Verheißung Der Nacht
gefällt es dir ja auch nicht, was sie jetzt für ein Durcheinander anrichtet. Vielleicht muss ich mir ja doch keine so großen Sorgen machen.«
»Cammie gefällt der Gedanke vielleicht nicht, dass die Papierfabrik verkauft werden soll, aber nichts, was sie tut, wird etwas an meinen Gefühlen ändern.«
Ein eigenartiger Ausdruck erschien auf Keiths Gesicht. »Glaubst du nicht, wie? Du denkst, du wirst verkaufen und alles ist in Ordnung. Einfach so. Nun, alter Junge, es geschehen eigenartige Dinge.«
Reid betrachtete den Mann aufmerksam. »Gibt es ein Problem in der Fabrik? Rechnest du damit, dass die Arbeiter oder die Gewerkschaften etwas gegen den Verkauf einzuwenden haben?«
»Du bist doch jetzt der Boß. Das musst du ganz allein rausfinden.« Keith lachte meckernd. Er stolperte ein wenig, als er sich umwandte und das Büro verließ.
Reid blieb noch lange am gleichen Fleck stehen. Seine Gedanken arbeiteten fieberhaft und präzise, obwohl ihm die Schlußfolgerungen nicht gefielen, zu denen er gelangte. Er strich sich mit der Hand übers Haar und rieb sich den Nacken, dann wandte er sich wieder seinem Schreibtisch zu. Er nahm seinen Stift und warf noch einen Blick auf die Computerausdrucke. Die langen Zahlenkolonnen ergaben keinen Sinn.
Der Stift gab ein protestierendes Geräusch von sich, als sich sein Griff darum anspannte. Er warf ihn auf den Tisch und verließ dann sein Büro. Vielleicht würde er sich draußen besser fühlen. Viel schlechter konnte er sich wohl kaum noch fühlen.
Um sieben Uhr an diesem Abend stand Reid unter der Kiefer hinter Cammies Haus, die mittlerweile schon zu seinem Lieblingsbaum geworden war. Er lehnte sich gegen den Stamm und sah zu, wie immer mehr Autos in die Einfahrt einbogen. Heute abend fand die Gründungsversammlung statt für die Gruppe, die gegen den Verkauf der Papierfabrik protestieren sollte. Er kannte einige der Männer und Frauen, die aus ihren Wagen stiegen, aber viele hatte er noch nie gesehen. Doch das machte nichts, sein Informationsdienst arbeitete gut. Perse- phone hatte Lizbeth eine ziemlich genaue Liste der Gäste gegeben.
Der Besitzer der Lokalzeitung, der heute abend sein eigener Reporter war, würde kommen, auch die Besitzerin und Managerin des Radiosenders. Wie auch immer sie über die Ziele dieser Gruppe denken mochten, die Versammlung war eine Nachricht wert, außerdem waren beide Freunde von Cammie. Der Sprecher an diesem Abend war ein schlanker, bärtiger Mann, der die Umweltschutzgruppe in dieser Gegend leitete. Auch Frederick Mawley würde anwesend sein. Mawley war der Anwalt in der Stadt, der sich auf Skandalprozesse spezialisiert hatte, auf strittige Scheidungen und auf Konkursverfahren. Seine Praxis war sehr ertragreich, obwohl er von der Geschäftswelt heftig abgelehnt wurde.
Überraschenderweise würde auch der Sheriff anwesend sein. Die meisten gewählten Staatsbeamten hätten sich davor gehütet, sich in eine solch strittige Angelegenheit einzulassen.
Sheriff Bud Deerfield jedoch war nicht nur Cammies Cousin, er war offensichtlich auch besorgt über den Anstieg des Verbrechens, der von einem solchen Zuzug neuer Bewohner in dieses Gebiet zu erwarten war. Abgesehen davon war er liberalen Dingen gegenüber aufgeschlossen. Er war ein fanatischer Verfechter der Kontrolle von Waffen zur Vermeidung von Verbrechen, eine ziemlich unbeliebte Einstellung in diesem Teil des Landes, wo die meisten Haushalte mindestens ein Gewehr oder häufig noch mehr besaßen. Doch die Leute sahen darüber hinweg, denn sie wusste n, dass seine jüngste Tochter umgekommen war, als sie mit einem Gewehr gespielt hatte, seine Frau war durch diese Tragödie zur Alkoholikerin geworden.
Die restlichen Gäste waren meistens Frauen der Gesellschaft, junge und alte, Frauen, die sich in der DAR engagierten, im Gartenclub und einem halben Dutzend anderer Organisationen. Sie bildeten die Gruppe, die sich hauptsächlich um die Wohltätigkeitsarbeit in der Gemeinde kümmerte, sie hatten auch die >Pink Ladys< gegründet, die Freiwilligen im Krankenhaus, sie unterhielten das Gemeindemuseum, sammelten für die Herzstiftung, den March of the Dimes und andere wohltätige Organisationen. Man könnte sie auch, wenn man wollte, das >blaue Blut der Gemeinde< nennen. Die meisten sahen sich allerdings nicht so, höchstens diejenigen, die nicht zu der Gruppe gehörten. Man konnte sich darauf verlassen, dass fast alle jeglichen Veränderungen gegenüber abgeneigt waren, aus Prinzip, es sei
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