Verico Target
Arbeit
erklärte, wie etwas vor sich ging, von dem alle wußten, daß es vor sich ging.
7. Doktor Garvey kann sich nicht vorstellen, daß K’s
Ergebnisse zu einer kriminellen Aktivität führen
könnten, die ohne diese Ergebnisse nicht auch auskäme.
8. Doktor Garvey hat die wenigen Artikel gelesen, die von zwei
Wissenschaftlern bei Verico – einer davon Eric Stevens –
veröffentlicht wurden. Sie sagt, es handle sich dabei
ausnahmslos um mittelmäßige Arbeiten, die selbst unter
Aufbietung aller Phantasie nicht im entferntesten mit irgend etwas in
Verbindung gebracht werden könnten, mit dem K. sich
beschäftigt hat.
Wiederum eine Sackgasse ohne Ergebnis – wie der Bericht vom
Tatort, die Gespräche mit Judy Kozinski und Caroline Lampert und
die Versuche, Verico finanziell mit der Mafia zu verknüpfen. Er
hatte immer noch nichts, was eine Klassifizierung dieses Falles als
EVOK mit den entsprechenden Voraussetzungen für eine
›Feststellung der Zusammensetzung, des inneren Aufbaues und der
Aktivitäten von kriminellen Organisationen‹ rechtfertigen
könnte.
Cavanaugh legte seine Notizen ab, zusammen mit Julia Garveys
Zeichnung der DNA-Schlange im Innern des Zell-Winterreifens. Dann
nahm er eine Packung Papiertaschentücher vom Stapel, um ihn als
Reserve im Wagen zu haben. Auf dem Weg aus dem Gebäude bemerkte
er, daß das Faxgerät der Abteilung repariert war und
geschäftig summte, weil die Tagesberichte von wirklichen
Fällen eintrafen, in denen tatsächlich etwas
vorwärtsging.
Draußen wartete ein perfekter Spätsommerabend auf ihn.
Washingtons übliche muffige Schwüle war dahin und hatte ein
Lüftchen zurückgelassen, das so süß und klar und
lau war wie eine Liebkosung. Lange, kühle Schatten legten sich
über die Constitution Avenue. Die schwindenden Strahlen der
Sonne leuchteten blaßgolden, und der Abend duftete
mysteriöserweise nach unsichtbaren Blüten. Sogar durch
Cavanaughs Schnupfen hindurch.
Er stand auf den flachen, breiten Stufen und schloß eine
Sekunde lang die Augen. Dann ging er zurück ins
Gebäude.
Das Fax stand still; die Berichte hatten aufgehört
einzugehen. In seiner deutlichen, zierlichen Handschrift schrieb
Cavanaugh auf ein Blatt Memo-Papier:
In einer solchen Nacht, denk’ ich, stieg Troilus auf
Trojas Mauern und seufzte seine Seele hin zu den Zelten der Griechen,
wo Cressida im Schlafe lag.
Lange blickte er auf das Blatt. Es hängt einem nach, wenn man
irgendwann mal Literatur studiert hat, dachte er.
Dann zerriß er das Stück Papier. Auf ein zweites Blatt
schrieb er in Blockschrift: FISCHGESPRÄCHE ÜBER WASSER.
Ein alter Witz: Man kann sich fragen, worüber Fische reden,
aber, jede Wette, über Wasser sicher nicht!
ISTIOPHORUS: Dort draußen ist etwas.
HYPSYPOPS: Wo draußen?
ISTIOPHORUS: Dort.
HYPSYPOPS: Wo draußen?
ISTIOPHORUS: Überall.
HYPSYPOPS: Worüber redest du eigentlich, zum Geier?
ISTIOPHORUS: Komm, nimm doch ein Maul voll!
HYPSYPOPS: Ein Maulvoll was?
ISTIOPHORUS: Von dem, was da ist.
HYPSYPOPS: Und was?
ISTIOPHORUS: Das ist mir zu blöd. Ich geh jetzt raus.
HYPSYPOPS: Raus aus was?
Cavanaugh unterschrieb – in noch kleinerer Schrift – mit
›ein Fisch auf dem Trockenen‹ und schickte es an Marcias
Privatfax zu Hause. Dann verließ er endgültig das Hoover
Building und ging schniefend und schnaufend zurück in den
herzzerreißenden Sommerabend.
Wir machen immerzu Fortschritte, und diese
Fortschritte werden immerzu zurückgeworfen. Wenn wir den
Gewerkschaften und den seriösen Geschäften die
Legitimität nehmen, machen wir sie letzten Endes zu nichts
weiter als zu Straßenbanden. Innerlich waren es ohnedies immer
schon Straßenbanden.
- Rudolph Giuliani, U.S.-Bundesanwalt, 1988
Jeanne
Cassidy trat vom Gehsteig auf die Straße, ihre Bücher an
die Brust gepreßt.
Rundum erstreckte sich das häßliche Gelände der
Michigan State University: ein Backsteingebäude neben dem
anderen, alle mit flachen Dächern und von monoton gleichem
Aussehen. Dagegen hatte selbst das bunte Herbstlaub, als es noch an
den Bäumen hing, wenig ausgerichtet, doch jetzt, wo die letzten
Blätter von den Zweigen gefallen waren, wirkte das
Universitätsgelände noch trister. Obwohl heute –
für November – ein warmer Tag war. Die Studenten hatten
ihre Mäntel in den Wohnheimen gelassen, und die Schals hingen
über Sessellehnen oder an den Griffen von Schubladen. Ein paar
Leute – Optimisten oder Exhibitionisten –
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