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Verico Target

Verico Target

Titel: Verico Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Krempel
darüber, daß Pere Cadaud in Wirklichkeit der von den Toten
auferstandene hl. Cadoc war, konnte man vergessen. Ebenso den ganzen
verrückten Geisterzauber. Da gab’s Schlimmeres.
    Die Bibel war voll von Versen, die man dazu benutzen konnte, um
das Wort ›Menschenopfer‹ gar nicht so abwegig klingen zu
lassen. In diesem Moment allein konnte er ein halbes Dutzend
Bibelstellen aus dem Ärmel schütteln, die anwendbar waren,
wenn man ihre Bedeutung so weit auslegte, wie es die Ältesten
nun einmal taten. Und der Kalksteinuntergrund, auf dem das Anwesen
des göttlichen Bundes stand, war durchsetzt mit Höhlen und
unterirdischen Gängen. Die Howe-Höhlen, eine bekannte
Sehenswürdigkeit, waren nur fünfundzwanzig Kilometer davon
entfernt, auf der anderen Seite der Durchgangsstraße. Und
Ausläufer und Verästelungen davon gab es überall in
diesem Teil des Staates.
    Die Streiter des göttlichen Bundes hatten einige der
unterirdischen Höhlen als Bunker eingerichtet und mit
Nahrungsmitteln, Schlafstellen und Kerzen ausgestattet, in der
Erwartung des großen heiligen Krieges von Armageddon, der
angeblich bevorstand.
    Gut vorstellbar, daß sie dort unten Menschenleben als
blutige Sühneopfer darbrachten; Wendell war schon in den
Höhlen gewesen. Sie waren kalt und finster und enthielten
tonnenweise natürliches Kalksteingeröll. Wenn man das
irgendwo am Ende eines tiefen blinden Höhlenganges über die
Leichen schaufelte, würde auch in hundert Jahren niemand darauf
stoßen. Na gut, dann war also Naomi Evanston in einem
Krankenhaus gestorben und hatte ihren Nachruf in der Zeitung, und mit
ihr hatte alles seine Ordnung – aber wer aus der Siedlung war
noch verschwunden? Moralisch verkommener Abschaum wie er durfte den
Fuß nicht auf den heiligen Boden setzen, und die Behörden
nannten es Privatbesitz und ließen die Hände davon –
wer würde es also je erfahren?
    Und seine Kinder waren dort. Drinnen. Und Saralinda…
    Von allein geht gar nichts.
    Er trank den letzten Schluck Clubsoda aus, knöpfte sich
vorsichtig das Hemd über den angeschlagenen Rippen zu und machte
sich auf den Weg zur Zusammenkunft der Anonymen Alkoholiker.

»Was,
zum Teufel, machen Sie da?« fragte Felders. »Dafür
werden Sie nicht bezahlt!«
    Cavanaugh sah von den Einzelteilen der Kaffeemaschine auf, die auf
der Resopalplatte des Tisches verstreut lagen. »Offensichtlich
wird auch niemand anderer dafür bezahlt, damit er es macht. Das
verdammte Ding ist kaputt. Seit zwanzig Minuten spiele ich mich damit
herum!«
    »Na, dann holen Sie sich doch Ihren Kaffee aus dem Automaten!
Sie trinken doch ohnehin alles.«
    »Das steht nicht zur Debatte«, sagte Cavanaugh geduldig.
»Diese Kaffeemaschine ist vierzehn Monate alt. Die Garantiezeit
ist gerade abgelaufen. Sie dürfte mir nicht schon
kaputtgehen!«
    Felders grinste. »Ihnen persönlich?«
    »Ja«, antwortete Cavanaugh. »Ich nehme das als
persönlichen Affront. Wofür ich, das möchte ich
unterstreichen, auch allen Grund habe: Ich habe sie bezahlt. Das hier
ist meine ganz persönliche nicht funktionierende
Kaffeemaschine.«
    »Genau wie Ihr persönliches nicht funktionierendes
Mobiltelefon und Ihr persönliches nicht funktionierendes
Fax.«
    »Nein, das sind amtliche Funktionsausfälle, obgleich
nicht ganz ohne Beziehung zueinander. Marty, ich sage Ihnen, es ist
dieses Gebäude! Bringen Sie eine Maschine irgendwohin in das
bundesbehördliche Dreieck – hierher oder ins
Justizministerium – und sie ist tot.«
    »Nein, Bob, das liegt nicht am Dreieck, das liegt an Ihnen!
Maschinen mögen Sie einfach nicht! Kann mir nicht vorstellen,
weshalb. Sie sind ein so liebenswerter Mensch. Hören Sie, holen
Sie sich Ihren Kaffee aus dem Automaten und kommen Sie in mein
Büro. Wir haben etwas Größeres als tote
Kaffeemaschinen.«
    »Tote Menschen?«
    »Nein«, sagte Felders, »zumindest noch
nicht.«
    Ein Mann wartete in Felders’ Büro; er war noch
jünger als Cavanaugh, etwa fünfundzwanzig bis
siebenundzwanzig. Teurer dunkelgrauer Anzug, perfekter, seriöser
Haarschnitt und die gewisse leicht gehemmte, steife Haltung, die
Cavanaugh augenblicklich zu erkennen gab, um wen es sich handelte: um
einen neuen Staatsanwalt im Auftrag des Justizministeriums, der sich
alle Mühe gab, älter und eindrucksvoller auszusehen, als er
tatsächlich war. Eingestellt unmittelbar nach ihrem Abgang von
der Uni im Frühjahr, standen sie im August in voller Blüte,
wie Unkraut.
    »Stellvertretender Bundesanwalt Jeremy

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