Verheißung Der Nacht
anrufen soll, damit er dir etwas zur Beruhigung verschreibt, Pillen oder so?«
Sie schüttelte den K opf. »Es geht mir gut, wirklich.«
»Ich könnte auch Wen anrufen. Sie wird sicher gern kommen, um dich nach Hause zu bringen; sie wird auch bei dir bleiben, wenn du es möchtest.« Lächelnd fügte er dann noch hinzu: »Sie würde sicher liebend gern alles aus erster Hand hören.«
»Du kannst sie anrufen und sie bitten, sich um Tante Sara zu kümmern. Die braucht sie sicher nötiger als ich.«
Er drückte ihre Hand und ließ sie dann wieder los. »Wie du willst. Aber mach keine Dummheiten, wie zum Beispiel, allein in dein großes Haus zurückzugehen. Du bist ein verdammt tapferes Mädchen, und ich ziehe den Hut vor dir, aber alles hat seine Grenzen.«
»Mach dir keine Sorgen um Cammie«, meinte Reid, der plötzlich an der Tür erschien. »Ich werde mich um sie kümmern.«
Der Sheriff sah ihn einen Augenblick prüfend an, dann nickte er. »Dann ist also alles in Ordnung. Wenn einem von euch beiden noch etwas Wichtiges einfällt, was ich vielleicht wissen sollte, dann sagt mir Bescheid.«
Es dauerte noch eine halbe Stunde, ehe die Ambulanz den Toten abtransportiert hatte und alles wieder in Ordnung gebracht worden war. Schließlich startete auch der Hubschrauber wieder und verschwand dann hinter den Bäumen. Die Rücklichter der Polizeiwagen wurden immer kleiner in der Ferne. Reid schloss die Tür und verriegelte sie hinter sich.
Er wandte sich zu Cammie um, die noch immer im Flur stand. Er ging in die Küche, holte eine Flasche Brandy und zwei Kaffeetassen und goß in jede Tasse einen großzügigen Schluck. Dann füllte er die Tassen mit heißem Kaffee aus der Kaffeemaschine auf, die in den letzten beiden Stunden beinahe ununterbrochen gelaufen war.
Cammie folgte ihm und sah ihm zu, wie er die beiden Tassen auf den Tisch stellte. Noch immer hatte es den Anschein, als sei er unverwundbar. Ihre Hoffnung schwand.
Schließlich blickte er auf, seine Augen hatten einen unerbittlichen Ausdruck. »Also gut«, meinte er. »Ich weiß, dass da noch etwas ist, was dich beschäftigt, etwas, was du Bud nicht gesagt hast.«
»Einige Dinge«, stimmte sie ihm vorsichtig zu.
»Raus damit.« Er zog einen Stuhl für sie heran und bedeutete ihr mit einer Handbewegung, sich zu setzen.
»Ich glaube nicht, dass jetzt der richtige Zeitpunkt dafür ist«, wehrte sie leise ab.
»Jetzt oder nie. Komm schon, sag es mir und bring es hinter dich.«
Cammie hörte den Schmerz unter seinem etwas rauhen Ton. Sie kehrte ihm den Rücken zu, ging durch den Flur in sein Büro und holte den alten, verblichenen Hefter. Dann kam sie in die Küche zurück, setzte sich und legte ihn vor sich auf den Tisch.
Reid machte ein Geräusch, das halb Lachen und halb Stöhnen war. »Ich hätte es wissen müssen.«
» Dass ich dies hier finden würde oder dass ich es irgendwann doch einmal erfahre?«
»Beides und natürlich zur unpassendsten Zeit.« Er sah müde aus, aber dennoch versöhnlich.
»Und wann wäre der passende Zeitpunkt gewesen?« fragte sie so höflich, wie es ihr möglich war.
»Wenn ich auf der anderen Seite der Welt wäre.«
Sie hatte es gewusst , dennoch stockte ihr jetzt der Atem. Mit angespannter Stimme fragte sie: »Wo hast du das gefunden? Oder hattest du es schon die ganze Zeit?«
»Ich habe mir die Geschäftsbücher der Fabrik angesehen. Der Safe, in dem sie liegen, ist schon uralt, ein richtiges Ungetüm, das schon seit Gründung der Fabrik dort steht. Ganz hinten in dem Safe habe ich einige von Justins alten Geschäftsunterlagen gefunden. Ich denke, sie wurden eher aus sentimentalen Gründen dort aufgehoben, als Andenken oder so, oder jemand hat sie dort hineingelegt und dann vergessen. Auf jeden Fall habe ich sie mir angesehen, und diese Mappe fiel plötzlich heraus.«
Cammie sah ihn lange schweigend an. Sie hatte keinen Grund, an dem zu zweifeln, was er ihr gesagt hatte. »Ich verstehe, worum es in dem Dokument geht«, sagte sie und holte das muffig riechende Schriftstück aus der Mappe. »Meine Urgroßmutter hat sich bereit erklärt, dreihundert Morgen Land an Justin Sayers zu verkaufen, im Tausch für die Summe von einem Dollar plus erhaltener Güter, nämlich ein Grundstück von dreitausend Morgen Land. Und für geleistete Dienste, das darf ich nicht vergessen. Aber ich möchte wissen, was das zu bedeuten hat.«
Reid fuhr sich mit der Hand durch das Haar und massierte dann seinen Nacken. Er vermied es, sie
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