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Verico Target

Verico Target

Titel: Verico Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Charlie fing wieder an zu feuern, diesmal mit der
Cobray, schoß wild und ziellos auf alles und jedes und machte
keine Anstalten, zum Zaun zu rennen, was hieß, daß er
ziemlich schlimm getroffen war und vor Schmerz den Verstand verlor
– viel davon hatte er ja ohnehin nicht…
    Saralinda schrie auf und fiel zu Boden.
    Wendell leerte das Magazin seiner Cobray in das Gebüsch, in
dem Charlie lag, alle einunddreißig Schuß.
    Dann lief er zu Saralinda. Beide Kinder hatten sich auf sie
geworfen und kreischten. Wendell packte Penny und zog sie von ihrer
Mutter weg, aber Penny wandte ihm ihr verschwollenes, entsetztes
Gesichtchen zu und begann, mit ihren kleinen Fäusten auf ihn
einzuschlagen.
    »Penny, ich bin’s, Papi! Papi! Ist schon gut, Kleines,
ich bin ja jetzt hier, ist schon gut…«
    Aber sie fuhr fort, hysterisch auf ihn einzuboxen, und so schob er
sie zur Seite und beugte sich über Saralinda. So dicht am Boden
kam kaum Licht hin, und Wendell konnte nicht sehen, wo sie getroffen
war. Er legte sein Ohr auf ihr Herz.
    Die Skimaske blieb an ihrem Blut kleben.
    Aber sie atmete. Er hob sie hoch und legte sie vorsichtig
über die Schulter. »Kommt, Kinder, rasch, gehen
wir…«
    Die Kinder rückten schreiend von ihm ab. Er konnte sie nicht
packen und davonschleppen, weil er Saralinda tragen mußte.
Penny nahm ihren Bruder an der Hand und zog ihn zum Bungalow.
    »Okay, gut, bleibt drinnen, Kinder. Ich komme gleich wieder
zurück…«
    Saralindas langes Haar strich über den Boden, als er mit ihr
davonrannte. Das Loch im Zaun war nicht allzu weit entfernt, und das
Kampfgeschehen spielte sich am anderen Ende der Siedlung ab –
war Grady denn immer noch am Feuern? Wieder explodierte eine
Handgranate… Saralinda war so leicht… Die Kinder
würden sich sicher im Schrank verstecken oder unter dem
Bett… Er sollte besser Gradys Wagen nehmen, der zwar vermutlich
gestohlen war, aber sicher nicht so leicht mit ihm, Wendell, in
Verbindung gebracht wurde wie sein eigener… Wieso befanden sich
Waffen in der Siedlung? Wer hatte sie heimlich reingebracht? Er
hätte nie zulassen sollen, daß Charlie eine Waffe in die
Hand bekam. »Das zweite hob ich ja im Kofferraum
gelassen.« Das andere Ingram. Saralinda brauchte einen Arzt.
Die Siedlung hatte jetzt eine Krankenstation. Wen hatte Grady
inzwischen umgebracht? Pennys Haar war ganz blutig gewesen, weil sie
sich an ihre Mutter geklammert hatte…
    Verzweifelt wünschte er sich, er hätte einen Drink.
    Niemand war in der Nähe des Lochs, aber die Flutlichter
strahlten hell. Rasch trat Wendell hindurch und stolperte mit
Saralinda unter die nahen Bäume. Dann waren sie im Wald und in
Sicherheit – und bei Gradys heißem Wagen, aus dem sich
eine weibliche Gestalt gerade aufrichtete.
    Wendell hob die Cobray, die jetzt leer war. Er hatte zwar ein
Reservemagazin in seiner Jacke, aber mit Saralinda über der
Schulter kam er nicht an die Tasche heran.
    Die Frau sagte: »Schießen Sie nicht. Ich bin
Krankenschwester. Ich kann ihr helfen.«
    Und augenblicklich spürte Wendell, wie ihm die Worte in den
Sinn kamen – unwillkürlich und unerwünscht, verdammt
noch mal, aber da waren sie nun mal: Und es wird ein Erlöser
unter euch sein… Er merkte, wie er kurz und scharf die Luft
einsog, und eine Sekunde lang wollte er nichts anderes als bloß
heulen.
    Die Frau sagte mit einer weichen, sanften Engelsstimme: »Es
sieht so aus, als hätte sie eine Menge Blut verloren. Sie
braucht rasch Hilfe. Lassen Sie mich nach ihr sehen.«
    Er wollte heulen, die Frau umfassen, auf die Knie sinken und
beten. Doch statt dessen verstaute er Saralinda und die Frau im Wagen
und rannte zurück, um Penny und David zu holen. Unterwegs schob
er das Reservemagazin in die Cobray.

»Nein«,
sagte Deming.
    In der einen oder anderen Form sagte er das seit einer Stunde.
Cavanaugh sah den jungen Bundesanwalt an, der sich dekorativ in einen
Ecksessel in Felders Büro hingegossen hatte, und widerstand dem
Drang, ihm den Hals umzudrehen. Das also war es, was Felders
meinte, wenn er von der ›natürlichen Reaktion des
Straßenbullen auf Juristen‹ sprach. Felders behauptete,
daß diese natürliche Reaktion in North Carolina, wo er
drei Jahre lang Streife gefahren war, so üppig gedieh wie
Unkraut. Cavanaugh war kein Straßenbulle, und hier war nicht
North Carolina; und so bemühte er sich, Demings Worte ihrem
Inhalt und nicht ihrem arroganten Tonfall nach zu bewerten.
    Zwei Stunden zuvor, um 18 Uhr 30, war er auf dem

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