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Verhext in Texas: Roman (German Edition)

Verhext in Texas: Roman (German Edition)

Titel: Verhext in Texas: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shanna Swendson
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York. Hier gab es keine Magie.
    Ich stieg aus dem Wagen, um ein wenig herumzulaufen. Die frische Luft würde mir helfen, einen klaren Kopf zu bewahren, hoffte ich. Da das Gerichtsgebäude aus einem bunten Mix architektonischer Stile bestand, war schwer zu sagen, was wirklich dazugehörte und was vielleicht neu oder ungewöhnlich war. Die einzelnen Gebäudeteile waren in verschiedenen Phasen erbaut worden und die älteren Teile überdies über die Jahre immer wieder auf seltsam ungeschickte Art und Weise erneuert worden, weshalb heute gotische Gargoyles auf Art-déco-Bögen saßen. Mir fielen all die Vorträge aus der Schule wieder ein, von den Tagen, an denen wir Ausflüge zum Gerichtsgebäude gemacht hatten, um es zu zeichnen. Zu dumm, dass ich diese Zeichnungen nicht mehr besaß. Sie hätten mir mehr Sicherheit gegeben, ob das, was ich sah, auch wirklich dort hingehörte.
    Am entgegengesetzten Ende des Gerichtsgebäudes, in der Nähe des kleinen, zum Bürgerkriegsdenkmal gehörenden Pavillons erblickte ich eine männliche Gestalt, die dort nicht hinzugehören schien. Sie trug einen groben Umhang mit Kapuze, der sie mehr wie einen Jedi-Ritter denn wie einen Zauberer aussehen ließ. Allerdings hatte ich, außer auf Kostümpartys, noch nie Zauberer gesehen, die Umhänge trugen. Selbst Merlin trug heutzutage Anzüge. Ich versteckte mich hinter einem Busch und beobachtete den Mann.
    Er tanzte herum und schwang die Arme durch die Luft. Ich glaubte so etwas wie einen Sprechgesang zu hören, war aber viel zu weit weg, um ihn deutlich zu verstehen. Offensichtlich strengte er sich weit mehr an, als ich es je bei den Zauberern gesehen hatte, die ich kannte. Für gewöhnlich wedelten sie nur kurz mit der Hand durch die Luft und murmelten ein paar Wörter, um das zu bekommen, was sie wollten. Mein Medaillon summte leise, aber das war die schwächste Reaktion, die ich jemals an ihm bemerkt hatte. Nach einer Weile zitterten plötzlich die Arme der Statue vor dem Umhang-Mann und die gesamte Statue schien aus ihrer Starre zu erwachen. Die Gestalt in dem Umhang hüpfte vor Freude auf und ab. Aber noch während er hüpfte, nahm die Statue wieder ihre übliche Haltung ein und erstarrte. Als er es bemerkte, hörte ich ihn ziemlich deutlich frustriert aufstöhnen.
    Die Uhr im Turm des Gerichtsgebäudes schlug fünf, und bald strömten all die Angestellten aus dem Gericht und die Stufen herunter. Die Gestalt in dem Umhang wandte sich dem Gehsteig zu und schwang energisch die Arme durch die Luft. Mein Medaillon vibrierte kaum merklich. Niemand schien irgendetwas Ungewöhnliches zu bemerken. Hin und wieder bekam einer der Vorbeieilenden eine Sekunde lang glasige Augen, warf ein paar Münzen vor dem Mann auf den Boden und ging dann weiter. Ein paar Stufen später stolperte derjenige dann, sah einen Moment desorientiert aus und setzte seinen Weg fort.
    Ich biss mir auf die Zunge, um nicht laut nach Luft zu schnappen. Ich hatte so etwas schon mal gesehen. Und zwar als Owen einen von Phelan Idris’ Kontrollzaubern ausprobiert hatte.
    Ich hätte es nie geglaubt, wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, aber es sah ganz so aus, als hätte der unmagischste Ort der Welt jetzt einen Zauberer.

4
    Mein erster Impuls war, zu diesem Zauberer hinzurennen und ihm seinen Umhang herunterzureißen, um herauszufinden, wer er war, aber ich hielt mich zurück. Vielleicht würde er mir mit seiner Zauberformel nicht gefährlich werden, aber er konnte mir ganz real die Knochen brechen. Abgesehen davon stellte ein tätlicher Angriff einen Straftatbestand dar, und ich befand mich an genau dem Platz, an dem der Bezirks-Sheriff und die städtische Polizeidienststelle angesiedelt waren. »Aber er hat magische Kräfte benutzt«, würden sie dort wohl kaum als Entschuldigung gelten lassen.
    Und dann wurde mir bewusst, dass es vielleicht auch nicht die beste Idee war, diesem Typen nachzuspionieren. Nach den fehlenden Reaktionen der Passanten zu urteilen, versteckte der Zauberer sich und seine Aktivitäten definitiv vor nichtmagischen Menschen. Ich dagegen genoss keinen solchen Schutz. Jeder, der vorbeikam, würde sehen, wie ich ohne ersichtlichen Grund vor dem Gericht herumlungerte. Ich hätte auch zu ihm hingehen und ihn ansprechen können, um herauszufinden, welche Absichten er verfolgte, aber für den Fall, dass er nicht zu den Guten gehörte, wollte ich mich ihm nicht als gegen Magie Immune zu erkennen geben. Das war meine Geheimwaffe, mein As im Ärmel.

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