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Verico Target

Verico Target

Titel: Verico Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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nach irgend etwas…
    Aber da war nichts. Die Küchenmesser waren im Schrank
eingeschlossen. Als sie Botts Stiefel im knirschenden Schnee
draußen hörte, schnappte sie sich den Schürhaken vom
offenen Kamin und schob ihn unter Saralindas Bett. Der Kamin wurde
ohnehin nicht benutzt; vielleicht merkte Botts nicht, daß der
Feuerhaken fehlte.
    Zusammen mit ihm kamen ein paar Sonnenstrahlen in die Hütte.
Also war immer noch Nachmittag.
    Penny nieste, und ihre Nase lief. »Ich habe Hunger.«
    »Nun, dann sollten wir etwas essen, Schätzchen. Wir
haben Erdnußbutter! Das wär doch was, hm?«
    »Mami auch.«
    »Mami muß schlafen.«
    Die Kleine widersprach nicht; aber ihre Augen hingen an
Saralinda.
    David wachte auf, fing an zu weinen, und als er aus vollem Halse
zu brüllen begann, war das fast eine Erleichterung. Judy
wechselte seine triefend nasse Windel, gab ihm Kekse mit
Erdnußbutter und einen aufgeschnittenen Apfel und rührte
Trockenmilch an. Keine Chance, an die Messer heranzukommen.
    Wendell kniete sich auf den Teppich und zog ein rotes
Matchbox-Auto aus der Tasche. »Schau her, Davey! Ich hab dir ein
Auto mitgebracht! Schau, wie es fährt! Brumm, brumm!«
    David drehte sich um und trottete zurück zum Bett, auf dem
seine Mutter lag.
    »Nein, Davey, laß Mami schlafen. Komm her, Junge,
spielen wir zusammen mit dem Auto!«
    »Nein«, sagte der Kleine. Judy krampfte es das Herz
zusammen. Aber Botts blieb einfach sitzen auf dem Teppich, das kleine
rote Auto in der Hand. Er drehte es immerzu rundum.
    Judy kniete sich neben ihn. »Hören Sie, Wendell, ich
weiß, daß Sie für Saralinda andere Pläne haben.
Aber ich fürchte, wenn sie nicht bald einen Arzt
bekommt…«
    Er hob die Augen und sah in die ihren. Unter seinem Blick zuckte
Judy zurück, erhob sich und ging zurück zu ihrem Stuhl. Sie
machte keinen weiteren Versuch mehr.
    Der Nachmittag zog sich dahin. Die Kinder lagen mit offenen Augen,
aber ohne zu sprechen auf dem Bett und klammerten sich an ihre
Mutter. Hin und wieder wischte Judy Penny die Nase ab; die
Erkältung wurde schlimmer. Botts saß da, die Waffe auf den
Knien. Er schien über eine enorme Kapazität zum Nichtstun
zu verfügen, dazu, einfach dazusitzen und ins Leere zu starren.
Judy hätte nicht gedacht, daß Kriminelle sich so
verhielten; sie hatte sie immer als energiegeladene und ruhelose
Menschen vor Augen gehabt, die ihre Zeit fast zwanghaft ohne
Unterlaß mit Raub und Mord ausfüllten.
    Aber was verstand sie schon von Kriminellen. Oder von irgend etwas
sonst…
    Während der langen, leeren Stunden dachte sie oft an ihren
Vater. Der würde, wäre er jetzt in ihrer Situation, zu
diesem liebenden Gott beten, der, wie er inbrünstig glaubte, die
richtige Wahl treffen würde – selbst wenn es sich dabei um
den Tod durch die Hand eines halbverrückten, verzweifelten
Versagers wie Botts handelte.
    Als Judy zwölf Jahre alt gewesen war, hatte sie sich in Gott
verliebt. So sah sie es jetzt: der gleiche Zusammenbruch der Grenzen
ihres Egos wie damals, als sie sich in Ben verliebt hatte, das
gleiche freudige Überfließen ihrer Persönlichkeit in
die Seine, die gleiche atemlose Verwunderung, daß das
tatsächlich ihr geschehen konnte. Liebe. Es hatte etwas
mehr als ein Jahr gedauert, und während dieser Zeit hatte sie
ernstlich erwogen, Nonne zu werden. Aber wie eine romantische
Verliebtheit hatte auch diese Liebe zu Gott geendet. Doch ein Problem
ergab sich dabei: Wenn man aufhörte, Gott zu lieben, dann war
das nicht so, als würde man aufhören, seinen Ehemann zu
lieben. Der Ehemann war immer noch da, man konnte mit ihm streiten,
mit ihm schlafen, sich wieder vertragen mit ihm oder ihn verlassen.
Aber Gott war, nachdem sich ihre Liebe zu Ihm kurz nach ihrem
dreizehnten Geburtstag gelegt hatte, einfach verschwunden. Weg.
Niemand war da, an den man sich auf andere Weise hätte
gewöhnen können, mit dem man abrechnen, von dem man sich
scheiden lassen konnte. Gott war einfach weg.
    Das war ihre erste Begegnung mit dem Tod gewesen.
    Ihr Vater, vermutete sie, hatte das durchschaut und für die
arme Trauernde gebetet.
    »Wach auf!« wisperte Dan O’Brien jetzt. »Wach
auf, Mädchen!«
    Aber sie war wach! Sie rannte draußen den
schneebedeckten Berghang hinab und jagte mit einer 357er Magnum in
der Hand hinter Gott her. Sie würde Ihn töten, weil er
zugelassen hatte, was mit Ben geschehen war. Mit Saralinda. Und mit
Doktor Julia Garvey, die plötzlich wie ein Geist neben ihr
auftauchte und nüchtern

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