Verheißungsvolle Küsse
von Montsurs.« Helena spann die Geschichte weiter. »Ich habe mich entschieden, den Schleier zu nehmen, und man hat mich in einem letzten Versuch, mich davon abzubringen, nach London geschickt.«
Sebastian grinste, streckte die Hände aus und drückte die ihre. » Bon . Das ist genau das Richtige.«
»Aber wer bist du?«, fragte sie.
»Ich?« Seine Augen funkelten übermütig, als er seine Hand aufs Herz legte und sich spöttisch verbeugte. »Ich bin Sylvester Ffoliott, ein englischer Gelehrter, Spross einer edlen, aber schrecklich verarmten Familie - der dazu gezwungen ist, seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Ich wurde angeheuert, um Monsieur Hubert auf seinen Reisen durch England zu begleiten und ihn zurück zum Anwesen der de Villandrys in der Garonne zu bringen. Dorthin wollen Hubert und ich, nachdem wir dich bei den guten Schwestern in Montsurs abgeliefert haben!«
Sowohl Helena als auch Phillipe verstummten, versuchten, sich das einzuprägen, dann nickte Helena. »Es klingt glaubwürdig und wird seinen Zweck erfüllen.«
»In der Tat. Außerdem wird es eine Erklärung dafür sein, dass wir eine schnelle Kutsche gemietet haben für die Fahrt nach Montsurs und deren anschließende Rückführung, während wir - Hubert und ich, Pferde mieten, um die Landschaft auf unserem Weg in den Süden besser genießen zu können.«
Phillipe runzelte die Stirn. »Warum verzichten wir auf die Kutsche und steigen auf Pferde um?«
»Weil«, erwiderte Sebastian, »Pferde schneller sind und nützlicher für eine Flucht.« Und er fragte ihn: »Ich nehme an, Ihr reitet?«
»Naturellement.«
»Gut. Weil ich nämlich nicht erwarte, dass Euer Onkel Ariele - und Helena - sang- und klanglos aus seinen Klauen lässt ohne einen Versuch, sie wieder zurückzuholen!«
Keiner von ihnen wagte zu hoffen, dass Fabien sie mit Anstand gehen lassen würde; aber die Tatsache so unumwunden ausgesprochen zu hören, machte Helena die Situation bewusster.
Wie würde Fabien reagieren - und wie würde Sebastian ihn besiegen?
Später stand sie an der Reling, schaute zur Küste hinüber und beobachtete, wie die sinkende Sonne eine Silhouette von Feuer um die Gewitterwolken zeichnete. Gemäß der Prophezeiung des Kapitäns, hatte der Sturm sich gelegt und nur zerfetzte Wolkenreste hinterlassen, die über den Himmel jagten. Der Wind pfiff schrill durch die Takelage. Die Sonne ging unter und ertrank mit einer letzten feurigen Flamme im Meer.
Das Pfeifen verklang allmählich und die Schatten rückten heran. Dann ergab sich der Wind mit einem letzten leisen Seufzer.
Helena hörte Schritte. Sebastian näherte sich, stellte sich seitlich hinter sie.
»Bald, mignonne , bald. Wenn es eine frische Brise gibt!«
»Vielleicht gibt es keine - wenigstens nicht heute Abend?«
Sie sah sein Lächeln nicht - selbst wenn sie geschaut hätte, hätte seine Miene es wahrscheinlich nicht gezeigt - aber es lag in seiner Stimme, in seinem nachsichtigen Ton. »Alles wird gut. Vertrau mir. Diese Gewässer sind selten ruhig.«
Er trat näher, sie lehnte sich, ohne sich umzudrehen, zurück, an seine Kraft, seine Wärme. Erlaubte sich, seine Unterstützung zu akzeptieren und die Hoffnung, die sie mit sich brachte. Sebastian umfasste sie und legte die Hände auf die Reling, fing sie ein. Tröstlich, sicher.
Eine lange Weile standen sie einfach so da, Gedanken und Sorgen vergessen in der stillen Schönheit der anbrechenden Nacht.
»Wenn wir in ein paar Stunden anlegen, was dann?«
»Wir werden uns Zimmer in einem Gasthof mieten und eine neue Kutsche besorgen. So früh wie möglich brechen wir morgen auf.«
Sie spürte, wie seine Brust sich dehnte, als er Atem holte. »Und warum nicht gleich heute Nacht?«
»Zu viel Risiko für zu wenig Zeitgewinn?«
Sie runzelte die Stirn, die er zärtlich glatt strich. Dann erklärte er: »Nachts schnell über Landstraßen zu fahren ist gefährlich und das nicht nur wegen deren Zustand. Es erregt Aufmerksamkeit und möglicherweise beobachtet man uns. Und was den Zeitgewinn betrifft - wenn wir heute Abend aufbrechen, sind wir morgen Mittag dort. Das ist auch gefährlich. Sollten wir Le Roc bei Tageslicht ereichen, besteht die Gefahr, dass dich jemand erkennt und es Fabien gegenüber erwähnt. Ich brauche wohl kaum zu betonen, dass das nicht passieren darf!«
Helena schnitt eine Grimasse. Lehnte sich mit ihrem ganzen Gewicht an ihn. »Sehr wohl, Monsieur le Duc! Wir werden uns heute Abend ausruhen.«
Wieder spürte sie sein
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