Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Veritas

Titel: Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi
Vom Netzwerk:
härter noch als die beiden, die ihr vorausgingen. Heuer kommt der Winter früher, man kämpft in der Kälte, im Regen und im Schlamm. Am 27. September versuchen die Franzosen einen Ausfall, doch ohne Erfolg. Vier Tage später beginnen die schweren Kaiserlichen Artillerien, die unter enormem Verlust an Menschenleben herbeigeschafft wurden, Landau zu beschießen. Eine Sintflut aus Feuer ergießt sich über die Festung, doch der Widerstand der Franzosen ist zäh. Eugen von Savoyen tobt: Man hätte Landau in fünf oder sechs Wochen einnehmen müssen, schreibt er aus seinem Zelt nach Wien, stattdessen zieht sich die Operation in die Länge, während die Franzosen in Italien freie Hand haben.
    «Vielleicht gab es aber auch einen gewichtigeren Grund für seine Empörung», vermutete Atto. «Er und Marlborough waren von Joseph ausgeschaltet worden. Sie hatten ihren Ehrenplatz verloren.»
    Nach neun Wochen furchtbarer Kanonaden und Attacken fällt die Festungsstadt Landau endlich. Der Kommandant Laubanie verliert beide Augen und stirbt zwei Jahre später an nie verheilten Wunden. Die französische Garnison ergibt sich, wieder werfen die Soldaten Joseph ihre Waffen vor die Füße. Der junge Thronerbe hat bewiesen, dass er das Kriegsglück allein mit seiner Anwesenheit zu wenden vermag. Durch den ersten Sieg war er ein junger Held geworden, mit dem zweiten wird er ein leuchtendes Vorbild für alle Soldaten. Der Winter ist da, das Jahr 1704 wurde mit einem wichtigen Sieg abgeschlossen, die englischen und holländischen Verbündeten können zufrieden heimkehren. In Wien erklingen die Glocken im Festgeläut, im Herzen des Savoyers nagt ein finsterer Groll. Und wenn Joseph zur neuen Ikone des Krieges aufstiege und so die Legende vom Prinzen Eugen, die sich schon in ganz Europa verbreitet, auslöschen würde? Doch ein Jahr nach der Wiedereroberung Landaus ändert sich die Lage. Kaiser Leopold stirbt. Nun wäre es unklug, dem jungen Herrscher zu gestatten, Wien zu verlassen und in den Krieg zu ziehen, da er noch keine männlichen Nachkommen hat (sein kleiner Sohn, Leopold Joseph, ist als Kind gestorben). Eugen bleibt Oberbefehlshaber aller militärischen Operationen und lenkt das Kriegsgeschick während der nächsten drei Jahre.
    Der stumme Streit zwischen dem Herrscher und seinem General kommt 1708 erneut zum Ausbruch: Die Königin von England fordert, Eugen solle an den Kämpfen in Spanien teilnehmen, wo es Karl, Josephs Bruder, nicht gelingen will, sich gegen die französischen Armeen Philipps von Anjou, Enkel des Sonnenkönigs auf dem spanischen Thron, zu behaupten. Die in Spanien stationierten Kaiserlichen Truppen werden von Guido Starhemberg angeführt, dem das Glück nicht immer hold ist. Eugen ballt die Faust in der Tasche: Er weiß, dass er Starhemberg überlegen ist und an dessen Stelle reichlich Ruhm und Ehre erwerben kann.
    Ein rastloses diplomatisches Hin und Her mit den englischen Verbündeten beginnt, aber die Kaiserlichen bleiben hart: Der Prinz von Savoyen darf sich nicht zu weit von Österreich entfernen. Eugen muss es hinnehmen und schweigen.
    Im Jahr 1710 geht es erneut darum, Eugen nach Spanien zu schicken, doch Ihro Kaiserliche Majestät ist weiterhin dagegen, und nichts geschieht. Im Kreis von Freunden macht Eugen nun seinem Ärger mit Anspielungen Luft: «Vielleicht hat Starhemberg nicht alles getan, was man von ihm erwartete?», fragt er ironisch. Und er verrät, er habe mit eigenen Augen gesehen, wie Joseph auf der Konferenz der Minister das Papier mit Eugens Kandidatur für das Kommando in Spanien schwenkte, doch dann habe der Kaiser den Plan boykottiert, ohne ihm ein Wort davon zu sagen. Joseph irrte nicht: Er dachte an die Sicherheit des Reiches.
    Zweimal in Landau und wiederum zweimal mit Spanien hat Joseph den Stolz und den Ehrgeiz Eugens mit Füßen getreten. Der Verlierer hat geschwiegen und gehorcht; etwas anderes war ihm nicht möglich. Doch was wäre geschehen, wenn der heimliche Wettkampf, von welchem allein die beiden Kontrahenten wussten, sich immer und ausschließlich zum Vorteil eines der beiden Männer fortgesetzt hätte? Und welche Rolle spielte bei alldem die merkwürdige Münze, die Cloridia unter abenteuerlichen Umständen aus Eugens Palais geschafft hatte?
    «Diese Münze ist das Symbol für Landau», schloss Atto, «die erste schwere Niederlage, die Eugen hat hinnehmen müssen. Und sie zeigt, dass der Prinz von Savoyen keine der durch Joseph erlittenen Schmähungen vergessen

Weitere Kostenlose Bücher