Verhext in Texas: Roman (German Edition)
ziehen, müsste das eigentlich Lester, der Apotheker, sein. Er ist ein böser alter Geizkragen. Stell dir Scrooge vor, bevor ihm die Geister erscheinen, nur mit weniger Haaren auf dem Kopf und einem Lager voll Medikamente.«
»Und wer ist dein anderer Verdächtiger?«
»Ist vielleicht ein wenig weit hergeholt, aber da ist diese Hippie-Tante, die in der Apotheke den Grußkarten- und Geschenke-Stand betreibt. Bei der könnte ich mir hundertprozentig vorstellen, dass sie mit Zauberei experimentiert. Auf jeden Fall kann ich mir ohne weiteres vorstellen, wie sie in einem Umhang über den Gerichtsplatz tanzt. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob sie böse oder gierige Seiten hat. Es könnte aber sein, dass sie das Geld für wohltätige Zwecke gesammelt hat. Wie funktioniert das denn überhaupt? Erkennst du, ob jemand magiebegabt ist, wenn du nur mit ihm redest?«
»Leider ist es nicht ganz so leicht; es sei denn, ich wäre dabei, wenn sie gerade Magie anwenden. Ich versuche erst einmal ein Gefühl für die Lage zu bekommen. Dann fällt mir vielleicht auch ein, wie ich sie testen kann.«
Ich bat ihn, auf dem Rathausplatz zu parken. Dann gingen wir in die Apotheke. Als wir eintraten, traf uns eine Wolke aus Räucherstäbchenduft, hinter der sich Rainbow verbarg. Ich war ziemlich sicher, dass das nicht ihr echter Name war.
»Seid gegrüßt und gesegnet!«, trällerte sie. »Kann ich mit irgendetwas behilflich sein? Ich habe gerade eine Lieferung heilender Aromatherapie-Kerzen hereinbekommen, die euch vielleicht gefallen. Einige balancieren eure Energie harmonisch aus, und andere unterstützen das vollständige Erblühen der Liebe.«
Owen wurde gleich wieder knallrot, allerdings war ich mir nicht sicher, ob es wegen der erblühenden Liebe war oder weil er von dem schweren, aromatisierten Rauch hustete und nach Luft rang.
»Nein, danke«, gab ich zurück. »Wir wollten nur schnell was gegen seine Allergie besorgen.« Damit zerrte ich den noch immer keuchenden Owen in den steriler riechenden Teil der Apotheke herüber.
Lester trat hinter seinem Tresen hervor, noch ehe wir die vordersten Regale erreicht hatten – nicht so sehr, weil er erstklassigen Kundenservice bieten wollte, sondern weil er fürchtete, wir könnten Ladendiebe sein. Dabei war es egal, dass er mich praktisch von Geburt an kannte; das Wort »Vertrauen« kam in seinem Wortschatz gar nicht erst vor.
»Was brauchen Sie?«, fragte er. Wenn sich jemals eine der Apothekenketten in der Stadt niederließ oder überhaupt irgendjemand eine zweite Apotheke aufmachte, würde Lester gewaltige Probleme bekommen, jedenfalls solange die anderen elementare Servicestandards beherrschten.
Ich schnappte mir eine Schachtel Benadryl von einem nahegelegenen Regal. »Wir wollen nur ein paar Antihistamine für ihn kaufen. Er ist zum ersten Mal in Texas.« Owen hustete wie auf Kommando und Lester starrte ihn an.
»Was wollen Sie denn hier?«, fragte er.
»Ich bin aus New York und besuche Katie«, keuchte Owen.
Das war keine gute Antwort. Lester traute den Ortsansässigen nicht, die er schon sein ganzes Leben lang kannte, und mithin traute er einem Fremden von der Ostküste schon gar nicht. Er riss mir die Schachtel aus der Hand und tippte ihren Preis in die Kasse ein. Owen bezahlte, noch bevor ich meine Handtasche aufmachen konnte, und beim Anblick von Bargeld taute Lester ein ganz klein wenig auf. »Bleiben Sie lange?«, fragte er.
»Nur ein Besuch«, antwortete Owen vage.
»Wenn Sie etwas Stärkeres als das hier brauchen, habe ich ein paar verschreibungspflichtige Antihistamine auf Lager. Normalerweise müssen Sie erst zum Arzt, wenn Sie sie haben wollen, aber ich bin mir sicher, dass wir uns auch so einigen könnten.«
Bevor wir den Geschenkestand erneut passierten, holte Owen tief Luft und atmete erst aus, als wir sicher wieder auf dem Gehsteig angekommen waren. »Kauf bitte keinen ihrer Aromatherapie-Artikel.« Er rang nach Luft. »Ich bin nicht sicher, ob ich das vertrage.«
»Tja, ihre Aromatherapie unterstützt bei dir wohl nicht gerade das vollständige Erblühen der Liebe, oder?«
»Na ja, da ist ein wenig Magie drin, aber sie wurde nicht ganz richtig angewendet. Deshalb wirkt sie auf eine magische Person etwas anders als eigentlich geplant.«
»Wie, ist das Zeug etwa echt?«
»Die Räucherkerze, die sie brennen hatte, enthielt ein wenig von einem gutartigen Beeinflussungszauber. Du würdest das natürlich nicht bemerken. Bei einem normalen Menschen
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