Verhext
»Übrigens, meinen Glückwunsch, Marcus. Wie ich höre, wirst du in Kürze deine Verlobung bekannt,
geben.«
Marcus hörte, wie Iphiginia nach Luft schnappte, doch er sah sie nicht an. Seine Aufmerksamkeit galt voll und ganz seinem Bruder. »Das ist richtig.«
»Das ganze Theater spricht von nichts anderem mehr. Du mußt wirklich verzweifelt darauf ausgewesen sein, meine Heiratspläne zu unterbinden, wenn du sogar so weit gegangen bist, deinen obersten Grundsatz über Bord zu werfen.«
»Bennet, es reicht.«
»Aber dieser Teil deines Plans wird auch nicht aufgehen. Juliana wird mich heiraten, ob ich nun deinen verdammten Titel erbe oder nicht. Du wirst es sehen. Sie liebt mich und nicht den verfluchten Grafentitel. Was mehr ist, als du über deine zukünftige Frau wirst sagen können, egal, wer sie ist.«
Mit diesen Worten machte Bennet auf dem Absatz kehrt und stürmte aus der Loge.
Kapitel vierzehn
Iphiginia lehnte vollkommen reglos in den schwarzen Polstern von Marcus’ ebenholzfarbener Kutsche. Im Inneren des Gefährts herrschte Dunkelheit. Marcus füllte mit seinem breiten Körper fast | die gesamte gegenüberliegende Sitzbank aus. Eins seiner langen Beine hatte er auf dem Kissen ausgestreckt, der andere Fuß stand auf dem Boden. Er strahlte eine gefährliche, mürrische Ruhe aus.
Seit sie vor ein paar Minuten das Theater verlassen hatten, hatte er nicht viel mehr als ein Dutzend Worte gesagt. Das meiste davon waren Anweisungen an Dinks gewesen.
Iphiginia hatte das Ende von Keans Aufführung nicht mehr sehen dürfen. Marcus hatte etwas davon gemurmelt, daß er das Gedränge nach der Vorstellung vermeiden wollte, aber Iphiginia wußte, daß das nicht der wahre Grund war, weswegen er früher hatte gehen wollen.
Als er ihr barsch befohlen hatte, ihn zu begleiten, hatte sie den Zweifel und die Mißbilligung in Amelias Blick bemerkt. Aber sie hatte sich ihm stumm gefügt. Amelia war in die Loge von Zoe und Otis hinübergewechselt, die sie auch sicher nach Hause bringen würden.
Als Iphiginia und Marcus Amelia zu der anderen Loge begleitet hatten, hatte Zoe fragend aufgeblickt, aber Iphiginia hatte sie ignoriert. Sie hatte gewußt, daß ihrer Tante bereits die Gerüchte über Marcus’ bevorstehende Verlobung zu Ohren gekommen waren, aber sie hatte ihr dafür keine Erklärung geben können.
Als die Kutsche anfuhr, brach Marcus schließlich das bedrückende Schweigen.
»Es tut mir leid, daß du in deiner Loge Zeugin der unglückseligen Auseinandersetzung mit meinem Bruder geworden bist.« Er starrte hinaus in die Dunkelheit. »Er scheint im Augenblick eine höchst melodramatische Phase durchzumachen.«
»Marcus, ich glaube, du schuldest mir eine Erklärung.«
»Mmm.«
Iphiginia wartete ein paar Sekunden, doch Marcus schwieg.
»Und?« drängte sie schließlich.
»Und was?« Marcus wandte den Blick nicht ein einziges Mal von der Straße.
Iphiginia unternahm den heldenhaften Versuch, nicht die Geduld zu verlieren. »Und, welche Erklärung gibt es für die Szene in meiner Loge?«
Marcus zögerte, als befinde er sich auf unsicherem Terrain.
»Es ist wohl einer deiner Grundsätze ist, anderen niemals etwas zu erklären«, sagte Iphiginia. »Aber ich finde, in diesem Fall -«
»Bennet bildet sich ein, daß er sich leidenschaftlich in Juliana Dorchester verliebt hat.«
»Und du billigst diese Verbindung nicht?«
Marcus blickte sie an. »Wie hast du das erraten?«
»Das war nicht allzu schwierig.«
»Es ist Dorchesters größter Wunsch, das bescheidene Vermögen seiner Familie aufzubessern, indem er seine Tochter mit einem reichen Mann verheiratet. Und Mrs. Dorchesters oberstes Ziel ist es, einen Titel für ihre Sippe zu ergattern. Also versuchen sie in dieser Saison verzweifelt, Juliana mit einem wohlhabenden, adligen Mann zu verkuppeln. In der vorigen Saison war es bereits dasselbe.«
»Woher weißt du das?«
»Letztes Jahr war ich eine Zeitlang als Opfer auserkoren.« Das Licht einer vorbeifahrenden Kutsche fiel durch das Fenster und erhellte die harten Linien in Marcus’ grimmigem Gesicht. »Dorchester ging sogar so weit zu versuchen, mich gemeinsam mit seiner Tochter in eine kompromittierende Situation zu manövrieren.«
»Gütiger Himmel. Wie das?«
»Ich will dir die Einzelheiten ersparen. Es war ein schäbiges Komplott, schlecht vorbereitet und leicht zu durchschauen. Aber es genügt, zu sagen, daß es nicht funktioniert hat.«
»Ich verstehe.« Iphiginia fröstelte. Sie zog ihr
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