Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verico Target

Verico Target

Titel: Verico Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
Vom Netzwerk:
an der Verkehrsampel nahe dem
Verwaltungszentrum vorgefallen war. Die Insassen des Wagens, aus dem
der Schuß abgegeben worden war, hatten sich der Festnahme
entzogen. Ungeachtet der Menschenmenge am Ort des Verbrechens gab es
keine echten Zeugen – niemand hatte irgend etwas gesehen, was
den beiden Polizisten im Begleitfahrzeug entgangen war. Einer der
beiden Männer hatte die Verfolgung aufgenommen, aber die
Kriminellen hatten den Fluchtwagen verlassen und waren zu Fuß
entkommen, bevor Verstärkung eintraf. An der Waffe hatte sich
vermutlich ein Schalldämpfer befunden. Die Bostoner
Stadtpolizei, von der einige Beamte der Einsatztruppe
angehörten, durchkämmte das Stadtgebiet weiterhin nach
Hinweisen und nach Judy Kozinski. Dollings’ Leichnam wartete auf
seine Autopsie.
    »Und in dem Durcheinander stieg Mrs. Kozinski einfach aus und
ging davon«, stellte Cavanaugh fest. Er bemühte sich,
seinen Tonfall so neutral wie möglich zu halten. Judy Kozinski
war zwei Polizisten durchgebrannt. Ein Agent war tot. Wie das FBI
würden auch die Bullen im ganzen Bundesstaat das Unterste
zuoberst kehren.
    »Wahrscheinlich hat niemand angenommen, daß Mrs.
Kozinski davonrennen würde«, sagte Lancaster. »Sie
hatte doch keinen Grund dazu, oder?«
    »Nur Angst. Sie war das Ziel zweier Mordanschläge an
einem Tag.«
    »Ich schlage vor, Sie berichten mir jetzt mal alles, was Sie
haben, Cavanaugh. Ich hatte Ihren Boss am Telefon, Felders. Er
schickt mir die ganze Akte. Jetzt möchte ich’s von Ihnen
hören. Wir können nicht helfen, wenn Washington uns nicht
auf dem laufenden hält.« Sein Tonfall blieb beherrscht.
    Cavanaugh ging den Fall durch, angefangen von dem ersten Hinweis
auf dem Cellini-Denisi-Abhörband. Lancaster saß mit
verschränkten Armen da und hörte zu; der eisengraue Blick
verließ Cavanaughs Gesicht keine Sekunde lang. Er war
geladen.
    Als Cavanaugh geendet hatte, sagte Lancaster: »Eine
Biotechfirma. Die Proteine herstellt.«
    »Organische Proteinmoleküle, ja. Mittels gentechnisch
veränderter Viren.«
    »Für den Verein.«
    »Ja«, nickte Cavanaugh. Lancaster mußte aus
Chicago stammen. ›Verein‹ sagte man in Chicago zur Cosa
Nostra.
    »Und ohne jeglichen Profit, wie man im Hauptquartier
feststellte.«
    »Nicht zu diesem Zeitpunkt, jedenfalls.«
    »Und keine Anwendungsmöglichkeit als Waffe.«
    »Nicht auf den ersten Blick«, sagte Cavanaugh.
    »Und kein Schwein hört auch nur ein
Sterbenswörtchen davon!«
    »Wir haben keinen EVOK-Status«, wandte Cavanaugh
ein.
    »Aber das Hauptquartier wendet eine Menge Geld und Personal
dafür auf.«
    Cavanaugh antwortete nicht. Die lokalen Einsatztruppen litten
immer an Geld- und Personalmangel. Jeder Kommentar war
überflüssig.
    »Hören Sie, seit fünfzehn Jahren versuche ich
jetzt, den Verein anzubohren«, sagte Lancaster. »Seit
fünfzehn Jahren! Erst in Chicago, dann bei der Einsatztruppe in
New York und jetzt hier. Es läuft überall gleich. Wenn
einer im Verein was werden will, dann muß er ihm was
einbringen. Er muß einträglich sein. Wenn er tüchtig
einbringt, dann beginnen die Alten, auf ihn zu hören. Je mehr er
einbringt, desto besser hören sie zu. Falls er sich bei
dem, was er sagt, auf Dinge beschränkt, die den Alten nicht
allzusehr gegen den Strich gehen. Und nur unter der Voraussetzung,
daß er weiterhin tüchtig einbringt. Anders geht es nicht.
Nicht bei denen. Von dem Moment an, wenn sie frühmorgens
aufstehen, bis zu dem Moment, wo sie nachts das müde Haupt aufs
Kissen betten, denken sie an nichts anderes als ans Geldverdienen und
daran, wie sie ihre Leute bei der Stange halten. Daran denken sie und
nicht an Viren oder DNA oder Biotechnik. Damit geben sich die nicht ab, Cavanaugh. Vergessen Sie’s.«
    »Sie haben aber Dollings umgebracht«, bemerkte Cavanaugh
ruhig.
    »Und das sagt mir, daß Dollings seine Nase in etwas
gesteckt hat, wo sie nichts zu suchen hatte. Oder Kozinski. Haben Sie
das mal abgeklopft, statt sich in diesem Biotech-Quatsch
festzukrallen?«
    »Haben wir.«
    »Kozinski oder seine Frau haben sich nicht vielleicht davor
gedrückt, Bestechungsgelder zu zahlen? Hatte er Schulden? Hat er
gespielt? Hat er geschnupft? Gab’s Weiber? Nein? Nun ja, das
werden wir noch mal überprüfen«, sagte Lancaster.
»Wir finden schon raus, wer Dollings umgelegt hat. Ist ja in
unserem Bezirk passiert.«
    »Fein«, sagte Cavanaugh; er hielt an sich, denn er
konnte sich lebhaft vorstellen, was Felders mit ihm aufführen
würde, wenn er es

Weitere Kostenlose Bücher