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Verheißung Der Nacht

Verheißung Der Nacht

Titel: Verheißung Der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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haben, als nachzudenken, hier zu sitzen, wo man sie finden könnte, um sich zu beklagen oder sie anzuklagen, war unerträglich.
    Cammie ent schloss sich, dass es an der Zeit war, ihrem Tagesablauf wieder eine gewisse Regelmäßigkeit zu geben. Sie hatte den Antiquitätenladen sträflich vernachlässigt. Es war unfair, Wen so lange allein arbeiten zu lassen. Sie holte einen weiten Rock aus grasgrünem Twill aus ihrem Schrank, dazu einen passenden Pullover, dann zog sie sich an.
    Cammie verbrachte den Morgen im Laden, sie half mit, die neuesten Errungenschaften aus der Auflösung eines Herrenhauses auszupacken. Es war eine ganze Menge unnützer Kram dabei, rostige Silberplatten, Drucke aus Möbelgeschäften, in fleckigen, vergoldeten Rahmen, Kisten mit alten Büchern, aus denen bei jeder Berührung Silberfische herauskrochen, eine Sammlung Salz- und Pfefferstreuer in Form von Tieren aus dem Bauernhof. Aber es gab auch einige Rockingham- und Majolika-Töpferwaren, ein Limoges-Porzellanservice und Rosenholzmöbel aus den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, die noch immer ihre ursprüngliche Polsterung aus Seidenbrokat hatten.
    Die schmutzige Arbeit und die Beschäftigung mit anderen Dingen, ganz zu schweigen von Wens bissigen Kommentaren darüber, was die Leute heutzutage alles aufhoben, besserte Cammies Laune zusehends. Sie fühlte sich schon wieder halbwegs normal, als es Zeit zum Mittagessen war.
    Wen war in die Küche im hinteren Teil des Ladens gegangen, um die selbstgemachte Gemüsesuppe aufzuwärmen, Cammie blieb mit einer Kundin im Laden zurück. Sie packte gerade einen Britannia-Kerzenhalter ein, den die Kundin gekauft hatte, als die Türglocke läutete.
    Die schlanke Gestalt und das dünne blonde Haar der Frau, die den Laden betrat, erkannte Cammie sofort. Keiths Freundin, Evie Prentice, lächelte ihr ein wenig angespannt zu, doch sie kam nicht näher. Sie ging statt dessen zu einer Gruppe alter Teddybären hinüber, nahm einen davon hoch, streichelte ihn sanft und hielt ihn gegen ihren hoch gewölbten Leib unter dem übergroßen T-Shirt. Als sie ihn zurücklegte, waren ihre Augen feucht.
    Cammie bediente die Kundin weiter, und als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, ging sie langsam zu Evie hinüber. Sie sah die dunklen Schatten unter ihren Augen. »Wie geht es Ihnen, Evie?« fragte sie leise.
    »Gut, ganz gut.« Evies Lächeln war eine Spur zu strahlend.
    »Ich habe Sie auf der Beerdigung vermißt.«
    Das Lächeln verschwand von dem Gesicht des Mädchens. »So etwas ist doch nur für die Familie. Ich kenne Ed, von dem Beerdigungsinstitut. Er hat mich reingelassen, nachdem die anderen alle gegangen waren. Ich habe mich von Keith verabschiedet, und das war ... die Hauptsache.«
    »Und das Baby? Fühlen Sie sich gut?«
    »Ja, aber ... ich habe Ihren Wagen vor der Tür gesehen, und Sie waren beim letzten Mal so nett zu mir. Da dachte ich ...«
    Cammie legte für einen Augenblick ihre Hand auf die des Mädchens. »Also stimmt doch etwas nicht, ich dachte es mir schon. Vielleicht möchten Sie sich hinsetzen. Kommen Sie hier herüber, und dann erzählen Sie mir alles.«
    In einer Ecke des Ladens stand eine bunt gemischte Gruppe alter Stühle um einen Kanonenofen mit einer verchromten Verzierung. Heute brannte kein Feuer in dem Ofen, aber in der Ecke war es ruhig, und niemand störte sie hier. Cammie deutete auf einen Schaukelstuhl, während sie sich in einen Lehnstuhl setzte.
    »Ich denke, so ungefähr alles stimmt nicht«, meinte Evie, nachdem sie in dem Schaukelstuhl saß. Sie sah Cammie an, doch dann wandte sie schnell den Blick ab, und eine leichte Röte stieg in ihre blassen Wangen. »Ich will ja nicht schlecht über Keith reden, wirklich nicht. Ich habe ihn geliebt, und ich ... ich glaube, ich wäre gut gewesen für ihn. Aber er hat mich in einem ziemlichen Durcheinander zurückgelassen.«
    »Wie soll ich das verstehen?« Cammie versuchte, so ermutigend zu klingen, wie es ihr nur möglich war.
    »Nun, er hat die Rechnungen für mein Wohnmobil bezahlt und auch für Strom und Wasser, er hat die Lebensmittel gekauft. Er wollte, dass ich meinen Job aufgab, also habe ich kein anderes Geld gehabt als das, was er mir gegeben hat. Mir hat das nicht gefallen, bei meinen anderen Freunden, die ich hatte, habe ich immer noch gearbeitet und war deshalb auch unabhängig, verstehen Sie? Es waren nicht sehr viele Freunde, die ich hatte, nur einer oder zwei. Aber Keiths Scheidung stand vor der Tür, und ihm

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