Verheißung Der Nacht
denn, diese Veränderungen hätten einen direkten Einfluß auf das Leben ihrer Kinder und Enkel.
Die Nacht war klar und feucht, es war nicht warm und auch nicht kalt. Reid roch den flüchtigen Duft der wilden Azaleen in den Wäldern und auch den der blassen George-Tabor- Orchideenazaleen, die gerade erst unter den hohen Fichten an einer Seite des Gartens zu blühen begannen. Er glaubte auch einen Hauch der süßen Oliven zu riechen, die in großen Bü- sehen neben der Seitentür des Hauses wuchsen, an der gleichen Seite, an der auch der kleine Pavillon stand.
Ihm schien nach einiger Zeit, dass er gleichzeitig alles beobachten und es sich dabei auch noch ganz bequem machen könnte, wenn er sich in dem halb geschlossenen Pavillon verbarg. Der schmiedeeiserne Tisch und die Stühle dort würden bequemer sein.
Aus dem achteckigen Pavillon, dessen Seitenwände mit blühender Clematis bewachsen waren, konnte er den Duft des Kaffees riechen, der zu den Erfrischungen serviert wurde. Das Küchenfenster stand weit auf und ließ die klare Nachtluft hinein, auch ein oder zwei Fenster des Wohnzimmers waren offen.
Er lehnte sich bequem in dem weißen schmiedeeisernen Stuhl zurück und fragte sich, welchen Kuchen Persephone wohl heute gebacken hatte, während er dem stetig an- und abschwellenden Geräusch der Stimmen aus dem Haus lauschte. Er fühlte sich ausgestoßen. Und er war bitter eifersüchtig auf all die Menschen, die in Cammies Haus willkommen waren und kommen und gehen konnten, wie es ihnen gefiel.
Er war zuvor auch auf Keith Hutton eifersüchtig gewesen. Auf ihren Mann.
Die Art und Weise, wie Hutton sie noch immer als seine Frau betrachtete, hatte ihn die Zähne zusammenbeißen lassen. Der Gedanke, dass dieser Mann einmal wirklich ein Recht auf Cammie gehabt hatte und dass er dieses Recht so einfach weggeworfen hatte, erstaunte ihn. Wenn er an Reiths Stelle gewesen wäre, wenn ihm je das Privileg gegeben worden wäre, sie zu beobachten, während sie badete, sie in seinen Armen zu halten, während sie schlief, tief in ihre weiche Sanftheit einzudringen, wann immer er es wollte, dann hätte er eher einen Mord begangen, als dieses Privileg zu verlieren.
Reid blickte über die Fenster des Hauses und beobachtete auch die Tür. Er würde alle Zugänge zum Haus kontrollieren, wenn die Gäste erst einmal gegangen waren, wenn Cammie alle Lichter im Haus ausgemacht hätte. Es war ein ziemlich nutzloses Unterfangen, die alten Schlösser waren kein sehr großes Hindernis. Er würde nicht länger als fünfzehn Sekunden brauchen, wenn er ins Haus gelangen wollte, an jeder Stelle, die er sich aussuchte. Und dennoch würde er sich besser fühlen, wenn er wüsste , dass alles in Ordnung wäre.
Er hatte überlegt, ob er warten sollte, bis Cammie schlief, um sich dann einen Platz innerhalb des Hauses zu suchen. Sie würde nicht wissen, dass er da war, das könnte er ohne jedes Problem bewerkstelligen. Zur Verteidigung wäre es viel effektiver, wenn er einen Platz im Haus hätte.
Es sei denn, er war eine der Gefahren, vor denen Cammie geschützt werden musste . Wenn das so war, dann war seine Taktik gewagt.
Doch an so etwas war er gewöhnt.
Er hätte nie nach New Orleans fahren dürfen. Diese Tatsache war ihm in den letzten beiden Tagen und Nächten klargeworden. Er selbst hatte den Maßstab für das gesetzt, was zwischen ihnen geschehen war, und Cammie hatte ihn akzeptiert und ihn auch benutzt. Danach hatte er versucht, die Regeln zu ändern, doch das war falsch gewesen.
Warum also hatte er es getan?
Lust? Ja. Himmel, ja.
Das Bedürfnis, die nicht zu leugnende körperliche Anziehungskraft zwischen ihm und dieser Frau zu testen, die wusste , was sie tun musste , um in seiner Gegenwart in Sicherheit zu sein? Auch das war sein Motiv gewesen.
Aber da war noch mehr. Die Antwort, die er gefunden hatte, nachdem er tief in sich gegangen war, war sein Ego. Er wusste , wie sie ihn sah - grob, ohne Eleganz -, und er wollte ihr einen ganz anderen Mann zeigen.
Er hatte schließlich nur bewiesen, dass er doch nichts anderes war.
Und er hatte herausgefunden, dass sie ihm nicht vertraute. Ganz gleich, was für ein Mann er war.
Er hatte absolut keinen Grund, deswegen verblüfft zu sein. Nicht, wenn er sich selbst nicht traute.
Die Versammlung schien eine Ewigkeit zu dauern. Reid nutzte die Zeit, indem er ein- oder zweimal etwa fünf Minuten schlief, damit er hinterher nicht müde war, weil er ja die meiste Zeit damit verbring en würde,
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