Verhext
mir später Gedanken machen. Im Augenblick habe ich wirklich andere Probleme.«
»Oh, wirklich?« Iphiginia stemmte die Hände in die Hüften. »Um welche Probleme handelt es sich denn, wenn ich fragen darf? Vielleicht hättest du ja die Güte, mir zunächst einmal zu erklären, was du in diesem mehr als eigenartigen Zimmer verloren hast?«
In diesem Augenblick öffnete sich die Hintertür. Iphiginia starrte entgeistert in Richtung des Neuankömmlings. Sie war Lady Sands niemals ordnungsgemäß vorgestellt worden, aber Zoe hatte sie ihr einmal auf einem Ball gezeigt.
Von Kopf bis Fuß in einen dunklen Umhang gehüllt, trat Hannah auf die Bühne. Sie bedachte Iphiginia mit einem traurigen Lächeln.
»Ich glaube, Marcus spricht von mir, Mrs. Bright. Ich fürchte, daß ich ihm in letzter Zeit recht viel Mühe gemacht habe.«
Ehe Iphiginia etwas erwidern konnte, wurde die Vordertür aufgerissen, und Lord Sands kam auf Socken zurück in das Zimmer gestapft, die Schuhe in der Hand.
»Wenn Masters die Dinge schon erklärt«, sagte er mit eisiger Stimme, »dann kann er sie auch gleich allen Beteiligten erklären. Und wenn er fertig ist, kann er sie mir morgen früh noch einmal über zwei Pistolen erklären.«
Hannah starrte ihren Mann an, als habe sie soeben einen Geist gesehen. »Großer Gott, nein.« Sie griff sich an die Kehle, und dann brach sie schluchzend zusammen.
»Lady Sands.« Iphiginia beugte sich eilig über sie.
»Hannah.« Sands ließ seine Schuhe fallen und rannte hinüber zu seiner Frau.
»Man sollte meinen«, sagte Marcus zu niemand Bestimmtem, »daß man eine einfache medizinische Behandlung in einem etwas ungestörteren Rahmen bekommt.«
Kapitel achtzehn
»Lady Sands, bitte, Sie dürfen sich nicht so aufregen.« Iphiginia zog ein Taschentuch aus ihrem kleinen weißen Satintäschchen. Sie beugte sich zu Hannah hinab und drückte es ihr in die zitternde Hand. »Es wird alles gut werden.«
»Danke.« Hannah schneuzte sich und wagte einen ängstlichen Blick in das steinerne Gesicht ihres Gatten. »Es tut mir leid, Mrs. Bright. Ich wollte nicht, daß es soweit kommt. Marcus hatte recht. Ich kann meinem Mann die Wahrheit nicht auf Dauer verschweigen.«
»Welche Wahrheit? Was zum Teufel geht hier vor sich?« Sands blickte Marcus an. Sein Gesicht war vor Zorn und Schmerz verzerrt. »Und verdammt, erzählen Sie mir nicht noch einmal irgendwelchen Blödsinn über Hardstaffs Behandlungen.«
»Hannah ist die einzige, die Ihnen die Wahrheit sagen kann«, erklärte Marcus. »Ich habe ihr mein Wort gegeben, daß ich ihr Geheimnis bewahre.«
»Was für ein Geheimnis teilen Sie mit meiner Frau ?« brüllte Sands. »Haben Sie sie dazu gebracht, hierher zu kommen, damit Sie sie in dem elenden Bett da drüben verführen können?«
»Nein«, erwiderte Marcus ruhig.
»Natürlich hat er nichts Dergleichen getan.« Iphiginia richtete sich auf und blitzte Sands wütend an. »Also wirklich, Sir, das ist doch die Höhe. Marcus würde niemals die Frau eines anderen verführen.«
Sands wandte sich an sie. Sein Gesicht war immer noch zornrot. »Woher wollen Sie das denn wissen?«
»Weil ich ihn sehr, sehr gut kenne.« Iphiginia tätschelte Hannahs Schulter. »Er ist einfach nicht fähig, sich derart charakterlos zu verhalten.«
Marcus’ Miene war vollkommen reglos.
Sands sah Iphiginia fragend an. »Und wie kommen Sie hierher, Mrs. Bright?«
»Ich habe eine Nachricht erhalten, genau wie Sie, Sir«, sagte Iphiginia. »Ich bin nur wenige Augenblicke vor Ihnen hier angekommen und habe mich hinter dem Vorhang versteckt.« Sie machte eine ausladende Handbewegung in Richtung des Bettes, der erotischen Gemälde und der Statuen. »Offenbar wollte jemand, daß ich Masters und Lady Sands in einer kompromittierenden Situation überrasche. Ich nehme an, Sie sollten ebenfalls Zeuge dieser peinlichen Szene werden.«
»Sie meinen, irgend jemand hat diese ganze Sache inszeniert?« Sands preßte die Lippen aufeinander. »Wollen Sie das damit sagen?«
»Zumindest ist das die einzig logische Erklärung, nicht wahr, Masters?«
»Ja.« Marcus blickte die kleine Gruppe nachdenklich an. »Hannah und ich haben ebenfalls jeder eine Nachricht erhalten.«
»Von der Erpresserin können die Briefe nicht stammen«, sagte Iphiginia. »Mrs. Wycherley ist tot. Außerdem wurden keine Forderungen gestellt. Hinter dieser Sache muß irgendein anderer Schuft stecken.«
Sands starrte die anderen an. Er verstand überhaupt nichts mehr. »Welche
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