Verheißungsvolle Küsse
von Menteith ihr winkte.
Die Countess lächelte; Helena hatte bereits eine Einladung zu einem Morgenbesuch von ihr angenommen. Die Countess warf einen Blick auf die Gruppe, in der sich Sebastian mit Mrs. Abigail Frith unterhielt. »Ich wette darauf, dass St. Ives morgen nach Twickenham hinausfährt. Hoffentlich habt Ihr keine Verabredung mit ihm geplant?«
Helena blinzelte. »Wie bitte?«
Lady Menteith lächelte weiterhin Sebastian zu und senkte die Stimme: »Abigail ist im Vorstand eines Waisenhauses und der hiesige Grundbesitzer droht den Magistrat zu zwingen, es zu schließen. Der Grundbesitzer behauptet, die Jungen streifen ungezügelt herum und stehlen. Das stimmt natürlich nicht - er will den Besitz verkaufen. Und dieser Widerling hat sich die gegenwärtige Woche ausgesucht, seinen letzten Vorstoß zu machen - zweifellos in der Hoffnung, die Waisen hinaus in den Schnee jagen zu können, weil keiner da ist, der es sieht. St. Ives ist Abigails - und der Waisen - letzte Hoffnung.«
Helena folgte ihrem Blick zu Sebastian, der offensichtlich Mrs. Frith ausfragte. »Hilft er oft bei Dingen, die nicht in seinem Interessenbereich liegen?«
Lady Menteith lachte leise. »Ich würde nicht außerhalb seines Interessenbereichs sagen.« Sie legte ihre Hand auf Helenas Arm und senkte die Stimme noch weiter. »Falls Ihr es noch nicht erraten habt, St. Ives mag zwar der Teufel in Menschengestalt sein - aber er hat ein weiches Herz für jede Frau, die Hilfe braucht.«
Verwirrt sah Helena sie an.
»Na ja, er hilft Euch doch auch, indem er Euch überall vorstellt, Euch von seiner Bedeutung profitieren lässt. In ähnlicher Weise schuldet die Hälfte von uns ihm Dank. Wenn nicht sogar mehr. Er rettet Damen in Nöten, seit er in die Stadt gekommen ist. Ich sollte es wissen - ich war eine der ersten.«
Helena konnte nicht widerstehen. »Er hat Euch gerettet?«
»In gewisser Weise. Zu jener Zeit war ich noch ziemlich albern und naiv - hatte vor kurzem geheiratet und dachte, ich wüsste alles. Ich habe mit hohem Einsatz gespielt und hielt es für schick - was es tatsächlich war. Aber ich besitze keinen Kartenverstand - am Ende habe ich die Menteith-Diamanten verloren. Gott allein weiß, was Menteith gesagt oder getan hätte, wenn er es erfahren hätte. Glücklicherweise erfuhr er es nicht - sondern erst, als ich es ihm Jahre später erzählte. Damals war ich jedenfalls verzweifelt. St. Ives bemerkte es. Er zog mir die Geschichte aus der Nase und am nächsten Tag wurden mir die Diamanten mit seiner Empfehlung überbracht.«
»Er hat sie für Euch zurückgekauft?«
»Nein - zurückgewonnen, was, wenn man bedenkt, welcher Schuft sie mir abgenommen hatte, viel viel besser war.« Lady Menteith drückte Helenas Arm. Geld setzt er nur selten ein, außer es gibt keine andere Möglichkeit. Für viele von uns ist er der weiße Ritter. Morgen wird er nach Twickenham fahren und sich den Magistrat vorknöpfen; das wird das Letzte sein, was wir über die Schließung des Waisenhauses hören!«
Die Countess hielt inne, fügte dann hinzu: »Ich möchte nicht, dass Ihr glaubt, die Damen rennen mit jedem Problem zu ihm. Ganz im Gegenteil. Aber wenn man keinen Ausweg sieht, ist es unerhört tröstlich zu wissen, dass es da einen letzten Menschen gibt, der einen nicht im Stich lässt. Und das mit absoluter Diskretion. Selbst wenn Ihr ihn direkt auf die Menteith-Diamanten hin ansprecht, wird er, auch nach so vielen Jahren, kein Wort verraten. Und bis morgen Abend wird er Twickenham völlig vergessen haben.«
Helena war fasziniert. »Tut er dasselbe für Gentlemen in Nöten?«
Die Countess sah ihr direkt in die Augen. »Nicht dass ich wüsste.«
Helena lachte. Sebastian kam mit hoch gezogenen Brauen auf sie zu. Sie schüttelte den Kopf.
»Wir sollten besser weitergehen. Mme Thierry wird sich Sorgen machen.«
Eine Untertreibung. Helena nickte. Sie verabschiedeten sich, dann gingen sie rasch zum Fahrweg. Helena bemerkte, dass ihr gemeinsames Erscheinen mehr Aufmerksamkeit erregte, selbst bei den gierigsten Klatschtanten, die in den Kutschen saßen und den neuesten Tratsch austauschten.
Nachdem sie die Kutsche erreicht hatten, half ihr Sebastian hinein. Marjorie schien zwar erleichtert über ihre Rückkehr, aber doch nicht mehr so besorgt wie früher. Sebastian verbeugte sich, dann verließ er sie und schlenderte zu seiner eigenen Kutsche, die ein Stück weiter vorne wartete.
Helena sah ihm nach. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass
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