Verheißungsvolle Sehnsucht
musste es ihm sagen! Mia und Bethany waren in Gefahr, und sie würde es sich nie verzeihen, wenn ihnen etwas passierte, nur weil sie Gabe und Jace nicht gewarnt hatte.
»Ash«, rief sie, so laut sie konnte.
»Ich bin hier, Süße. Was ist los? Du musst langsamer Luft holen. Du atmest viel zu schnell. Würdest du das für mich tun?«
Sie holte tief Luft und versuchte sich zu beruhigen. Der Druck in ihrer Brust war kaum noch auszuhalten. Sie sog die Luft so ruhig wie möglich ein, stieß sie aus und versuchte es noch einmal.
»Was ist los, Josie? Wovor hast du Angst?«
»Mia. Bethany«, krächzte sie. »Er wird ihnen etwas tun, genau wie mir. Du musst es Gabe und Jace sagen.«
»Das habe ich schon längst«, beruhigte er sie. »Du hast es uns schon gesagt. Gabe und Jace haben Mia und Bethany in Sicherheit gebracht und kümmern sich um sie. Du musst dir um sie keine Sorgen machen. Und für Britt habe ich auch gesorgt. Es wird dich freuen zu hören, dass Kai sie hinter Schloss und Riegel hält.«
Sie versuchte zu lächeln. Und das gelang ihr offensichtlich sogar teilweise, wenn sie Ashs freudige Miene richtig deutete.
Dann wurde sie wieder ernst, denn ihre drängendste Frage war noch immer nicht beantwortet, und sie fühlte sich zusehends benommen. Es fiel ihr immer schwerer, wach zu bleiben. Gerne wäre sie in die Tiefen des Vergessens eingetaucht, wo es keinen Schmerz gab, keine Sorgen, nur eine große Leere.
»Warum?«
Ash seufzte. Er versuchte nicht einmal so zu tun, als hätte er sie nicht verstanden.
»Sie haben dir meinetwegen wehgetan«, erklärte er, und vor Kummer klang seine Stimme gepresst. »Es geht ums Geschäft. Um mich, Gabe und Jace. Dieser Dreckskerl hat sich mal an Mia vergriffen. Ich wusste nichts davon, es war eine Sache zwischen ihm und Gabe. Er hat sich gerächt, weil wir ihn abserviert haben und seitdem keine Geschäfte mehr mit ihm machen. Es wird nicht noch einmal passieren, Josie. Das schwöre ich dir.«
Die Bestimmtheit in seinen Worten beunruhigte Josie. Dieselbe Entschlossenheit hatte er auch bei der Sache mit Michael gezeigt, als er erklärt hatte, dass Michael nie mehr ein Thema sein würde.
»Was hast du getan?«, flüsterte sie.
»Nichts, worüber du dir Gedanken machen müsstest«, sagte er und hauchte ihr noch einen Kuss auf die Stirn. Ihre Lider waren bereits halb geschlossen, doch sie bemühte sich wach zu bleiben und sich auf das Gespräch zu konzentrieren.
»Das ist keine Antwort«, erwiderte sie, war aber kaum noch zu verstehen.
»Doch«, beharrte er. »Du sollst dir um nichts anderes Gedanken machen als darum, ganz schnell wieder gesund zu werden. Diese Sache hat nichts mit dir zu tun, und das wird sie auch nie.«
»Ich will dich nicht verlieren«, flüsterte sie.
Er strich ihr übers Haar und sah sie liebevoll an. »Du wirst mich nicht verlieren. Niemals. Ich werde immer für dich da sein.«
»Okay.«
»Ruh dich jetzt aus, Süße. Schlaf. Ich werde da sein, wenn du wach wirst.«
Sie wehrte sich ein letztes Mal gegen die bleierne Müdigkeit, die sie erfasst hatte, und schaffte es gerade, so lange wach zu bleiben, um die Worte zu flüstern. Worte, die sie noch nie zu ihm gesagt hatte.
»Ich liebe dich.«
Jetzt standen tatsächlich Tränen in seinen Augen und verwandelten deren Grün in aquamarinfarbene Seen. Er war sichtlich gerührt und wandte den Blick nicht von ihr.
»Ich liebe dich auch, mein Liebling. Jetzt ruh dich aus. Ich werde über dich wachen, während du schläfst.«
Sie gab nach, schloss die Augen und ließ sich von der Wirkung der Medikamente davontragen. Trotzdem spürte sie noch die warme Hand, die sich um ihren Kopf legte, und die Lippen, die an ihrer Schläfe ruhten.
34
»Wie geht es ihr?«, fragte Mia ängstlich, als Ash das Wartezimmer der Intensivstation betrat. »Ist sie schon aufgewacht?«
Ash schloss Mia kurz in die Arme und schlang dann einen Arm auch um Bethany, die genauso bekümmert und besorgt aussah. Es war ihm zuwider, dass sie in diese Sache hineingezogen worden waren, dass man sie bedroht hatte und sie jetzt mit diesem Wissen leben mussten.
Noch mehr aber war es ihm zuwider, dass Mias Vergangenheit wieder aufgerollt worden war. Die Scham war ihr deutlich anzusehen. Sie schleppte ein Schuldgefühl mit sich herum, für das sie nicht verantwortlich war. Es war nicht ihre Schuld, dass Charles Willis ein mieses Arschloch war, der Frauen auflauerte, um seinen Standpunkt zu verdeutlichen. Er war unsagbar wütend, dass Charles
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