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Veritas

Titel: Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi
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Leichen auf!

    «Ugonio verkehrt also mit Gaetano Orsini, diesem Heiligen Alexius aus zweiter Hand», rief Atto aus. «Verflucht! Und eben noch hatten wir den Heiligenfledderer hier in unserer Gewalt gehabt!»
    «Auf seine Schlüssel wird er aber nicht verzichten, Signor Atto», tröstete ich ihn. «Sobald er zurückkommt, werden wir ihn gründlich verhören.»
    Mit niedergeschlagener Miene versank der Abbé noch tiefer in seinem Sessel. Auch ich setzte mich. Durch diese Neuigkeiten hatte sich die Lage so abrupt verändert, dass wir nun überwältigt zusammensanken.
    Der Heiligenfledderer hatte es überzeugend erklärt: Nicht am Tod von wem auch immer war der Derwisch interessiert, sondern einzig am Kopf des Kara Mustafa. Doch wenn es nicht die leiseste Spur eines türkischen Komplotts gab, wer hatte dann Danilo, Hristo und Populescu umgebracht?
    Es war eine Tatsache, dass wir keine Beweise gegen die Türken gefunden hatten. Was blieb, waren die letzten Worte Danilos, kurz bevor er starb. Der junge Pontevedriner hatte deutlich den Namen des geheimnisumwitterten Eyyub ausgesprochen und die nicht weniger mysteriösen vierzigtausend Märtyrer Kasims erwähnt.
    Es war allerdings möglich, sagte ich mir schließlich, dass der arme Sterbende nur irregeredet und mechanisch die Ergebnisse seiner Nachforschungen über den Goldenen Apfel wiederholt hatte. Vielleicht hatte auch Danilo erfahren, dass der Goldene Apfel im Grab Eyyubs lag, wie Zyprian uns später berichtet hatte.
    Gleich einem Sonnenstrahl, der sich auf der Wasseroberfläche bricht, reflektierte und vervielfältigte sich nun alles in tausend Richtungen, darob seine eigene Art und Bildung verlierend. Sollte sich das Rätsel der osmanischen Ambassade gar mit der geheimnisvollen Verbindung zwischen Orsini und Ugonio verknüpfen? Und hing dies wiederum mit der Krankheit des Kaisers zusammen? Atto hatte mir unmissverständlich gesagt, dass alle Musizi Spione sind – er selbst war doch das lebende Beispiel! Und galt das auch für die Chormeisterin?

    In diesem Moment klopfte es. Es war Penicek. An der Klosterpforte kannte man den böhmischen Kutscher und hatte ihn ohne weiteres passieren lassen. Er suche Simonis, stammelte er. Der arme Pennal war gekommen, um uns, wie versprochen, weitere Informationen über das Fliegen zu liefern. Außerdem musste er die Mitschrift der Vorlesungen abgeben. Bei ihm war auch Opalinski, der Pole.

    «Brontologie … Stilbologie … Nephologie?», stotterte ich verblüfft.
    «Es handelt sich um philosophische Lehren, mit denen man die geheimnisvollsten Naturphänomene erforscht», sagte Simonis, als repetierte er eine Vorlesung an der Universität.
    Sonderlich die Nephologie komme für unseren Fall in Frage, hatte Penicek verkündet. Ich wandte mich an Atto, um ihn zu fragen, ob er schon davon gehört habe, doch der alte Abbé war vor Erschöpfung eingeschlummert.
    «Und worum handelt es sich?», fragte ich Simonis.
    «Es ist eine Wissenschaft, welche, wie soll ich sagen … welche untersucht, wie die Einflüsse der Luft die Körper dazu bringen, eine bestimmte Bewegung auszuführen, die dann, ich weiß nicht … Aber erklär du das, Pennal!», befahl mein Gehilfe.
    Hinkend, wie immer, trat der Böhme herzu, öffnete einen Sack voller Bücher und stapelte sie so unbeholfen auf dem Tisch auf, dass sie herunterzufallen drohten.
    «Und pass auf, wie du deine Pfoten gebrauchst!», rügte ihn Simonis. Der Pennal war der Einzige, an dem er die Ängste der letzten Tage auslassen konnte.
    «Es tut mir wirklich sehr leid, Herr Schorist», entschuldigte dieser sich demütig.
    Dann gestand uns Penicek, dass er bei seinen Recherchen über das Fliegen nicht mehr weitergekommen sei und sich darum an Jan Janitzki gewandt habe. Dieser habe ihm gerne geholfen.
    «Ich weiß zwar nicht, warum es euch so brennend interessiert, ob ein Schiff aus Holz sich in die Luft erheben kann», hub Opalinski nun an, «aber es ist tatsächlich eine vieldiskutierte Frage.»
    Es gab einen Professor der Naturwissenschaften, fuhr der Pole fort, welcher diese Frage beantwortet hatte. Wie immer in Wien, wenn es ein Problem technischer Art zu lösen galt, kam uns ein Italiener zu Hilfe. Er hieß Ovidio Montalbani und hatte lange an der Universität von Bologna gelehrt. In akademischen Kreisen war er hochberühmt, weil er Bücher von unerhörtem Scharfsinn veröffentlicht hatte, darin er die abstrusesten und obskursten Wissensgebiete behandelte: die Kalopielogie, die

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