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Verheißene Erde

Verheißene Erde

Titel: Verheißene Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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einem Tisch saß, auf dem wieder eine von den großen, in Messing gebundenen holländischen Bibeln lag.
    »Herr Willem, ich wurde informiert, daß Ihnen das kleine Malakkamädchen den Kopf verdreht hat.«
    »Nicht verdreht, Sir, hoffe ich.«
    »Und Sie verhalten sich, als wäre sie Ihre Frau.«
    »Das glaube ich ganz gewiß nicht, Sir.«
    »Ihre Mutter hat Ihren Schutz meinen Händen anvertraut, Herr Willem, und als Ihr Vater halte ich es für angebracht, Sie zu fragen, ob Sie das Buch Genesis gelesen haben?«
    »Ich kenne das Buch, Sir.«
    »Aber haben Sie es in der letzten Zeit gelesen?« fragte der Kapitän, und damit schlug er das schwere Buch auf einer mit einem Palmenzweig markierten Seite auf und las aus dem 24. Kapitel den Schwur, den Abraham seinem Sohn Isaak auferlegte, als es diesen nach einer Frau gelüstete:
    .und schwöre mir bei dem Herrn, dem Gott des Himmels und der Erde, daß du meinem Sohn kein Weib nehmest von den Töchtern der Kanaaniter. sondern daß du ziehest in mein Vaterland und zu meiner Freundschaft und nehmest meinem Sohn Isaak ein Weib.
    Langsam wendete der Kapitän die Seiten, bis er zur nächsten Stelle kam, die durch ein Blatt bezeichnet war. Er legte beide Hände auf die Seiten und sagte bedeutungsvoll: »Und als Isaak ein alter Mann war und seinem Vater Abraham gehorcht hatte, was sagte er, als sein Sohn Jakob eine Frau wollte?«
    Dramatisch hob er seine Hände hoch und wies mit einem dicken Finger auf eine aufschlußreiche Zeile:
    Und Isaak rief Jakob und segnete ihn
    und schärfte ihm ein:
    Neemt geene vrowe van de dochteren Kanaans.
    Als Willem die strenge Vorschrift sah, fühlte er sich genötigt, dem Kapitän zu versichern, daß er keine ernsten Absichten mit dem Mädchen habe, aber der ältere Mann ließ sich nicht ablenken: »Wo kann ein holländischer Herr eine Frau finden? Das war ein Problem auf Java und wird bald auch eines am Kap sein.«
    »Ja, wo?« wiederholte Willem.
    »Gott hat dieses Problem vorausgesehen, wie er alles voraussieht.« Mit einer schwungvollen Geste blätterte er die Pergamentseiten zurück zum ersten Text und wies mit dem linken Zeigefinger darauf. »Geh zurück in dein Land und habe Geduld. Gib dich nicht mit eingeborenen Frauen ab wie diese Idioten auf Java.« Er zeigte nach unten zum Deck und fügte hinzu: »Und nicht mit Sklavinnen.«
    »Soll ich ewig warten?.«
    »Nein, denn wenn du mit deinen Sklaven am Kap aussteigst, wird diese Flotte nach Holland weiterfahren. In Amsterdam werde ich deinen Bruder Karel beauftragen, unter den Frauen Hollands eine für dich zu finden, so wie Isaak und Jakob in der Heimat ihre Frauen fanden. Ich werde sie dir hierherbringen.«
    Willem war nicht begeistert davon, daß andere sein Leben lenken sollten, und zog sich zurück. Der Kapitän klappte das große Buch zu und legte die Hände darauf. »Es sagt dir genau, was du hier tun sollst. Gehorche dem Wort des Herrn.«
    Der Besuch bei dem Kapitän änderte gar nichts. Willem behielt das Sklavenmädchen weiter in seiner Kajüte, und sie war es, die der Bibel gehorchte, denn sie sang weiter wie Deborah und wuchs ihm immer mehr ans Herz. Dann, eines Nachmittags, als die Ostküste Afrikas näher kam, saß Deborah auf dem unteren Deck und summte ein altes Lied vor sich hin. Als Willem herankam, brach sie mittendrin ab und sagte: »Ich bekomme ein Kind.« Mit großer Zärtlichkeit zog er sie hoch, küßte sie und fragte auf javanisch: »Bist du sicher?«
    »Nicht sicher«, sagte sie leise, »aber ich glaube es.«
    Sie hatte recht. Eines Morgens erhob sie sich von Willems Bett, fühlte sich schwach und sank nieder aufs Deck, wo sie sitzenblieb. Sie wollte Willem gerade eröffnen, daß sie ihrer Schwangerschaft nun sicher war, als der Beobachter auf der Mastspitze rief: »Tafelberg!« Alle Mann kamen heraus, um den herrlichen Anblick zu genießen.
    Willem war überwältigt, als er den großen, flachen Berg klar im Sonnenlicht sah, denn er war das Symbol seiner Sehnsucht. Jahre waren vergangen, seit er ihn verlassen hatte, und er konnte sich vorstellen, welch gewaltige Veränderungen sich an seinem Fuß ereignet hatten. An sie dachte er, als Deborah zu ihm trat.
    Da sie sah, welchen Zauber dieser Berg auf ihn ausübte, sagte sie nichts, sondern summte nur leise und flüsterte dann und wann einige Worte. Als er sie bemerkte, legte sie ihre kleine braune Hand auf seinen rechten Arm und sagte: »Wir werden ein Baby haben.« Der Berg, die Höhle und die nicht wahrnehmbare Zukunft

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