tradition fort. Colorado, Texas.«
»Sie sind ein richtiger Amerikaner. Sagen Sie, waren Sie jemals in Salisbury? Die alte Domstadt westlich von London? Nein? Also, Sie müssen sie besuchen. Die Saltwoods besitzen dort ein sehr altes Haus, bei dem die Dachziegel verkehrt herum liegen oder so ähnlich. Wirklich wunderbar, wissen Sie, mit einem Fluß vor der Tür und einer Kathedrale jenseits der Wiese.«
»Dieses Silbergeschirr.«
»Ein Hochzeitsgeschenk aus Salisbury. Mein Mann und ich nannten dieses Haus Neu-Sarum nach dem kleinen Hügel, auf dem die Parlamentsmitglieder gewählt wurden. Wissen Sie davon? Nun, wir werden später darüber sprechen. Wir haben gern Gäste empfangen und hatten viele Dienstboten. In früheren Zeiten hatten die Weißen in diesem Land immer viele Dienstboten. Und es war mein Stolz, fünf vollständige Teeservice aus Silber zu besitzen.«
»Warum?«
»Weil wir unseren Gästen gern am Morgen Tee im Bett servierten. Um Punkt sieben liefen nackte Füße durch die Halle. Fünf Diener, fünf Teeservice. Sie klopf t en an die Tür, >Tee, Baase.« Sie zählte sorgfältig die einzelnen Teile auf: »Tee hier drin, heißes Wasser hier drin, Toast auf dem silbernen Toastständer, Zucker, Sahne, Zitrone, ein süßes
Brötchen.« Plötzlich erhob sie sich, ging ins Haus und kam kurz darauf mit vier silbernen Teekannen zurück, die sie auch auf das Tablett stellte.
»Die waren mein ganzer Stolz. Ich wollte mich an Salisbury und den Tee im Schatten der Kathedrale erinnern, und sie machten es mir möglich. Ich wollte aber auch ernsthaft in Afrika tätig sein. Deshalb war ich Mitbegründerin der >Schwarzen Schärpe< und hielt die entsprechenden Reden, und nun bin ich geächtet. Auf Lebenszeit, nehme ich an.«
Philip wagte nicht zu sprechen. Er starrte die fünf glänzenden Teekannen an und spürte, wie eine Unzahl wirrer Gedanken durch seinen Kopf jagten, von denen er keinen aussprechen wollte. Endlich fragte er: »Wie machen Sie es, daß die verdammten Dinger so glänzen?«
Ihre Antwort war seltsam: »Wissen Sie, was mir am meisten fehlt? Nicht die Versammlungen, bei denen die Leute doch immer wieder das gleiche sagen. Und auch nicht die Freundschaften, denn Leute wie Sie kommen oft hier vorbei. Aber das Bowling fehlt mir. Das ist ein wunderbares
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