Verheißung des Glücks
zu lassen.«
Vierzigstes Kapitel
Die Reise zurück ins schottische Hochland verlief längst nicht so angespannt und ungemütlich, wie es zu befürchten war. Schon in den späten Morgenstunden des folgenden Tages stand alles zur Abfahrt bereit. Bislang war noch keiner der MacFearsons von der Suche nach dem verschwundenen Paar zurückgekehrt. Doch man hatte Boten ausgesandt, die sie aufspüren und ihnen mitteilen sollten, es sei alles in Ordnung und die MacGregors befänden sich samt Melissa und ihrem unverwüstlichen Verehrer auf dem Weg zurück nach Schottland.
Das gesamte Gepäck wurde in Lincolns Kutsche geladen. Diesmal nahm er auch sein eigenes Pferd mit nach Schottland. Nun ritt er jeden Morgen und jeden Nachmittag ein paar Stunden mit den MacGregors vor den Kutschen her. Man konnte die Reisezeit gleich dazu nutzen, einander näher kennen zu lernen.
Es gab eine stille Übereinkunft , weder die Vergangenheit zu erwähnen noch über den kurzen Abstecher der beiden Turteltäubchen in den Süden Englands zu sprechen. Geflissentlich vermied man zumindest auf der Reise nach Norden alle Themen, die zu Unstimmigkeiten führen konnten, denn die beschwerlichen Tagesetappen und die Enge einer Kutsche boten kaum den geeigneten Rahmen zur Klärung ernsthafter Probleme. Hin und wieder wurde unterwegs sogar herzlich gelacht. Es kam zwar nicht allzu häufig vor, war aber doch ein gutes Zeichen. Für Melissa und Lincoln gab es allerdings nicht die geringste Möglichkeit, einmal ganz für sich allein zu sein. Melissas Eltern wachten mit Argusäugen über ihre Tochter. Lincoln fragte sich gelegentlich, ob das nun mit voller Absicht geschah oder ob es nur die Folge der Sorgen war, die sie sich um Melissa gemacht hatten.
Im Laufe der Reise stießen die sechs MacFearson-Brüder, welche die Boten als Erstes gefunden hatten, zu ihnen. Im Grunde hätten die MacFearsons getrost nach Hause reiten können, doch sie waren von der neuen Entwicklung der Dinge alles andere als begeistert und wollten ebenfalls ein wachsames Auge auf die jungen Liebenden haben. Wie Leibwachen ritten sie hinter den Kutschen her. Aber zumindest bemühten sie sich nach einer hitzigen Diskussion mit Lachlan, keinen Unfrieden zu stiften. Im Augenblick herrschte eine Art Waffenstillstand zwischen ihnen und Lincoln. Abgesehen von den bösen Blicken, die die Brüder dem Verehrer ihrer Nichte unentwegt zuwarfen, hielten sie sich zurück.
Für Lincoln und Melissa ergab sich jedoch noch ein ganz anderes, völlig unerwartetes Problem. Nachdem sie nun einmal von den verbotenen Früchten gekostet hatten, war es für beide eine unendliche Qual, ständig zusammen zu sein und dennoch stets einen schicklichen Abstand halten zu müssen. Selbst die unschuldigste Berührung entging den strengen Blicken ihrer zahlreichen Begleiter nicht.
Bald trauten Lincoln und Melissa sich kaum noch, einander auch nur anzusehen, denn sie fürchteten, es könnte etwas geschehen, was Melissas Familie für alle Zeiten gegen Lincoln einnehmen würde. Noch dazu wurden die beiden immer verlegener, weil ihr Verlangen nacheinander gar so offensichtlich war.
Kimberly war die Erste, der etwas auffiel. Schließlich wusste sie, dass die Hochzeitsnacht bereits vor der Hochzeit stattgefunden hatte. Sie bemühte sich nach Kräften, Lachlan abzulenken, wenn Lincolns Blicke gar zu sehnsüchtig wurden oder wenn Melissas verträumte Seufzer ihre Gedanken verrieten. Am Ende konnte Lincoln nicht einmal mehr ruhig mit den MacGregors in ihrer Kutsche sitzen und schob Schlafmangel und die Notwendigkeit, sich zu einem Nickerchen auszustrecken, vor, um in seine eigene Kutsche flüchten zu können.
An Schlaf war natürlich nicht zu denken. Stattdessen überlegte Lincoln hin und her, wie er es bewerkstelligen konnte, Melissa wenigstens eine Zeit lang für sich allein zu haben, ohne damit alles zu verderben. Doch bald musste er alle Hoffnung aufgeben, denn auf der gesamten Reise nahmen sie nur immer zwei Zimmer. Eines für die Männer — für Lincoln seit dem Auftauchen der MacFearsons die reinste Höllenqual — und eines für Melissa und ihre Mutter.
Nach dem, was zwischen ihm und Melissa geschehen war, brachte es Lincoln fast um den Verstand, sie nun noch nicht einmal küssen oder wenigstens berühren zu können. Wenn Melissas Verwandtschaft auf Beweise aus war, dass er irgendwann die Kontrolle über sich verlieren könnte, dann würde ihnen das in den kommenden Wochen sicher gelingen — falls er nicht bald
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