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Verheißenes Land

Verheißenes Land

Titel: Verheißenes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Britt Harper
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keiner der Männer auf den Handel einlassen würde. Doch die aufsteigende Verzweiflung trieb ihn zu einem letzten Versuch.
    »Ich sagte Euch doch, dass Euch mein Verleger bestätigen wird …«
    »Jetzt habe ich aber endgültig genug von deinem dummen Geschwätz, Bursche«, fiel ihm der Stationsvorsteher wütend ins Wort. »Ein Wechsel über hundert Dollar für zehn, zwölf Dollar in bar? Du hältst mich wohl für einen ausgesprochenen Dummkopf! Kein Mensch, der einigermaßen bei Trost ist, würde auf solch einen Schwindel hereinfallen. Ich werde dir zeigen, was wir hier von Gaunern wie dir halten!« Damit fuhren seine Hände unter den Tresen und kamen mit einer Schrotflinte wieder zum Vorschein, die er direkt auf Patrick richtete.
    Erschrocken wich dieser zurück. »In Gottes Namen, tut nichts Unüberlegtes«, stieß er hervor und hob die Hände hoch. »Ihr hättet das Blut eines Unschuldigen an Euren Händen!«
    Bei seinen panischen Worten lachten die beiden Geschäftsleute schallend auf und klatschten Beifall.
    »So ist es richtig!«, feuerte der eine den Stationsvorsteher an. »Brenn dem Kerl ruhig eine Ladung Schrot auf den Pelz. Das wird ihm eine Lehre sein, sich sein Brot in Zukunft gefälligst auf ehrbare Weise zu verdienen!«
    »Aber bitte nicht hier«, wandte der andere eiligst ein und sprang von der Bank hoch. »Deine alte Flinte streut doch wie verrückt. Nicht dass wir etwas abbekommen.«
    Der Stationsvorsteher bedachte den Einwand, nickte und brüllte Patrick an. »Los, raus mit dir!«
    Dieser ließ sich das nicht zweimal sagen und stürzte voll Panik aus dem Bahnhofsschuppen.
    Der Stationsvorsteher folgte ihm mit der Flinte in den Händen, setzte die Waffe an die Schulter – und drückte ab.
    Zu Tode erschrocken zuckte Patrick bei dem lauten Krachen zusammen und spürte schon fast den brennenden Einschlag der Schrotkugeln. Doch die Ladung ging hoch über seinen Kopf hinweg, prasselte in die Baumkronen des Vorplatzes und fetzte frisches Blattgrün von den Ästen.
    »Lass dich hier bloß nie wieder blicken!«, schrie ihm der Stationsvorsteher nach. »Das nächste Mal kommst du nicht so glimpflich davon, das schwöre ich dir!«
    Angsterfüllt und gedemütigt rannte Patrick davon, um so schnell wie möglich die Bahnstation hinter sich zu lassen und wieder auf die staubige Landstraße zu kommen. Tränen ohnmächtigen Zorns schossen ihm in die Augen und Hoffnungslosigkeit stieg in ihm auf.
    Das Telegramm war seine letzte Chance gewesen. Wie sollte er es jetzt noch schaffen, rechtzeitig in New York einzutreffen?

Achtes Kapitel
    Am nächsten Morgen waren Éanna und ihre Freunde schon früh auf den Beinen, denn sie konnten es kaum erwarten, endlich Nathan Palmer zu treffen und alle wichtigen Auskünfte über die bevorstehende Reise zu erhalten.
    Nach einer schnellen Wäsche gönnten sie sich in einer Garküche einen Becher mit schwarzem Kaffee und eine dicke Scheibe Brot, die ihnen der Straßenkoch mit gerösteten Speckstreifen belegte. Gestärkt von ihrem Frühstück machten sie sich dann auf die Suche nach dem Treckführer, dessen Zeitungsanzeige ihnen vor Monaten zufällig in die Hände gefallen war.
    Zunächst waren sie ratlos, wo in dieser vor Geschäftigkeit wimmelnden Stadt sie beginnen sollten. Die meisten Menschen waren wie sie auf der Durchreise und kannten sich kaum besser aus. Doch die Freunde hatten Glück. Schon nach kurzer Zeit stießen sie auf jemanden, der mit dem Namen etwas anzufangen wusste. Er wies ihnen den Weg zu Nathan Palmers altem Armeezelt, das er am Rande von Independence auf freiem Feld aufgeschlagen hatte.
    Allerdings waren sie nicht die Ersten, die sich hier einfanden. Dutzende aufgeregte Menschen drängten sich in dem Zelt, um Erkundigungen über den Wagenzug einzuholen und sich in die Liste der Teilnehmer einzuschreiben. Obwohl das Armeezelt einst Schlafplätze für zehn, vielleicht auch zwölf Soldaten geboten hatte, ging es darin sehr eng zu. Das lag nicht nur an den vielen Neugierigen, sondern auch daran, dass der Innenraum mit mehreren Kisten, einem riesigen Fernrohr, einem offenen Kasten mit langen Papierrollen sowie einem großen Feldtisch vollgestellt war. Hinter diesem Tisch saß Nathan Palmer und antwortete auf die Fragen, die ihm von den Männern und Frauen gestellt wurden. Vor ihm lagen ein dickes Kassenbuch und daneben mehrere Stapel mit Handzetteln, die er hatte drucken lassen.
    Der einstige Landvermesser mochte etwa fünfzig Jahre alt sein und war eine imposante

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