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Verheißung des Glücks

Verheißung des Glücks

Titel: Verheißung des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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Angst zu überwinden. Für sie hatte festgestanden, dass sie sterben würde, wenn sie dem See jemals zu nahe kam. Für Lincoln war sie dennoch ins Wasser gesprungen. Die MacFearsons konnten ihr Staunen darüber kaum verbergen. Manche von ihnen überlegten sogar, ob sie ihre Meinung über Lincoln angesichts des Opfers, das Melissa für ihn gebracht hatte, doch ändern sollten.
    Die Stunden vergingen und Lincoln lehnte die ganze Zeit über schweigend an der Wand des Korridors. Melissas Onkel glaubten, er höre nicht, was sie einander zuflüsterten. Aber ab und an schnappte er ein paar Gesprächsfetzen auf. Es ging, wie gewöhnlich, um ihn.
    »Sie liebt ihn tatsächlich.«
    »Sie war immer ein vernünftiges Mädchen. Vielleicht sieht sie etwas in ihm, was uns bisher verborgen geblieben ist.«
    »Es war nicht unbedingt Liebe auf den ersten Blick. Aber schon nach der Begegnung am Teich wussten beide, dass sie heiraten wollten. Melissa war sich ganz sicher. Und er kam ebenfalls bereits am Tag darauf nach Kregora und sprach mit Lachlan. Liebe war es zu diesem Zeitpunkt sicher noch nicht, aber es war etwas viel Stärkeres als bloßes Interesse. Und was sagt uns das? Nennt es Schicksal, wenn ihr wollt — ich glaube, sie wussten von Anfang an, dass sie füreinander bestimmt sind.«
    »Meinst du, sie wären einander schon früher begegnet, wenn man ihn nicht vor Jahren nach England geschickt hätte?«
    »Vielleicht wäre Melissa dann auch nie nach London gefahren.«
    »Hm, diese Verbindung stand wohl schon in den Sternen. Es dauerte eben eine gewisse Zeit, bis sie zustande kam.«
    Lincoln hatte wenig Hoffnung, dass sich die Brüder noch an diese Worte erinnern würden, wenn Melissa erst wieder gesund war. An ihrer baldigen Genesung durfte er keinen Augenblick lang zweifeln, wenn er nicht den Verstand verlieren wollte.
    »Darf ich zu ihr?«, fragte er nun Lachlan. »Bitte!«
    Melissas Vater nickte, machte aber keine Anstalten, das Zimmer zu verlassen. Lincoln wartete ein wenig ab, bevor er hinzufügte: »Allein?«
    Es dauerte eine ganze Weile, bis Lachlan noch einmal nickte. Er erhob sich, half seiner Frau ebenfalls auf, legte ihr den Arm um die Schultern und führte sie aus dem Zimmer. Sie war so sehr in ihrem Schmerz gefangen, dass sie Lincoln gar nicht wahrnahm. Die MacGregors schlössen sogar die Tür hinter sich, was Lincoln einigermaßen überraschte.
    Melissa war totenblass. Dass sie so aussah, konnte nicht nur an dem gedämpften Licht im Zimmer liegen. Alles Blut war aus ihrem Gesicht gewichen.
    Man hatte ihr die nassen Kleider ausgezogen. Nun trug sie ein einfaches weißes Nachthemd aus weichem Stoff, mit langen Ärmeln und hohem Kragen. Ihr Haar war längst getrocknet. Wie ein Fächer lag es auf dem Kopfkissen und eine dunkelbraune Strähne ringelte sich auf der blauen Decke, die Melissa wärmte.
    Trotz ihrer wächsernen Blässe war Melissa noch wunderschön. Sonderbar wirkten nur die weit aufgerissenen Augen. Auf den ersten Blick hätte man glauben können, es ginge ihr gut und sie hätte sich nur erschreckt. Doch ihr Blick war leer und ... leblos.
    Lincoln setzte sich auf den Rand des Bettes. Melissas Arm lugte ein wenig unter der Decke hervor. Er nahm ihre Hand, legte sie an seine Wange und hielt sie dort fest.
    Lincoln erschrak. Sie fühlte sich eiskalt an und ihre Finger waren steif. Melissas flacher Atem hob kaum wahrnehmbar ihre Brust. Nur diese schwache Bewegung sagte Lincoln, dass sie noch am Leben war. Er spürte, wie die Kälte auch von seinem Körper Besitz ergriff.
    »Melissa?« Es gab keinen Anhaltspunkt, dass sie ihn überhaupt wahrnahm. »Ich weiß nicht, ob du mich hören kannst. Aber ich werde dir ein paar Dinge sagen, die dich vielleicht interessieren. Dein Drache ist tot.«
    Noch immer lag sie reglos da. Lincoln hatte tatsächlich geglaubt, ihr damit ein Lebenszeichen entlocken zu können, ja, er hatte sogar fest damit gerechnet. Vielleicht musste er es ihr noch ein wenig näher erklären.
    »Ich habe ihn eigenhändig getötet. Das wollte ich niemand anderem überlassen. Es war nicht leicht. Doch nun liegt er auf dem Grund des Sees. Dort wird er verrotten und dich nie wieder behelligen. Hörst du, Meli? Du bist in Sicherheit. Hast du wirklich geglaubt, ich ließe zu, dass der Drache dir etwas zuleide tut?«
    So sehr Lincoln es sich auch wünschte, er sah keine Bewegung in ihrem Gesicht, noch nicht einmal ein Blinzeln. Vielleicht versteckte sie sich ja gar nicht vor dem Drachen, wie alle annahmen.

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