Verheißungsvolle Küsse
heiraten würde - und das wäre ein sehr großer Fehler gewesen.« Die Tante hielt inne, dann fügte sie hinzu: »Worte können nicht ausdrücken, wie sehr ich mich freue, dass Ihr hier seid!«
Damit ging sie, schloss leise die Tür hinter sich zu und überließ Helena ihrer Betrachtung der Holztäfelung. Sie hatte nie danach gestrebt hier zu sein, in dieser Stellung und dennoch … eine Duchess zu werden, hatte auch seine schönen Seiten.
Sebastians Herzogin.
Sie wanderte zum Fenster. Es bot Aussicht auf einen Rosengarten und einen See. Die Dämmerung senkte sich rasch übers Land. Die Gärten schienen sehr weitläufig, morgen würde sie sie erforschen. Zurück am Toilettentisch, zündete sie eine Lampe an und begann, die Nadeln aus ihrem Haar zu ziehen.
Die Mähne ergoss sich über ihre Schultern, als es an der Tür klopfte.
Sebastian? Diesem ersten Gedanken folgte sofort die Überlegung, dass dies ziemlich unwahrscheinlich war. Sie ignorierte die plötzliche Erregung, die sie durchströmte, und das anschließende Verebben, rief spontan: »Herein!«
Die Tür öffnete sich, sie drehte sich um und sah Louis auf der Schwelle stehen. Sie erhob sich. »Was gibt es?« Er sah wirklich nicht gut aus.
»Die sind für dich.«
Er hielt zwei Briefe in der Hand. Helena nahm sie entgegen.
Louis trat verlegen von einem Fuß auf den anderen, als sie die Umschläge inspizierte. »Ich lasse dich alleine, damit du sie lesen kannst. Wenn du fertig bist« - er machte eine vage Handbewegung - »… dann reden wir darüber.«
Er drehte sich um und tapste davon. Helena sah ihm mit gerunzelter Stirn nach, schloss die Tür und ging zurück zum Toilettentisch.
Ein Brief trug Fabiens unverkennbare Handschrift, der andere war von Ariele. Sie ließ Fabiens Brief auf den Tisch fallen, setzte sich und erbrach das Siegel der Botschaft ihrer Schwester.
Bei den ersten Worten entspannte sie sich, sehr erleichtert. So wie Louis sich verhalten hatte, war sie besorgt gewesen … aber nein, Ariele ging es gut. Die tägliche Routine in Cameralle verlief wie gewohnt.
Helena musste immer wieder lächeln, während sie das erste Blatt las - Berichte über ihre Ponys und die Streiche der Gänse. Auf dem zweiten Blatt brach Ariele auf halbem Weg ab, dann fuhr sie fort.
Phillipe ist gerade eingetroffen - wie seltsam. Er sagt, Monsieur le Comte wünscht, dass ich nach Le Roc komme und wir morgen aufbrechen. Wirklich lästig! Ich mag Le Roc nicht, aber ich werde wohl gehen müssen.
Helena hörte auf zu lesen, hob den Kopf, runzelte die Stirn. Fabien hatte sich auch die Vormundschaft für Ariele gesichert. Phillipe war Louis’ jüngerer Bruder, den sie in den letzten Jahren nicht mehr gesehen hatte. Er war immer ruhiger gewesen als Louis; aber gemäß dem was Ariele schrieb, stand Phillipe, genau wie Louis, in Fabiens Diensten.
Helena ignorierte das leichte Unbehagen, das bei dieser Information über ihren Rücken kroch und las weiter. Nach zwei Absätzen, in denen sie die Notwendigkeit Fabien zu gehorchen beklagte, unterbrach Ariele erneut.
Diesmal waren ein paar Tage vergangen, als sie weiterschrieb.
Ich bin jetzt auf Le Roc. Fabien sagt, wenn ich diesen Brief beende, wird er ihn mit einem von seinen mitschicken. Es geht mir gut, aber bei Gott, dies ist ein düsterer Ort. Marie muss wegen Fieber das Bett hüten - Fabien sagt, ich sollte es erwähnen. Wie ich dich beneide in England, auch wenn es da noch so kalt und regnerisch ist! Ich hätte mitkommen sollen. Aber wenn du einen brauchbaren Engländer finden könntest und ihn heiratest, dann müsste Fabien mir gestatten, zu kommen und deine Brautjungfer zu werden. Ich wünsche dir von ganzem Herzen Glück auf deiner Suche, liebste Helena!
Wie immer verbleibe ich deine dich liebende kleine Schwester.
Ariele.
Helena stellten sich die Nackenhaare auf. Warum? Fabien tat nie etwas ohne Grund. Was hatte er mit Ariele vor? Und warum wollte er sie wissen lassen, dass Marie, seine Frau, eine schüchterne und kränkliche Seele, die er wegen ihrer Verbindungen geheiratet hatte, krank war?
Sie legte Arieles Brief beiseite und griff nach Fabiens.
Wie immer war er direkt, präzise.
Als sie seine Worte las, zerbarst Helenas Welt - eine, die inzwischen vor rosiger Hoffnung gestrahlt hatte - und eine dunkle Landschaft von Verzweiflung nahm ihren Platz ein.
Wie du dem Brief deiner Schwester entnehmen kannst, befindet sie sich jetzt auf Le Roc. Momentan geht es ihr gut, sie ist glücklich, soweit man
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