Verhext: Roman (German Edition)
redest?«
»Seit diesem Kuss mit diesem Mann. Ich weiß nicht einmal, ob ich schon in der Lage bin, darüber zu sprechen. Lernst du nicht gerade, wie man Gedanken liest? Kannst du nicht lesen, wie ich mich fühle?«
»So ist das nicht. Wir sollen nicht herumschnüffeln.«
»Wenn du meine Erlaubnis hast, schnüffelst du nicht.
Ich habe keine Geheimnisse vor dir.« Nats Lächeln war ein wenig unsicher. »Sieh es als Übung.«
Lauren suchte ihre Mitte und konzentrierte sich. Die Verbindung herzustellen war leicht, so wie immer mit ihrer engsten Freundin. Vorsichtig drang Lauren erst in Nats äußeren Geist ein, dann, als sie die Einladung spürte, tiefer. Dort blieb sie einen Moment und zog sich dann sanft wieder zurück.
»Oh, Nat.« Spiegelbildlich zu den Augen ihrer Freundin füllten sich die ihren mit Tränen. »So überwältigend, ja?«
Nat nickte und fuhr sich über die Augen.
Jesses. Jamie hatte ein paar beeindruckende Tricks an einem mondbeschienenen Strand drauf. Und ihre beste Freundin war tatsächlich dabei, sich in einen Hexer zu verlieben.
14
In dem flippigen Straßencafé drängten sich die Frühstücksgäste. Jennie zufolge war dies der beste Laden in der Stadt. Lauren roch an den Eiern mit Speck, die der Kellner vor ihnen abgestellt hatte. Von allem eine doppelte Portion. Sie hatte ein riesiges Loch im Bauch.
»Wenn du ein bisschen mehr Übung hättest und deine Barrieren besser aufrechterhalten könntest, müsstest du auch nicht so viel essen. Am Anfang verbraucht man sehr viel Energie«, sagte Jennie.
»Ich esse wie ein pubertierender Junge.« Lauren versuchte sich wenigstens so weit zurückzuhalten, dass sie sich die Eier nicht in den Mund schaufelte. »Natürlich hat das auch seine Vorteile. Gestern habe ich einen halben Liter Eis gegessen und muss trotzdem heute keine Buße tun.«
»Du hattest einen Frauenabend mit Nat, nicht wahr?«
»Hast du das aus ihrem Kopf oder aus meinem?«
»Weder noch. Ich hatte dreiundsechzig Jahre Zeit, mich im Hinsehen zu üben. Und um mitzubekommen, wie nah ihr euch steht, oder was zwischen Nat und Jamie vorgeht, muss man keine Mentalkräfte haben. Bin ich zu neugierig, wenn ich frage, wie es läuft?«
»Na ja, du hast ja gesehen, was gestern im Yoga-Unterricht gelaufen ist. Er ist ihr auf jeden Fall wichtig. Ich würde mich wohler fühlen, wenn ich wüsste, dass es nicht nur einseitig ist. Ich mag Jamie, aber …«
»Nat ist wie eine Schwester für dich.«
»Ja, das ist sie. Meine Eltern sind wunderbar, aber als mein Vater in den Ruhestand ging, sind sie nach Florida gezogen. Nat ist meine Familie. Ich will nicht, dass sie verletzt wird.«
»Männer können uns auch dann verletzen, wenn sie es gar nicht wollen, aber wenn es dir ein Trost ist: Ich glaube, Jamie ist mindestens genauso durcheinander wie Nat. Sicher ist es eine große Veränderung für sie, aber sie ist einer der ausgeglichensten Menschen, die ich je kennengelernt habe.«
Lauren freute sich über die Anerkennung für ihre Freundin, doch beruhigt war sie immer noch nicht. »Das ist sie, aber sie sehnt sich auch nach einer Familie. Ihre ist nämlich ziemlich schrecklich, und eure ist so großartig.«
Sanft berührte Jennie ihren Arm. »Hast du Angst, wir hätten nicht noch Platz für einen mehr?«
»Ganz und gar nicht. Ich habe Angst, dass sie verletzt wird, wenn die Dinge sich nicht wie in Jamies Vision entwickeln. In wenigen Tagen reisen wir wieder ab, und ich kann jetzt schon spüren, wie es sie innerlich in zwei verschiedene Richtungen zieht.«
»Ihr Yoga-Studio in Chicago«, sagte Jennie.
»Ja, und das Leben, das wir uns beide seit der Universität aufgebaut haben. Ihr Studio ist für sie das, was meine Couch für mich ist. Ihre Mitte.«
»Wir können uns um die, die wir lieben, Sorgen machen, aber selbst wir Hexen können nicht einfach den Zauberstab schwenken und plötzlich ist alles geregelt. Es sind beide vernünftige Menschen, und sie werden den Weg, der sie zueinanderführt, schon finden.«
Lauren hoffte es. »Nat verdient nur das Beste.«
»Dann hoffe ich, dass sie es bekommt. Wie findest du es denn, dass du nächste Woche zurück nach Chicago fährst?«
Lauren sah sich um. »Noch vor zwei Tagen hätte ich das nicht gekonnt – in einem Café inmitten von Menschen sitzen. Es ist immer noch anstrengend, aber ich kann hier sein und frühstücken und mich unterhalten. Das ist ein Fortschritt.«
»Du hast sehr gute Fortschritte gemacht. Deine Barrieren sind inzwischen
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