Verheißenes Land
Tage später«, sagte Nathan Palmer. »Auf der Prärie hat es in letzter Zeit viel geregnet. Das ist zwar gut für den Graswuchs, macht aber den Boden weich und lässt die Flüsse und Bäche anschwellen. Beides erschwert unser Fortkommen. Genaueres weiß ich aber erst, wenn Jeremiah Fennmore wieder hier ist. Er sieht sich gerade dort draußen um und dürfte in wenigen Tagen zurück sein, um einen Lagebericht abzugeben.«
Die beiden Familien beschlossen, sich auf der Stelle bei ihm anzumelden und die zehn Dollar Gebühr für sich und jedes ihrer älteren Kinder zu entrichten. Der Eintrag der einzelnen Namen in das Kassenbuch sowie das Ausstellen von acht Quittungen dauerten einige Zeit.
Éanna und ihre Freunde nutzten diese Minuten, um rasch zu besprechen, ob sie sich ebenfalls sofort bei Nathan Palmer einschreiben und ihre zehn Dollar zahlen wollten. Sie brauchten nicht lange, um sich zu entscheiden. Alle waren dafür, es nicht auf die lange Bank zu schieben, sondern sich jetzt gleich einen Platz in Palmers Wagenzug zu sichern. Dass gerade wieder drei andere Interessierte hinter ihnen ins Zelt traten, machte ihnen den Entschluss leicht.
So setzten sie wenig später ebenfalls ihre Unterschriften ins Kassenbuch, zählten vierzig Dollar auf den Tisch, ließen sich ihre Belege ausstellen und nahmen von jedem Stoß vier Blätter. Darauf waren allgemeine Informationen sowie Listen mit der wichtigsten Ausrüstung und dem nötigen Proviant gedruckt. Wie sie den fetten Überschriften entnahmen, durften sie sich von nun an Overlander nennen, denn so hießen die Teilnehmer eines Wagentrecks nach Oregon oder Kalifornien.
Draußen vor dem Zelt umarmten sie sich freudestrahlend und gratulierten sich gegenseitig, den letzten entscheidenden Schritt getan und sich bei Nathan Palmer eingeschrieben zu haben.
Gedämpft wurde ihre Freude allerdings, als sie sich abseits vom Zelt auf die Kante eines Wassertroges setzten und die Listen studierten.
»Um Himmels willen«, stöhnte Éanna. »Hört euch mal an, was wir alles kaufen müssen: 50 Pfund Getreidemehl, 50 Pfund Maismehl, 50 Pfund Cracker, Zwieback oder Schwarzbrot, 50 Pfund Schinken, 25 Pfund Speck, 10 Pfund Butter, 5 Pfund Dörrfleisch, 20 Pfund Kaffee, 30 Pfund Zucker, 5 Pfund Reis, 5 Pfund Bohnen, 5 Pfund Käse und noch einiges mehr.« Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: »Und das sind die Rationen für eine einzige Person, angeblich das äußerste Minimum, was man für die Reise haben muss!«
»Heiliges Kanonenrohr, das müssen ja mehrere Hundert Pfund Proviant pro Kopf sein!«, stieß Brendan ungläubig hervor.
»Es sind genau 280 Pfund«, sagte Éanna, denn die Gesamtsumme war unter dem Strich angegeben. »Davon könnte man in Irland ein ganzes Dorf monatelang durchbringen.«
Emily nickte. »Ich fürchte fast, unser Geld reicht nicht für alles, was auf dieser Liste steht. Wir werden wohl oder übel auf einiges davon verzichten müssen.«
»Das wird wohl nötig sein«, meinte Liam, der sich das Blatt vorgenommen hatte, auf dem die empfohlene Ausrüstung aufgeführt war. »Diese Liste hier ist auch nicht ohne.« Und dann begann er vorzulesen, was jeder Overlander in seinem persönlichen Gepäck mitführen sollte: »2 blaue oder rote Oberhemden aus Flanell, vorn offen und mit Knöpfen, 2 wollene Unterhemden, 2 Paar dick wollene Unterhosen, 4 Paar Wollsocken, 2 Paar Baumwollsocken, 4 farbige Taschentücher, 2 Paar feste Schuhe oder 1 Paar Stiefel, 3 Handtücher, 1 wetterfester Poncho, 1 breitkrempiger Hut aus weichem Filz, 1 Kamm und 1 Bürste, 2 Zahnbürsten, 1 Pfund ergiebiger Seife, 3 Pfund Seife für Kleiderwäsche, 1 Gürtelmesser, 1 Wetzstein zum Schärfen, einen reichlichen Vorrat an Nadel und Flick. . .«
»Genug, Liam«, fiel Brendan ihm ins Wort. »Mein Gott, diese Listen nehmen ja überhaupt kein Ende. Mir wird ganz schwindelig, wenn ich daran denke, was das wohl kosten wird!«
»Und hier ist auch noch eine dritte Liste mit all den Dingen, die zum Wagen gehören: Zugtiere, Ersatzachsen, Werkzeug, Seile, regenfeste Zeltplanen, Zaumzeug, Joche für Ochsen und so weiter und so weiter«, sagte Emily sichtlich bestürzt.
»Ganz abgesehen davon, dass unser Geld niemals für all das Zeug reichen wird: Es wird eine höllische Arbeit sein, mit diesen Listen durch die Stadt zu ziehen, überall die Preise zu vergleichen und dann zu entscheiden, was wir uns leisten können«, seufzte Brendan.
»Gott sei Dank, dass wir dafür noch mindestens eine Woche Zeit
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